Die Mehrheit der Anleger hat sich aus dem Nebenwerte-Bereich verabschiedet. Jetzt schlagen Großinvestoren zu. Wer ist der nächste Übernahmekandidat?
Bei Fonds sind die Mittelabflüsse so groß, dass es zu Schließungen kommt.
Ich hatte es erst kürzlich thematisiert: Deutsche Nebenwerte: Zum Davonlaufen
In der jüngeren Vergangenheit war es unmöglich, mit deutschen Nebenwerten Geld zu verdienen. Nahezu alle Aktien sind meilenweit von den Hochs entfernt und jeden Tag stürzt ein anderer Wert ab.
Am Tag der damaligen Analyse waren es Sixt, Cancom, Verbio, SAF Holland, 1&1 und United Internet. Heute trifft es beipeilsweise HelloFresh, Hensoldt und Renk.
Jetzt schlagen Private-Equity-Firmen zu
Inzwischen sind die Bewertungen auf ein derartig niedriges Niveau gesunken, dass dadurch Private-Equity-Investoren angelockt werden. In den letzten Monaten gab es in Großbritannien bereits etliche Übernahmen von kleineren börsennotierten Unternehmen.
Doch auch das Interesse an deutschen Nebenwerten scheint geweckt zu sein.
Vor einiger Zeit wurde New Work für einen Spottpreis von der Börse genommen. Im Endeffekt verdienen sich Großinvestoren auf dem Rücken von Kleinanlegern eine goldene Nase.
Der Kurs von New Work lag am Hoch bei 375 Euro und wurde dann für 66,25 Euro von der Börse genommen.
Kleinanleger wurden mit einer nach meiner Meinung nach viel zu niedrigen Preis abgespeist. Hinzu kommen Vorfälle, wie bei Varta, wo man die Kleinanleger faktisch enteignet.
Dasselbe geschieht jetzt auch bei Compugroup. Ein Finanzinvestor bietet 22 Euro je Aktie. Der bisherige Mehrheitsaktionär bleibt aber an Bord und würde wohl nicht mal im Traum dran denken, für diesen Preis zu verkaufen.
Compugroup: KGV 10, 27 oder 35?
Warum auch? Compugroup wird bei 22 Euro mit einem KGV 14,7 bewertet und auf Basis eines schwachen Geschäftsjahres 2024. Wählt man das Vorjahresergebnis als Bezugspunkt, liegt das KGV bei knapp über 10.
Warum sollte irgendwer zu einem derartigen Preis verkaufen? In den letzten fünf Jahren lag das KGV durchschnittlich bei 27,8 und das war auch gut begründet:
Bei Compugroup handelt es sich um einen der weltweit führenden E-Health Anbieter, mit eigenen Standorten in 20 Ländern und Kunden in 60 Ländern. Das Unternehmen entwickelt und vertreibt Software und Kommunikationslösungen zur Unterstützung der ärztlichen und organisatorischen Tätigkeiten für Ärzte, Kliniken sowie verwandte Leistungserbringer.
Compugroup ist es gelungen, über die Jahre hinweg eine dominante Marktposition in nahezu allen süd- und westeuropäischen Ländern sowie Skandinavien zu erreichen. Das Unternehmen hat 1,6 Millionen Nutzer, vor allem Ärzte, Zahnärzte, Apotheken. Der Großteil der Einnahmen ist wiederkehrender Natur.
Warum in aller Welt sollte man sich also aus diesem Unternehmen für ein KGV von 10 oder 14,7 herausdrängen lassen?
Was Compugroup wirklich wert ist, zeigt die Übernahme von Nexus, einem direkten Konkurrenten von Compugroup. Für den Wettbewerber wurde ein KGV von 35 auf den Tisch gelegt.
Kleinanleger werden auch bei Compugroup mit einem nach meiner Meinung nach viel zu niedrigen Preis abgespeist.
Hilfe?
Der Hilferuf wird ungehört bleiben, aber hier sollte die Politik dringend einschreiten. Und zwar nicht, weil irgendjemand an der Börse Geld verloren hat. Sondern, weil derartige Vorgänge dazu führen, dass sich Anleger aus ganzen Börsen-Segmenten verabschieden.
Wenn man mittelgroße deutsche Unternehmen aber nicht mehr an die Börse bringen kann, verschlechtert das die Finanzierungsbedingungen für alle kleinen und mittleren Unternehmen.
Das schwächt nicht nur den Finanzstandort Deutschland, sondern auch den Wirtschaftsstandort. Wir haben ohnehin schon Defizite, was die Finanzierung von Start-Ups und aufstrebenden Unternehmen angeht.
Weiter Übernahmeziele?
Und leider gibt es noch eine ganze Reihe lohnender Übernahmeziele. Einerseits ist das gut, denn diese Aktien haben entsprechendes Potenzial. Andererseits möchte man als langfristiger Investor an Bord bleiben und vor allem nicht mit viel zu niedrigen Preisen abgespeist werden.
Ein weiterer Übernahmekandidat ist aus meiner Sicht Stabilus. Das Geschäft von Stabilus ist so langweilig, wie man es sich nur vorstellen kann. Aber die Produkte des Unternehmens werden überall benötigt, außerdem ist man hochprofitabel.
Stabilus: Der nächste Übernahmekandidat?
Stabilus ist ein Hersteller von technologisch anspruchsvollen Gasdruckfedern, hydraulischen Dämpfern und automatischen Öffnungs- und Schließsystemen.
Die Kunden von Stabilus stammen aus einer Vielzahl von Branchen, die wichtigsten sind die Automobilindustrie, Möbel, Medizintechnik, die klassische Industrie sowie Luft- und Raumfahrttechnik.
In der Automobilindustrie werden die Komponenten unter anderem für Kofferraumdeckel, Motorhauben oder Sitze verwendet.
Im Industriesektor fertigt Stabilus sogenannte Smart-Movement-Steuerungslösungen etwa für Landwirtschafts- oder Baumaschinen, Eisenbahnanwendungen, Möbel wie auch für den Gesundheitsbereich und Produktionsausrüstungen.
Die Aktie dümpelt mit einem KGV von etwa 10 vor sich hin, obwohl das Ergebnis in diesem Jahr um mehr als 30% und im kommenden um weitere 19% steigen soll. Darüber hinaus bietet man eine Dividende von 3,5%.
Für das kommende Jahr stellt man einen Umsatz von 1,30 – 1,45 Mrd. Euro sowie eine EBIT-Marge von 11-13% und einen freien Cashflow von 90 – 140 Mio. Euro in Aussicht.
Und das bei einem Börsenwert von 839 Mio. Euro. Für einen möglichen Käufer ist das eine interessante Geschichte, denn eine Übernahme würde sich quasi selbst finanzieren.
Amadeus FiRe: Großinvestor steigt ein
Ein weiterer heißer Kandidat ist Amadeus FiRe. Hier kam es nicht nur zu mehreren Käufen durch Insider, seit dem 28. November gehören auch über 3% des Unternehmens der Allianz.
Noch deutlich optimistischer scheint man beim Active Ownership Fund zu sein. Der Fonds, der sich als Value Investor sieht, hat sich fast 12% der Anteile gesichert.
Es würde mich nicht überraschen, wenn Active Ownership die Beteiligung weiter aufstocken würde oder ein Käufer um die Ecke kommt.
Amadeus FiRe kommt derzeit auf ein KGVe von 12,7 und bietet eine Dividende von fast 6%. Das Geschäft ist nicht kapitalintensiv, Amadeus FiRe war in der Vergangenheit dazu in der Lage, nahezu den gesamten Gewinn auszuschütten.
Daher gilt hier dasselbe wie bei Stabilus. Eine Übernahme würde sich im Endeffekt von selbst finanzieren.
Wenn man jedoch einen Mehrwert für die Aktionäre schaffen will, sollte man so schnell wie möglich wieder Buybacks beschließen und so lange den gesamten laufenden Cashflow in Aktienrückkäufe stecken, bis der Kurs wieder auf einem halbwegs sinnvollen Niveau liegt.
Mehr als 13.000 Investoren & Trader folgen mir und meinen täglichen Ausführungen auf Guidants.
Probleme mit Ihrem Broker? Ich bin bei LYNX.
--- ---
--- (---%)Displaying the --- chart
Heutigen Chart anzeigen