Ein Unternehmen ändert sich nicht über Nacht, auch wenn wilde Kurskapriolen das Gegenteil suggerieren. Airbus beweist, dass langfristiges Denken belohnt wird.
Der Markt liegt andauernd daneben
Selbst nach all diesen Jahren und obwohl ich es tagtäglich sehe, erstaunt es mich immer wieder, wie wankelmütig die Börse ist. Erst vor wenigen Monaten wurde Airbus in kürzester Zeit von über 170 auf 125 Euro abverkauft. Die meisten werden sich nicht mal mehr erinnern, warum das geschehen ist, und es soll auch nicht Thema dieser Analyse sein.
Ich möchte anhand von Airbus exemplarisch aufzeigen, wie kurzsichtig und irrational die Börse regelmäßig ist und wie wenig die kurzfristige Kursentwicklung mit dem eigentlichen Wert eines Unternehmens zu tun hat.
Denn in der Realität hat sich in dieser Zeit nicht viel verändert, oder könnten Sie einen handfesten Grund nennen, warum das Unternehmen vor etwa einem Jahr 135 Mrd. Euro wert war, wenige Monate später dann nur noch 99 Mrd. und heute wieder 135 Mrd. Euro.
All das lässt sich nur erklären, wenn man die gängige Lehrmeinung der Markteffizienzhypothese (Efficient-market hypothesis), wie sie bis heute an den Universitäten gelehrt wird, aus dem Fenster wirft.
Der Markt kann unmöglich an jedem dieser Punkte effizient gewesen sein.
So löst man dieses Problem
Die Börsenkurse von allen Unternehmen weichen von Zeit zu Zeit vom intrinsischen Wert ab.
Der wahre Wert eines Unternehmens lässt sich beispielsweise durch den abdiskontierten zukünftigen Cashflow berechnen. Und eine Sache ist sicher: Der zukünftige Cashflow von Airbus war immer derselbe, nur der Kurs hat sich verändert.
Aus all dem lassen sich wichtige Rückschlüsse ziehen. Kurzfristig ist das Kursgeschehen irrational und kaum vorhersehbar, lassen Sie sich also nicht davon verrücktmachen.
An der Börse ist es wie beim Autofahren, Sie müssen in die Ferne blicken und nicht auf die Motorhaube starren. Behalten Sie das große Bild im Auge. Wichtig ist, wo ein Unternehmen in drei oder fünf Jahren stehen wird, nicht wo es heute steht.
Nutzen Sie Crashs für sich und seien Sie mutig, wenn es andere nicht sind. Das gilt für Einzelaktien ebenso wie für den breiten Markt.
Wer diese einfachen Regeln befolgt, muss „nur“ noch starke von schwachen Unternehmen unterscheiden können.
Es ist denkbar einfach
Im Fall von Airbus war und ist das denkbar einfach. Große Verkehrsflugzeuge sind ein globales Duopol, die Nachfrage übersteigt die Produktionskapazitäten und der Auftragsbestand ist gigantisch. Daher hatte ich im vergangenen Jahr auf die Gelegenheit hingewiesen, die sich bei Airbus ergeben hat.
Jetzt steht die Aktie wieder am Allzeithoch und es stellt sich die Frage, ob die Rallye hier vorerst enden wird oder zeitnah der nächste Schub erfolgt.
Im letzten Geschäftsjahr hatte man mit Problemen bei Zulieferern, vor allem beim Antrieb, zu kämpfen. Die Probleme sind und waren jedoch nicht hausgemacht.
Der Umsatz konnte dennoch von 65,45 auf 69,23 Mrd. Euro gesteigert werden. Der Nachsteuergewinn verbesserte sich von 3,61 auf 4,08 Mrd. Euro und der Gewinn von 4,80 auf 5,35 Euro je Aktie.
All das war möglich, obwohl die Verteidigungssparte (Defence & Aerospace) in die roten Zahlen gerutscht ist und ein EBIT von -656 Mio. Euro eingefahren hat, was auf einmalige Abschreibungen in der Raumfahrtsparte (Satellitengeschäft) in Höhe von 989 Mio. Euro zurückzuführen war.
Dieser Hemmschuh dürfte sich in Luft auflösen, ebenso wie die Probleme mit den Zulieferern für die zivile Sparte, auf die ohnehin der absolute Großteil des Konzerngeschäfts entfällt.
Ausblick und Bewertung
Airbus konnte im letzten Jahr 766 Verkehrsflugzeuge ausliefern, 2025 sollen es 820 werden.
Das EBIT soll von 5,3 auf 7,0 Mrd. Euro sprunghaft ansteigen.
Der Auftragsbestand liegt derzeit bei 8.658 Verkehrsflugzeugen, also mehr als dem Zehnfachen der jährlichen Auslieferungen. Airbus wird auf unabsehbare Zeit ausgelastet sein.
Der derzeitige Auftragsbestand hat einen Wert von 628,9 Mrd. Euro. Davon entfallen 24,6 Mrd. Euro auf Helikopter, 46,8 Mrd. auf die Verteidigungssparte und sagenhafte 558,9 Mrd. auf zivile Verkehrsflugzeuge.
Wie die Börse in Anbetracht dieser Tatsachen jemals zu der Meinung kommen konnte, dass das nur einen Börsenwert von 99 Mrd. Euro rechtfertigen würde, ist mir schleierhaft.
Selbst auf dem aktuellen Niveau ist die Aktie aus meiner Sicht nicht überbewertet. Im laufenden, wie auch den kommenden beiden Geschäftsjahren werden jeweils Gewinnsprünge von 20 % und mehr erwartet.
Airbus könnte seinen Gewinn bis Ende 2027 verdoppeln. An der Nachfrage wird es sicherlich nicht scheitern, Airbus muss nur noch abliefern.
Am 30. April werden die Zahlen für das erste Quartal 2025 vorgelegt.

Gelingt ein Wochenschlusskurs über 171 Euro, besser noch 175 Euro, kommt es zu einem prozyklischen Kaufsignal mit extrapolierten Kurszielen bei 192 und 200 Euro.
Sollte die Aktie am Widerstand bei 171 Euro scheitern, könnte das einen erneuten Rücksetzer auslösen. Auf der Unterseite reihen sich die Unterstützungen jedoch auf, die nächsten liegen bei 161, 153, 145 und 138 Euro.