Ein Minus von 16 Prozent bei der Aktie der deutschen Reederei Hapag Lloyd am Freitag dürfte diejenigen, die gerne gegen den Trend traden, daran erinnert haben, dass man damit immer auf dünnem Eis tanzt. Und ein „Ausrutscher“ war dieser Abverkauf eher nicht.
Wieso bricht die Aktie einer Reederei mit dominantem Frachtanteil ein, weil die Hafenarbeiter an der US-Ostküste einen Streik beenden? Weil die Aktien der Reedereien, nicht nur die der Hapag Lloyd, im Vorfeld wegen der Erwartung eines längeren Streiks deutlich zugelegt hatten. Und jetzt ist der früher als gedacht beendet, vorerst. Um zwei Ecken gedacht ergibt das Sinn:
Können Güter an der US-Ostküste nicht abgefertigt werden, müssen entweder andere, längere Seewege gewählt werden oder die Waren bleiben dort auf den Schiffen hängen. Das blockiert Frachtraum, damit steigen die Frachtraten, zugleich kommen Ausweichrouten teurer, auch das zieht die Frachtraten, sprich die Preise, die für Fracht bezahlt werden, nach oben … und das ist immer gut für die Gewinnmargen der Reeder. Aber:
Auf der anderen Seite ergab die vorherige Rallye, die am 10. September bei 129 Euro begann und die Hapag Lloyd-Aktie bis zum Donnerstagabend auf 166,80 Euro trug, von wo aus sie dann durch die Nachricht des Streikes abrupt wegbrach, allein auf dieser Basis dann doch wenig Sinn. Denn hier geht es um ein vorübergehendes Ereignis, das die grundsätzliche Gemengelage in Sachen Umsatz und Gewinn nicht nahhaltig hätte verändern können. Auch nicht, wenn der Streik ein paar Wochen gedauert hätte.
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Expertenmeinung: Denn das Problem der Reedereien ist, dass sie im Zuge der Materialengpässe der Jahre 2021/2022 Transportkapazitäten aufgebaut haben, die jetzt in einem wirtschaftlich gedämpften Umfeld mit magerem Konsumwachstum in Europa und China zum Teil nicht benötigt werden, deren Unterhalt aber Geld kostet. Zugleich haben sich die Frachtraten seit ihrem Zwischentief Anfang des Jahres erheblich erholt, aber eine echte, die Gewinne massiv befeuernde Belebung auf alte Levels ist das aber nicht.
Zwar hatte Hapag Lloyd seine Prognose für den operativen Gewinn auf EBITDA-Basis Anfang Juli wegen der erholten Frachtraten deutlich angehoben, sieht operativ jetzt für 2024 einen Gewinn zwischen 3,2 und 4,2 Milliarden Euro, zuvor lag man bei 2,0 bis 3,0 Milliarden. Aber 2023 kam man auf 4,5 Milliarden, 2022 auf sagenhafte 19,4 Milliarden! Da ist also weiter „Wasser und Brot“ angesagt, denn kurzfristig finden sich kaum Aspekte, die für eine wirklich bedeutsame Belebung der Frachtschifffahrt sprechen würden … die Risiken auf der Unterseite aber bleiben.
Daher ist es nicht überraschend, dass der laufende Abwärtstrend der Aktie nicht bezwungen wurde … und eben diese Existenz des Abwärtstrends dürfte den Abschlag des Freitags zusätzlich intensiviert haben. Denn in einem derart stabilen Trend agieren die meisten, aktiven Trader eben in Trendrichtung, sprich die Leerverkäufer dürften auf ein solches, frisches Argument zur Wiederaufnahme des Trends nur gewartet haben und machten mit denen, die da unterhalb der Abwärtstrendlinie versuchten, auf Hausse zu setzen, kurzen Prozess.
Die Hapag Lloyd-Aktie müsste die massive Widerstandszone 173 zu 191 Euro klar überwinden, um ein echtes, bullisches Signal zu senden. Jetzt dürfte es erst einmal um dieses September-Zwischentief bei 129 Euro gehen. Fällt es, käme umgehend die Supportzone 103/113 Euro ins Blickfeld. Hier innerhalb des Abwärtstrends Long zu sein, bleibt für Trader vorerst hartes Brot.
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