MercadoLibre erzielt Gewinnsprung um 287 % – diese Quartalszahlen sind so verrückt, dass ich zuerst dachte, ich hätte mich verlesen.
Über die Jahre hinweg habe ich mich immer wieder positiv zur Aktie geäußert, meine bullische Grundhaltung dürfte also klar sein. Als ich die Quartalszahlen von MercadoLibre gesehen habe, dachte ich jedoch zuerst, ich hätte mich verlesen.
Marktplatz, Payments und viel mehr
MercadoLibre betreibt den größten Online-Marktplatz Südamerikas. Dieser Marktplatz, in dem man vor allem als Intermediär auftritt, ist das Hauptgeschäft und die Basis von MercadoLibre.
Inzwischen hat man zahlreiche Services rund um diese Basis aufgebaut. MercadoLibre bietet eine Reihe von E-Commerce-Tools an, die Verkäufern helfen, ihr Geschäft auf dem Marktplatz zu optimieren. Dazu gehören Tools für die Produktsuche, die Bestandsverwaltung, die Preisgestaltung und das Marketing.
Ferner betreibt man ein Logistiknetzwerk, das Verkäufern dabei hilft, ihre Produkte zu lagern und zu versenden. Das Unternehmen bietet auch Versandoptionen für Käufer an, um ihre Einkäufe schnell und zuverlässig zu erhalten.
Darüber hinaus können Verkäufer Werbung auf der Plattform schalten. Abgerundet wird das Service-Angebot von MercadoLibre durch Zahlungsabwicklung und Finanzdienstleistungen. Inzwischen ist man zu einem der wichtigsten Akteure im Zahlungsverkehr Südamerikas aufgestiegen und das stellt sich immer mehr als Goldgrube heraus.
Die letzte Analyse zu MercadoLibre finden Sie hier:
MercadoLibre: Anlauf zum großen Ausbruch?
MercadoLibre pulverisiert die Erwartungen
Seitdem ist der Kurs von 1.506 auf 2.364 USD gestiegen. Ist das Ende der Fahnenstange langsam erreicht, oder könnte die Rallye unvermindert weitergehen?
Die jüngsten Quartalszahlen waren jedenfalls spektakulär. Der Gewinn lag in Q4 mit 12,61 USD je Aktie deutlich über den Erwartungen von 7,30 USD. Mit einem Umsatz von 6,06 Mrd. USD hat man die Analystenschätzungen von 5,85 Mrd. USD ebenfalls übertroffen.
Auf Jahressicht entspricht das einem Umsatzplus von 37 % und einem Gewinnsprung um 287 %.
Man stellt sich unweigerlich die Frage, wie das möglich ist und ob Einmaleffekte eine Rolle gespielt haben, wie das in solchen Situationen meistens der Fall ist. Ist es hier aber nicht.
Das operative Ergebnis konnte ebenfalls mehr als verdoppelt werden, hinzu kamen geringere Währungsverluste.
Und da wären wir genau beim Thema. In vorherigen Artikeln hatte ich immer wieder darauf hingewiesen, wie stark die geschäftliche Entwicklung ist, obwohl man ständig gegen abwertende Währungen ankämpft und obwohl die Kernmärkte von MercadoLibre, also Brasilien, Mexiko und Argentinien, teilweise mit erheblichen wirtschaftlichen Problemen kämpfen.
Freiheit, Freiheit, Freiheit!
(Mit diesen Worten beginnt die argentinische Nationalhymne: „¡Oid mortales el grito sagrado: ¡Libertad, libertad, libertad!“)
Das gilt insbesondere für Argentinien, wo es zu einer Hyperinflation gekommen ist. Mir ist vollkommen klar, wie negativ in Deutschland die Berichterstattung in Bezug auf die Regierung in Argentinien ist.
Die folgenden Aussagen sollen auch keine Lobpreisung für die Regierung sein, die sicherlich auch Fehler gemacht hat. Man sollte aber nicht vergessen, dass die Zustimmungswerte der Regierung bei 50-60 % liegen, auch laut ausländischen Beobachtern.
Und das dürfte maßgeblich auf die durchschlagenden wirtschaftlichen Erfolge im Land zurückzuführen sein.
Durch eine Abkehr vom Sozialismus und Peronismus, tiefgreifende Entbürokratisierung, die konsequente Streichung von Subventionen, Schließung von Ministerien, Entlassung von zigtausenden Staatsbediensteten und die drastische Senkung der Staatsausgaben haben sich die wirtschaftlichen Dynamiken vollkommen verändert.
Der Staat erzielt wieder einen Haushaltsüberschuss und die Wirtschaft erzielt einen Exportüberschuss. Argentinien ist vom Energieimporteur zum -exporteur geworden und es fließen wieder Devisen ins Land, was wiederum den Peso stabilisiert.
Die monatliche Inflation ist in kaum mehr als einem Jahr von 25 % auf 2 % gesunken. Der Leitzins wurde von 126 % auf 29 % gesenkt, wodurch langsam wieder Investitionen möglich sind.
Die Differenz zwischen dem offiziellen und inoffiziellen Wechselkurs zum Dollar ist quasi nicht mehr existent.
Die Armutsquote ist durch die scharfen Einschnitte zuerst von 48 % auf 53 % gestiegen, inzwischen aber auf 38 % gesunken.
Das wurde unter anderem dadurch erreicht, indem man die Vermittler abgeschafft und dadurch nahezu eine Verdopplung der Sozialhilfe erreicht hat.
Nachdem die harten Einschnitte im ersten Halbjahr 2024 zu einem Rückgang der Wirtschaftsleistung geführt hatten, wurde im dritten Quartal ein Wirtschaftswachstum von 3,9 % und im Schlussquartal ein Wirtschaftswachstum von 17 % erzielt.
Fälschung?
Sicherlich wird es einige Leser geben, die diese Zahlen anzweifeln und eine kritische Haltung einnehmen. Das ist ihr gutes Recht, schließlich könnten die Daten ja auch gefälscht sein.
Die geschäftliche Entwicklung bei MercadoLibre spricht jedoch dafür, dass sie es nicht sind.
Denn die Geschäftszahlen stützen die offiziellen Daten. Im ersten Quartal 2024 war der Umsatz von MercadoLibre in Argentinien in USD um 22 % rückläufig, in Q2 wurde ein leichtes Plus von 1 % erzielt, im dritten Quartal lag das Plus bei 14 % und im Schlussquartal bei 31 %.
Es ist schwer in Abrede zu stellen, dass sich die Dynamiken verändert haben.
Der Vorstand von MercadoLibre scheint das ebenfalls so zu sehen, demnach seien die Trends in Argentinien ermutigend („Trends in Argentina are encouraging“).
Die Zahl der verkauften Artikel ist im letzten Quartal um 18 % gestiegen, wobei sich die Nachfrage immer mehr in Richtung kurzlaufender Güter wie Grundnahrungsmittel, Kleidung und Beauty-Produkte verschoben hat („as the mix shifts in favor of staples, clothing and beauty. This shift towards high frequency categories is a long-term positive for our business“).
Das Wachstum sei in allen Regionen solide, aber vor allem in Argentinien, da dort eine Verbesserung der makroökonomischen Lage die Kreditvergabe erleichtere („Growth was solid across geographies, particularly in Argentina where improving macro trends are supporting the approval of larger credit lines to more consumers“).
Es wird sich noch zeigen müssen, ob die Erfolge in Argentinien nur von vorübergehender Natur sind, oder ob es sich um eine nachhaltige Wende handelt. Das ist längst keine ausgemachte Sache, auch wenn ich einem der beiden Szenarien eine weitaus höhere Eintrittswahrscheinlichkeit einräume.
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Der Vorstand drückt es wie folgt aus: „Die robuste Erholung in Argentinien ist offensichtlich“ („Robust recovery in Argentina is evident“).
Das größte Problem ist die grenzwertig hohe Bewertung von MercadoLibre.
Obwohl der Jahresumsatz 2024 um 37 % auf 20,78 Mrd. USD und das Ergebnis um 92 % auf 37,69 USD je Aktie gesteigert werden konnte, liegt die P/E bei 63.
Umgekehrt stellt sich die Frage, warum die Aktie in Anbetracht der verbesserten Rahmenbedingungen und stark steigender Gewinne deutlich einbrechen sollte. Kommt es dennoch dazu, dürfte es sich als Gelegenheit herausstellen.
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