Nach einem Jahr voller Rekorde hat Oracle mit einer ersten Delle zu kämpfen – ist das nur ein kurzer Rückschlag?
Vom Verfolger zum Vorreiter: Wie Oracle die Cloud umkrempelt
Nachdem Oracle mehrfach die Quartalszahlen übertroffen und die Aktie zu einem wahren Höhenflug angesetzt hat, ist die Siegesserie vorerst vorüber.
Beginnen wir aber zuerst mit den Gründen für die Rallye. Wer schon länger auf LYNX aktiv ist, dem wird vielleicht aufgefallen sein, dass ich seit 2022 schätzungsweise ein Dutzend Artikel zu Oracle geschrieben habe – und das Fazit war immer positiv.
In diesem Jahr sind bei Kursen von 105, 130, 135 und 152 USD bereits vier Analysen zu Oracle erschienen.
Der Grund dafür ist, dass 2022 etwas geschehen ist, womit wohl niemand gerechnet hat. Über Jahre hinweg hinkte Oracle im Cloudgeschäft hinterher und drohte von Google, Snowflake & Co. abgehängt zu werden, doch mit einigen Neuerungen des MySQL Database-Services „HeatWave“ ist der große Wurf gelungen.
Seitdem ist man in diesem Bereich konkurrenzfähig und das Geschäft brummt. Dadurch ist es zu einer nennenswerten Beschleunigung des Wachstums gekommen.
Von der Rekordrallye zur Kurskorrektur
Wie tiefgreifend die Veränderungen sind, wird erst deutlich, wenn man sich die langfristige Historie von Oracle ansieht.
In den zehn Jahren bis 2021 konnte der Umsatz lediglich von 37,1 auf 40,5 Mrd. USD gesteigert werden. Inflationsbereinigt kann man das bestenfalls als Stagnation bezeichnen.
In den drei Geschäftsjahren 2022 bis 2024 kletterte der Umsatz dann aber in rasantem Tempo von 40,5 auf 53,0 Mrd. USD.
Oracle hat sich also wahrlich neu erfunden und im Datenbank- und Cloudgeschäft einen Wachstumstreiber gefunden, der die Dynamiken auf Konzernebene gewendet hat.
Darüber hinaus gewinnt das Cloudgeschäft immer mehr an Gewicht, da es wesentlich schneller wächst als das Altgeschäft. Obendrein ist es profitabler.
Der Gewinn lag im letzten Quartal mit 1,47 USD je Aktie dennoch unter den Erwartungen von 1,48 USD. Mit einem Umsatz von 14,06 Mrd. USD hat man die Analystenschätzungen erfüllt.
Hinzu kam, dass man für das nächste Quartal nur einen Gewinn von 1,47 – 1,51 USD je Aktie in Aussicht stellt, weniger als die bisherigen Konsensschätzungen in Höhe von 1,50 – 1,54 USD je Aktie.
Als Reaktion darauf ist Oracle nachbörslich um 8,6% auf 174,00 USD abgestürzt. Aus meiner Sicht handelt es sich dabei um eine Überreaktion. Andererseits ist es vollkommen normal, dass schlechte Neuigkeiten nach derartigen Rallyes zu scharfen Korrekturen führen.
Die Volatilität ist bei Oracle seit Monaten stark erhöht.
Und nachdem die Aktie im Jahresverlauf um 80% gestiegen ist, ist die Bewertung auch relativ hoch. All diese Faktoren haben dazu beigetragen, dass die Kursreaktion heftig ausgefallen ist.
Oracle unter Druck: Ist der fundamentale Trend noch intakt?
Die eigentliche Frage ist jedoch, ob der fundamentale Trend gebrochen ist oder nicht. Sollte er nicht gebrochen sein, dürfte sich die Aktie früher oder später fangen und anschließend ein neues Allzeithoch markieren.
Im letzten Quartal konnte der Konzernumsatz um 9% auf 14,1 Mrd. USD gesteigert werden. Das Ergebnis nach GAAP verbesserte sich um 24% auf 1,10 USD und nach non-GAAP um 10% auf 1,47 USD je Aktie.
Das Cloudgeschäft verzeichnete ein Umsatzplus von 24% auf 5,9 Mrd. USD, maßgeblich getrieben durch Cloud-Infrastructure, wo der Umsatz um 52% auf 2,4 Mrd. USD gesteigert werden konnte.
In den anderen drei Sparten, die das Cloudgeschäft umfasst, lagen die Wachstumsraten bei 10%,18% und 20%.
“Record level AI demand drove Oracle Cloud Infrastructure revenue up 52% in Q2, a much higher growth rate than any of our hyperscale cloud infrastructure competitors,” said Oracle CEO, Safra Catz. “Growth in the AI segment of our Infrastructure business was extraordinary—GPU consumption was up 336% in the quarter—and we delivered the world’s largest and fastest AI SuperComputer scaling up to 65,000 NVIDIA H200 GPUs. With our remaining performance obligation (RPO) up 50% to $97 billion, we believe our already impressive growth rates will continue to climb even higher. This fiscal year, total Oracle Cloud revenue should top $25 billion.”
Dem CEO zufolge wächst die Cloud-Infrastruktur von Oracle wesentlich schneller als bei den anderen Hyperscalern (Amazon, Microsoft, Google, Meta). Besonders beeindruckend sei das Wachstum im KI-Bereich, wo man einen Anstieg der GPU-Nutzung um 336% verzeichnet hat.
Um das zu erreichen, hat Oracle den weltweit größten und schnellsten KI-Supercomputer gebaut, der mit bis zu 65.000 NVIDIA H200-GPUs arbeitet.
Die nächsten 97 Milliarden
Für das laufende Geschäftsjahr wird erwartet, dass die Gesamterlöse aus der Oracle Cloud erstmals die Marke von 25 Milliarden Dollar überschreiten.
Damit ist das Cloudgeschäft kurz davor, das Altgeschäft zu überholen.
Darüber hinaus verzeichnete man einen Anstieg der verbleibenden vertraglichen Verpflichtungen (Remaining Performance Obligation, RPO) um 50% auf 97 Mrd. USD.
Es dürfte demnach ziemlich sicher sein, dass der Wachstumstrend bei Oracle nicht gebrochen ist. Der Vorstand geht sogar davon aus, dass die Wachstumsraten zunehmen werden.
Oracle-Gründer Larry Ellisson zufolge laufen einige der wichtigsten KI-Modelle auf der Cloud-Infrastruktur des Unternehmens, da sie schneller und günstiger ist als die der Konkurrenz.
Ferner hat man eine Kooperation mit Meta beschlossen.
Dadurch verfestigt sich ein Trend, der sich im Cloud-Umfeld bereits seit langer Zeit abzeichnet: Die großen Anbieter kooperieren auf allen möglichen Ebenen miteinander, statt in Konkurrenz zu treten und über den Preis Marktanteile zu gewinnen.
Scheinbar sind alle zu dem Schluss gekommen, dass das die bessere Strategie ist.
Der Markt ist so groß, dass für alle genug abfällt. Und Oracle hat gerade erst begonnen, in ihn vorzudringen.
Das Cloudgeschäft wird das Altgeschäft nicht nur bald überholen, langfristig könnte der Bereich einen höheren Umsatz erzielen als derzeit der ganze Konzern.
Dafür spricht nicht nur der enorme „Auftragsbestand“ (RPO), sondern auch die zuletzt wieder zunehmende Wachstumsdynamik im Cloudgeschäft.
Im vierten Quartal des letzten Geschäftsjahres lag das Wachstum in dem Bereich bei 20%. In Q1 wurde ein Plus von 21% erzielt und in Q2 waren es 24%.
Wird der vorbörsliche Absturz auf 174 USD im regulären Handel bestätigt, kommt es zu einem prozyklischen Verkaufssignal.
Zwischen 172 und 168 USD liegen jedoch drei relevante Unterstützungen und eine weitere bei 164 USD. Daher besteht die ernstzunehmende Chance, dass die Aktie irgendwo in diesem Bereich wieder zu Oberseite dreht.
Aus Sicht der Bullen wird es erst unterhalb von 164 USD wirklich problematisch. Denn sollte dieser Support aufgegeben werden, denn darunter wäre der Weg bis 146 USD frei.
Für langfristige Investoren könnte sich ein derartiger Rücksetzer als Gelegenheit herausstellen. Bei 146 USD läge die forward P/E von Oracle beispielsweise bei 23,3. Das ist in Anbetracht zweistelliger Gewinnsteigerungen und der zunehmenden Dynamik wenig.
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