Kursverluste in dieser Größenordnung kommen bei Merck alle Jubeljahre vor. Ist das eine Gelegenheit oder nur ein Zwischenstopp in Richtung Keller?
Ein halbes Dutzend Blockbuster
Merck & Co. ist einer der größten Arzneimittelhersteller der Welt. Das Unternehmen wurde 1891 als Tochtergesellschaft der deutschen Merck KGaA gegründet, während des Ersten Weltkriegs konfisziert und dadurch zu einem unabhängig geführten Pharmaunternehmen.
Heute ist die einstige Tochter mehr als zehnmal so viel Wert wie der Stammkonzern.
Das Kerngeschäft von Merck & Co. entfällt auf die Entwicklung, Herstellung und Vermarktung von Medikamenten und Impfstoffen.
Der Schwerpunkt entfällt dabei auf Krebs, Infektionskrankheiten, Impfstoffe und chronische Erkrankungen wie Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Nahezu ein Zehntel des Geschäfts entfällt auf den Bereich Tiergesundheit.
Eines der bekanntesten Produkte des Unternehmens ist das Krebsimmuntherapeutikum (Pembrolizumab, vermarktet unter dem Namen Keytruda), welches in zahlreichen Ländern für die Behandlung verschiedener Krebsarten zugelassen ist und signifikante Umsätze generiert.
Das eigene Immunsystem als Waffe
Inzwischen entfällt ein erheblicher Teil der Konzernumsätze auf Keytruda. Dadurch hat Merck nicht nur einen enormen Erfolg erzielt, sondern auch bewiesen, welches Potenzial die Immunonkologie hat.
Immunonkologie ist eine relativ neue Behandlungsmöglichkeit und gilt als zukunftsweisende Therapieform und Hoffnungsträger in der Krebsmedizin. Sie zielt darauf ab, das körpereigene Immunsystem zur Abwehr von Tumoren zu nutzen. Durch Medikamente wie Keytruda soll das Immunsystem in die Lage versetzt werden, Krebszellen zu erkennen und aktiv zu bekämpfen, statt mit aggressiven Mitteln wie Chemotherapien gegen Krebs vorzugehen.
Daneben spielen Impfstoffe und Medikamente gegen Infektionskrankheiten eine große Rolle.
Merck & Co. gehört dank des HPV-Impfstoffs Gardasil zu den Pionieren im Bereich der Prävention von Gebärmutterhalskrebs und anderen HPV-bedingten Krankheiten. Humane Papillomviren, abgekürzt HPV, zählen zu den häufigsten durch Intimkontakte übertragenen Infektionen.
Darüber hinaus hat Merck maßgeblich zur Entwicklung von Medikamenten gegen HIV/AIDS, Hepatitis C und andere Infektionskrankheiten beigetragen.
Es gibt wenige Aktien mit einer niedrigeren Vola …
Merck kämpft an der vordersten Front gegen einige der größten Probleme unserer Zeit – glücklicherweise mit Erfolg.
Daher konnte man den Umsatz in den 10 Jahren bis 2022 von 44,0 auf 59,3 Mrd. USD steigern.
In dieser Zeit wurde die Zahl der ausstehenden Aktien von 2,93 auf 2,54 Milliarden Stück reduziert. Gleichzeitig ist die operative Marge von 17,4 % auf 30,8 % gestiegen.
Dementsprechend konnte das Ergebnis von 3,33 auf 7,48 USD je Aktie deutlich gesteigert werden.
Die Aktie hat sich dementsprechend gut entwickelt und ist unter einer außergewöhnlich geringen Volatilität von Allzeithoch zu Allzeithoch gelaufen.
Selbst der Gewinneinbruch im letzten Geschäftsjahr konnte die Aktie nicht aufhalten. Der Grund dafür war, dass der Umsatz mit dem Covid-Medikament Lagevrio, das in Deutschland nicht zugelassen wurde, stark eingebrochen ist.
An der Börse wurde also ausnahmsweise langfristig gedacht.
Deshalb ist Merck abgestürzt
Im laufenden Geschäftsjahr ist jedoch das Gegenteil geschehen. Das Geschäft läuft wieder in normalen Bahnen, die Aktie hat jedoch den größten Kurssturz seit vielen Jahren verzeichnet.
Für Merck & Co. ist das äußerst ungewöhnlich, denn es gibt wenige Aktien, die eine geringere Volatilität verzeichnen. Es kommt alle Jubeljahre vor, dass der Kurs von Merck in diesem Umfang einbricht.
Daher drängt sich unweigerlich die Frage auf, ob es sich um eine Gelegenheit handeln könnte oder ob die Kursverluste gerechtfertigt sind.
Seit den Quartalszahlen Ende Juli geht es mit den Kursen abwärts. Der Grund für den Absturz ist demnach leicht zu identifizieren. Die Quartalszahlen waren nicht schlecht, man hat jedoch die Prognose gekürzt.
Der Gewinn lag in Q2 mit 2,28 USD je Aktie über den Erwartungen von 2,16 USD. Mit einem Umsatz von 16,1 Mrd. USD hat man die Analystenschätzungen von 15,9 Mrd. USD ebenfalls übertroffen.
Auf Jahressicht entspricht das einem Umsatzplus von 9 % – ohne negative Währungseffekte wären es sogar 11 % gewesen. Der Gewinn konnte um 16 % gesteigert werden (bereinigt um negative Sondereffekte, die im Vorjahr angefallen sind).
Merck hat jedoch die Gewinnerwartungen für das laufende Geschäftsjahr von 8,53 – 8,65 auf 7,94 – 8,04 USD je Aktie gesenkt.
Dass es danach zu einem Kurssturz kam, dürfte niemanden überraschen.
Prognose gekappt. Schon wieder…
Im dritten Quartal lag der Gewinn mit 1,57 USD je Aktie wieder über den Erwartungen von 1,50 USD. Mit einem Umsatz von 16,7 Mrd. USD hat man die Analystenschätzungen von 16,5 Mrd. USD ebenfalls übertroffen.
Auf Jahressicht entspricht das einem Umsatzplus von 4 % und einem Gewinneinbruch um 26 %.
Darüber hinaus wurden die Gewinnerwartungen erneut gekürzt, dieses Mal auf 7,72 – 7,77 USD je Aktie.
Um Ihnen ein kleines Zwischenfazit zu liefern: Ich bin wesentlich optimistischer an die Analyse herangegangen, als ich es jetzt an dieser Stelle bin. Doch das gehört bei einer ehrlichen und rationalen Betrachtung der Situation dazu. Manchmal ist die Lage wesentlich besser, als man erwartet hätte, und manchmal eben nicht. In beiden Fällen teile ich es Ihnen mit, so wie es eben ist.
Man sollte die Situation aber auch nicht schwarzmalen: Die Lage ist nicht so schlecht, wie man es anhand dieser Schlagzeilen erwarten würde.
Die Senkung der Prognose im zweiten Quartal ist auf Einmaleffekte im Rahmen der Übernahme von Harpoon und EyeBio in Höhe von 0,77 USD je Aktie zurückzuführen. Im dritten Quartal kamen negative Währungseffekte in Höhe von 0,30 USD je Aktie hinzu, vor allem durch die Abwertung des argentinischen Peso.
Unter dem Strich dürfte Merck & Co. trotz des Gegenwinds in diesem Jahr ein Rekordergebnis einfahren, wenn auch nur knapp.
Die forward P/E liegt bei 13,0. Sollten die Schätzungen richtig sein, sinkt die P/E im kommenden Jahr auf 10,6. In der Vergangenheit wurde Merck & Co. meistens mit einer P/E von etwa 15 gehandelt.
Daher ist das Chance-Risiko-Verhältnis für langfristige Investoren gar nicht schlecht.
Die Aktie ist übergeordnet bullisch und an die zentrale Unterstützung bei 100 USD zurückgekommen. Bisher ist noch nicht entschieden, ob sie auch halten wird, es ist jedoch ein erhöhtes Kaufinteresse zu beobachten.
Sollte die Unterstützung durchbrochen werden, sind die nächsten Verteidigungslinien der Bullen nicht weit. Zwischen 85 und 95 USD liegen mehrere starke Supports und bei etwa 90 USD verläuft der mehrjährige Aufwärtstrend.
Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass Merck zwischen 85 und 100 USD ein Tief ausbilden wird.
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