Börse aktuell

Hier erfahren Sie, was an der Börse aktuell geschieht. Unser Börsenexperte Ronald Gehrt beobachtet täglich das aktuelle Börsengeschehen und fasst die neuesten Börsendaten und Börsenberichte wöchentlich für Sie zusammen. Mit Börse aktuell bringen wir die wichtigsten Börsennachrichten auf den Punkt und kommentieren, was momentan an der Börse los ist.

Börse: Aktuelle Nachrichten der Woche

Neues von der Börse: Unsere aktuellen Börsennachrichten informieren Sie jede Woche über die derzeitige Börsenentwicklung. Was beschäftigt die Börse? Was steht diese Woche an? Diktieren Bullen oder Bären die Märkte? Sollten Sie Ihre Investitionen erhöhen oder lieber Gewinne mitnehmen? Wir geben Ihnen die Antworten auf diese Fragen, wagen einen Ausblick auf die kommende Börsenwoche und bewerten anstehende Ereignisse, die Auswirkungen auf den Börsenverlauf haben könnten.


Börse aktuell vom 20.-26.01.2025

Sind wirklich alle für eine „Trump-Börse“ gerüstet?

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DAX
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So manches Statement vermittelt den Eindruck, heute würde in den USA ein völlig Unbekannter seinen Amtseid als Präsident ablegen. Und auch am Aktienmarkt wirkt es, als hätten viele vergessen, dass man jetzt wieder mit der „Trump-Börse“ der Jahre 2017 bis 2020 einschließlich rechnen sollte. Was soviel heißt wie: Mehr Volatilität, weniger Berechenbarkeit, mehr Überraschungen aller Art. Ich meine, man täte gut daran, sich darauf schon einmal einzustellen.

Damals war es „Twitter“, heute eben „X“, der Name spielt keine Rolle. Es bleibt das Instrument, auf dem Donald Trump damals spielte und zweifellos auch jetzt spielen wird, immerhin nutzte er „X“ auch in den vergangenen Jahren als Sprachrohr. Für einen US-Präsidenten natürlich unüblich, aber Donald Trump ist ja auch kein Präsident wie jeder andere. Nicht zuletzt deswegen hat er die Wahl ja gewonnen. Ob das der US- und der Weltwirtschaft und dem Aktienmarkt dies- und jenseits des Atlantiks indes guttun wird, ist eine andere Frage. Eine, die sich – vielleicht – schon in den kommenden Tagen beantworten wird, denn er hatte ja avisiert, die wichtigsten Maßnahmen bereits in den ersten Tagen zu treffen. Unter anderem in Sachen Zölle.

Entscheidungen unter Unsicherheit sind normal. Aber jetzt werden sie vermutlich zahlreicher.

Aber wird er das auch tun? Und wenn ja, wenn trifft es dann wie hart? Nichts davon ist sicher abschätzbar. Und wir sollten einkalkulieren, dass Mr. Trump seine Entscheidungen online mitteilen wird. Und das wie damals bisweilen eben auch zu Zeiten, in denen nicht nur die ersten US-Anleger im Bett liegen, sondern die in Europa mal sowieso. Was heißt:

Börse aktuell: Entwicklung S&P 500 von 2017 bis 2019 - Erste Amtszeit Trump | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung S&P 500 von 2017 bis 2019 – Erste Amtszeit Trump | Quelle: marketmaker pp4

Die Wahrscheinlichkeit großer Kurslücken zum Handelsstart in Europa nimmt an der Börse aktuell drastisch zu. Und zwar in beide Richtungen. Und das ist definitiv kein Segen. Denn das läuft ja letztlich ab wie z.B. eine überraschende Zinssenkung, wichtige Konjunkturdaten oder bedeutende Unternehmensbilanzen von Mega-Caps wie Nvidia & Co: Man hat keine Zeit, sich die Sache in Ruhe durch den Kopf gehen zu lassen. Die Kurse stehen von einer Sekunde auf die andere weit höher oder tiefer, weil irgendwelche Nano-Trading-Handelssysteme verzugslos reagieren. Schneller, als unsereins „hoppla“ sagen kann.

Damit landet man wieder öfter in einer sogenannten „take it or leave ist“-Situation. D.h. man muss umgehend entscheiden, ob man einen auf einmal viel größeren Verlust realisiert oder zu viel höheren Kursen einsteigt als bislang geplant. Man muss entscheiden, ob man, sofern man bereits engagiert ist und der Kurssprung in die für die eigene Position richtige Richtung lief, aussteigt, einfach dabeibleibt oder zukauft. Und das auf Basis einer Marktreaktion auf Entscheidungen oder sogar nur Meinungsäußerungen des US-Präsidenten, die schwierig richtig einzuordnen sind. Ist die Reaktion berechtigt? Ist sie sogar unter- oder im Gegenteil übertrieben? 

Man muss an der Börse zwar grundsätzlich Entscheidungen unter Unsicherheit treffen. Aber in einer Phase, in der kurze Posts auf „X“ ganze Märkte in Wallung bringen können, wird das noch einmal kniffliger. Und bei zunehmender Volatilität scheint dann auch noch Schnelligkeit zwingend zu sein, wo genaues Abwägen angebracht wäre, weil einem die Kurse womöglich sonst davonlaufen könnten.

DAX, Euro Stoxx 50 & Co. versus Dow Jones, S&P 500 und Nasdaq: Anschnallen!

Dass Entscheidungen zahlreicher und zwingender sowie das Trading in unmittelbar nächster Zeit schneller, volatiler und damit deutlich anspruchsvoller werden dürften, gilt vor allem für die Aktienindizes der Eurozone. Denn wie der folgende Chart zeigt, ist es der DAX, der, neben anderen Indizes aus dem Euroraum, den US-Märkten davongelaufen ist. Während der Dow Jones den Anstieg, der als Reaktion auf die US-Wahl Anfang November entstanden war, zeitweise komplett abverkauft hatte, lief der DAX an der Börse aktuell immer höher. Und damit in genau die Richtung, in der das dünne Eis wartet, denn:

Börse aktuell: Entwicklung DAX und Dow Jones nach der US-Wahl 2024 im Vergleich | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung DAX und Dow Jones nach der US-Wahl 2024 im Vergleich | Quelle: marketmaker pp4

Es ist die Eurozone, die wirtschaftlich schwächer dasteht. Es mag wohl sein, dass das Zinssenkungs-Potenzial hier höher ist als in den USA, aber das liegt ja an der konjunkturell weit besser dastehenden US-Wirtschaft und ist so für den Aktienmarkt kein unmittelbarer Pluspunkt. Und jetzt kommt eben auch noch Donald Trumps Wirtschaftspolitik hinzu. Grundsätzlich versuchten alle vorherigen US-Regierungen genauso, für die USA eine bessere wirtschaftliche Position zu erreichen, aber Trump geht da eben viel radikaler vor.

Nicht nur China, auch die Eurozone muss sich warm anziehen. Und das ist ein potenziell bärischer Aspekt, der angesichts dieser Schere zwischen vorsichtiger werdenden US-Börsen, wo man Vorsicht angesichts der Hoffnungen auf schnelle Effekte der „Trumponomics“ nicht zwingend erwarten würde und auf neue Mehrjahres-Hochs (Euro Stoxx 50) oder gar Allzeithochs (DAX) laufenden Euro-Indizes besonders dort ein bedeutendes Risiko darstellt.

Wie man sich auf dieses veränderte Kursverhalten einstellen könnte

Heute ist an den US-Börsen ein Feiertag, aber morgen dürften die US-Märkte bereits auf eine ganze Vielzahl von Entscheidungen reagieren, die man hier und jetzt im Detail noch nicht kennt. Das wird unseren Aktienmarkt nicht kalt lassen. Da ist ein Konzept gefragt, mit dem man dieser alten und neuen „Trump-Börse“ sinnvoll begegnen kann. Also, wie könnte man mit dieser wahrscheinlich schon jetzt deutlich steigenden Schwankungsintensität umgehen?

Börse aktuell: Entwicklung DAX und Dow Jones von 2017 bis 2019 im Vergleich - Erst Amtszeit Trump | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung DAX und Dow Jones von 2017 bis 2019 im Vergleich – Erst Amtszeit Trump | Quelle: marketmaker pp4

Aus meiner Sicht wäre es am wichtigsten, sich nicht in die Zwangslage zu bringen, auf Überraschungen reagieren zu müssen, weil die eigene Positionierung zu riskant und/oder zu groß ist, um unerwartete, große Sprünge auszuhalten. Denn nur, wer nicht in eine „friss oder stirb“-Lage kommt, kann es sich leisten, in aller Ruhe abzuschätzen, ob der soeben entstandene Kurssprung die Basis eines größeren Trends werden kann oder vermutlich nach der ersten Hektik in sich zusammenfällt. Die Chance, unter Unsicherheit richtig zu entscheiden, steht und fällt mit dem „Luxus“, sich Nachdenken leisten zu können, wo andere durch das zu hohe Risiko ihrer Depots von den Kursen vor sich hergetrieben werden.

Das Risiko in volatilen Phasen herunterzufahren, ist daher erste Trader-Pflicht. Mit niedrigeren Hebeln und/oder kleineren Positionen zu arbeiten ist da ratsam. Das führt zu einer höheren Kapitalreserve, die es Ihnen ermöglicht, auf unverhoffte Chancen zu reagieren, statt sie mangels „Masse“ an sich vorbeiziehen zu sehen. Und streuen Sie Ihre Positionierung. Auf ein oder nur wenige Pferde zu setzen, ist ohnehin nie besonders ratsam, aber wenn die Märkte eine Achterbahnfahrt erwarten lassen, gilt das ganz besonders. Wir sehen spannenden Zeiten entgehen, in denen diejenigen die besten Karten haben, die sich darauf einstellen konnten!

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche!

Ihr

Ronald Gehrt

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Börse aktuell: DAX, Dow Jones und Co.

Die heutigen Top-News und Börsenmeldungen zum DAX und der Börse USA mit dem Dow Jones, dem Nasdaq und dem S&P 500 als weltweit einflussreiche Indizes bilden einen Schwerpunkt unserer aktuellen Berichterstattung von der Börse. Auch gute Aktien, die momentan sehr stark im Fokus der Anleger stehen und steigende Börsenkurse prophezeien, werden wir Ihnen hier vorstellen. So bekommen Sie einen umfassenden Börsenausblick und können Ihre eigenen Börsenprognosen verifizieren oder falsifizieren.

Börse: Aktuelle Entwicklung und Trends

Die aktuelle Entwicklung und der aktuelle Trend an der Börse werden maßgeblich von Wirtschaftsnachrichten, Konjunkturdaten und Neuigkeiten von börsennotierten Unternehmen bestimmt. Diese wirken sich nicht nur auf Aktienkurse aus, sondern auch auf andere Assetklassen wie börsengehandelte Fonds, Optionen und Futures. Des Weiteren werden durch Börsennachrichten auch die Anleihemärkte und Rohstoffmärkte in Bewegung versetzt. Daher haben wir auch die Zinsen, den Ölpreis und Goldpreis immer im Blick.

Börse: Aktuelle Tipps zum Marktgeschehen

Neben Börsennews bekommen Sie auch hilfreiche Tipps, um das gegenwärtige Marktgeschehen besser zu interpretieren. Der Börsenmarkt setzt sich aus vielen verschiedenen Märkten zusammen. Jedes Land, jede Branche und jedes Finanzprodukt wird von individuellen Faktoren beeinflusst, sodass es schwierig ist, alle Märkte mit ihren jetzigen Chancen und Risiken zu verfolgen und zu analysieren. Mit Börse aktuell liefert Ihnen unser Börsenprofi die Börseninformationen, die wirklich wichtig sind, und zugleich eine kompakte Börsenvorschau der Woche.

Börse aktuell: Die letzten Nachrichten

Kein Indikator, kein charttechnisches Signal, keine Sentiment-Indikation kommt ohne Fehlsignale aus. Das liegt in der Natur der Börse, schließlich können unerwartete Ereignisse jederzeit alles auf den Kopf stellen … und keine Indikation kann wahrsagen. Aber es gibt einige Indikatoren, die sich zuverlässiger zeigen als andere. Der RSI-Indikator gehört zu dieser relativ überschaubaren Gruppe. Und an der Börse aktuell würde ich ihn engmaschig im Auge behalten.

Seit etwa siebzig Jahren existieren markttechnische Indikatoren. Kaum war die Charttechnik geboren, begannen die ersten Trader, das, was die Kurse tun, durch mathematische Formeln abzuleiten und grafisch umzusetzen, damit man über die damals ebenfalls noch in den Kinderschuhen steckende Charttechnik hinaus vielleicht doch eine Chance hätte, ein klein wenig in die Zukunft zu schauen.

Rein von der Logik her ein unsinniger Gedanke, denn dass etwas, was war, aufzeigt, was kommt, haut an der Börse eben nicht hin. Ja, es gibt immer wieder ähnliche Muster, aber ganz gleich sind das Hier und Heute und egal welche Phase in der Vergangenheit eben nie. Aber zweimal um die Ecke gedacht wird in gewissen Fällen dann doch noch ein Schuh daraus, denn:

Indikatoren gibt es viele … aber nur die, die auch beachtet werden, können funktionieren

Gerade weil den meisten aktiv agierenden Marktteilnehmern bewusst ist, dass man das, was kommt, schlichtweg nie sicher vorhersagen kann, suchen und nutzen sie „Krücken“, mit denen sie glauben, den Weg des Unbekannten ein wenig sicherer gehen zu können. Und darin liegt die Chance dafür, dass ein Indikator Signale abliefert, die funktionieren:

Wenn genug Akteure einem entstandenen Signal folgen, wird aus einer rein mathematischen Ableitung des Kursbildes so etwas wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Und da gehört der RSI zu den führenden Indikatoren, einfach deswegen, weil sehr viele ihn nutzen und er auch Teil der Tool-Box von so manchem Handelsprogramm ist.

Börse aktuell: Entwicklung DAX von 1999 bis 2025 - Der RSI und Extremzonen | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung DAX von 1999 bis 2025 – Der RSI und Extremzonen | Quelle: marketmaker pp4

Indikatoren kann sich jeder selbst zusammen basteln, keine Frage, aber eigentlich kann man sich diese Zeit sparen. Ich selbst habe jahrelang an komplexen Handelssystemen gearbeitet, um am Ende zu erkennen: „keep it simple, stupid“ ist immer der bessere Weg. Danach wanderten all die scheinbar genialen und am Ende dann doch nutzlosen Indikatoren aus dem Eigenbau in den Papierkorb, weil ein Indikator eben wegen dieses vorgenannten Aspekts nur dann funktioniert, wenn genug Anleger ihn beachten und seinen Signalen folgen. Und das sind die Standard-Werkzeuge wie MACD, Stochastik-Oszillator, gleitende Durchschnitte oder eben der RSI. Der was genau sein soll?

RSI, Barometer der inneren Stärke

Der RSI misst nicht, wie man das vom Namen her vermuten würde, wie relativ stark oder schwach sich ein Kurs im Verhältnis zu anderen Kursen darstellt, z.B. ob eine Aktie im Vergleich zu dem Index, in dem sie notiert ist, besser oder schlechter läuft. Das ließe sich ja leicht messen, indem man die Kursverläufe neben- oder übereinander hält. Nein, der RSI misst die „innere“ Stärke eines Kurses. Oder anders formuliert: Er misst, ob eine Kursbewegung überzogen ist und wenn ja, ab welchem Punkt die Wahrscheinlichkeit steigt, dass sich eine Übertreibung umkehrt. Die Berechnung des von Welles Wilder geschaffenen RSI-Indikators funktioniert folgendermaßen:

Der Indikator berechnet den durchschnittlichen Kurs eines Kursverlaufs zunächst für diejenigen Tage eines bestimmten Zeitraums (i.d.R. 14 Tage), an denen der Wert gestiegen ist. Für den Berechnungszeitraum sollten Sie immer den Standardwert von 14 Handelstagen nutzen, denn verändern Sie den Zeitraster, erhalten Sie Signale, die außer Ihnen niemand sieht … und dann wird der Indikator nutzlos, weil niemand den nur für Sie sichtbaren Signalen folgen könnte.

Diesem Durchschnittskurs der Tage mit einem Kursanstieg wird dann der Durchschnitt der Schlusskurse gegenübergestellt, an denen der Wert in den letzten 14 Handelstagen im Minus geschlossen hatte, indem man ihn durch den Durchschnitt der Aufwärts-Schlusskurse dividiert. Das bildet die Relative Stärke. Zum Relative Stärke Index (RSI) wird dieser Wert, indem man ihn indiziert: RSI = 100 – (100 ./. (1+RS)).

Heraus kommt ein Indikator, der in einer Skala zwischen 0 und 100 schwanken kann. Werte über 70 bedeuten ein überkauftes Niveau, Werte unter 30 ein überverkauftes Niveau. Das sind die beiden Extremzonen, aus denen heraus Signale generiert werden, die eine Trendwende im Kurs indizieren.

Börse aktuell: Entwicklung DAX von 2018 bis 2025 - Der RSI und Extremzonen | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung DAX von 2018 bis 2025 – Der RSI und Extremzonen | Quelle: marketmaker pp4

Der RSI wird von der Logik unterstützt

Dass egal welcher Indikator niemals immer richtig liegt, basiert darauf, dass Gier und Angst immer stärker sind als der Verstand. Das gilt für alle Lebenslagen, aber wenn es um Geld geht, ganz besonders … vor allem, wenn man mit hohen Hebeln spekuliert. Hinzu kommt, dass solche Indikatoren wie der RSI zwar vielen bekannt sind, ebenso wie die Chart- und die Sentimentechnik mit ihren Tools. Aber eben keineswegs allen. Diejenigen, denen es an jeglichem Basiswissen in Sachen Börse fehlt, die aber in wachsender Zahl trotzdem kräftig Aktien kaufen, können ein noch so augenfälliges und dramatisches Signal alleine deswegen egalisieren, weil sie es gar nicht sehen.

Dass der RSI, wie im vorstehenden Chart zu sehen, im Frühjahr 2024 auf Wochenbasis ein sogar durch eine negative Divergenz verstärktes, bärisches Signal generierte und der DAX trotzdem nicht nach unten abdrehte, ist ein typisches Beispiel dafür … aber es ist kein Argument, solche Indikatoren als nutzlos einzuordnen und stattdessen einfach aus dem Bauch heraus zu agieren. Denn der Anteil an tauglichen Signalen ist beim RSI recht hoch. Und nutzt man ihn als ein Werkzeug von mehreren für Kauf- oder Verkaufsentscheidungen, ist er sehr wertvoll. Zumal er letztlich ja von der Logik getragen wird.

Denn ein in eine der beiden Extremzonen gelaufener RSI zeigt, dass die Kurse in relativ kurzer Zeit viel stärker gestiegen oder gefallen sind als normalerweise üblich. Das heißt, dass damit auch die Wahrscheinlichkeit zunimmt, dass dem Markt die Käufer bzw., wenn der RSI um oder sogar unter 30 Prozent liegt, die Verkäufer ausgehen. Das kann also oft funktionieren … und tut es, wie die Charts zeigen, auch. Aber ich bin eher skeptisch, ob man ihn stur so nutzen sollte, wie sich der Erfinder Welles Wilder das vorgestellt hat.

Wie ich selbst der RSI nutze

Denn das Basis-Regelwerk sagt aus, dass ein Short-Signal entsteht, wenn der RSI aus der überkauften Zone wieder in die „Normalzone“, also unter 70, zurückfällt und umgekehrt ein Kaufsignal, wenn er aus der Zone unter 30 wieder über 30 steigt. Das funktioniert zwar oft, aber nicht oft genug. Ich will daher hier einmal darlegen, wie ich den Indikator über diese Basis-Signalregeln hinaus nutze.

Börse aktuell: Entwicklung DAX von 2023 bis 2025 - Der RSI und Extremzonen | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung DAX von 2023 bis 2025 – Der RSI und Extremzonen | Quelle: marketmaker pp4

Ein Aspekt sind Divergenzen. Für mich sind sie kein entscheidendes Signal, aber das steigert auf jeden Fall die Zahl der Blicke, die ich auf den Indikator werfe. Divergenzen sind Abweichungen zwischen Basiswert und Indikator, wie im vorstehenden Chart gezeigt. Macht z.B. der DAX ein neues Tief, der RSI aber nicht – so, wie im Herbst 2023 der Fall – deutet das eine nachlassende Kraft der Abwärtsbewegung an und kann, wenn die Extremzone nahe oder erreicht ist, auf eine baldige Aufwärtswende hindeuten, für die Oberseite gilt das vice versa.

Divergenzen sind aber meiner Ansicht nach nur dann relevant, wenn zumindest eines der zwei Tiefs der Divergenz eine Extremzone berührt hat oder ihr, wie oben im Beispiel Herbst 2023, sehr nahe gekommen ist. Werte um 68 auf der Ober- und 32 auf der Unterseite beziehe ich bereits in die Extremzonen mit ein.

Darüber hinaus ist der RSI ein Indikator, bei dem ich anfange, Positionen in Trendrichtung sukzessiv abzubauen, wenn eine Extremzone nahe oder schon erreicht ist. Wenn dann noch andere Indikationen, wie z.B. der Bruch eines wichtigen, gleitenden Durchschnitts, einer Trendlinie oder eine Umkehrformation hinzukommen, bin ich meistens schon ohne Position und kann mich sukzessiv mit kleinen Trades in die Gegenrichtung „einkaufen“.

Börse aktuell: Entwicklung Nasdaq 100 von 2020 bis 2025 - Der RSI und Extremzonen | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung Nasdaq 100 von 2020 bis 2025 – Der RSI und Extremzonen | Quelle: marketmaker pp4

Zuletzt würde ich empfehlen, sich den RSI in mehreren Zeitrastern anzusehen. Er funktioniert auch oft bei ganz kurzen Zeitrastern wie der 15- oder 60-Minuten-Basis gut. Aber vor allem meine ich damit die Tages-, Wochen- und Monatsbasis. Kommt es da dann zu dem seltenen Phänomen, dass der RSI auf allen drei Zeitebenen in etwa zeitgleich in der oberen oder unteren Extremzone rangiert, wie wir das im vorstehenden Chart beim Nasdaq 100 Ende 2021 sehen, ist ein starkes Signal im Anmarsch, das man besser nicht übersehen und erst recht nicht ignorieren sollte.

Versuchen Sie sich einmal an diesem RSI … ich denke, er wird Ihnen ordentliche Dienste leisten können, sofern Sie nicht erwarten, dass hier jedes Signal zu einem Treffer wird. Ein Wunder-Tool, dass so etwas könnte, wird es nie geben können.

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche!

Ihr

Ronald Gehrt

Eine weit verbreitete Faustregel ist, dass die Trendrichtung der ersten zehn Tage eines neuen Jahres die Richtung eines Index für das gesamte Jahr vorwegnimmt. Was indes bei genauem Hinsehen nur selten zutrifft. Aber damit die Jahreswende als potenziellen Wegweiser abzuhaken, wäre voreilig, denn bei Einzelwerten sieht das schon anders aus. Da lohnt es, jetzt genauer hinzusehen.

Neues Jahr, neuer Trend … eigentlich steht hinter diesem Gedanken ja nicht gerade allzu viel Logik. Schließlich dreht sich die Welt am 1. Januar genauso schnell und in die gleiche Richtung wie am 31. Dezember. Warum sollte es also in Sachen Börsentrend ausgerechnet dann öfter als unter dem Jahr zu wegweisenden Veränderungen kommen? Aber dafür gibt es durchaus ein paar Argumente.

Menschen unterteilen ihr Leben sehr oft in subjektive Abschnitte

Da wir Menschen dazu neigen, unser Leben gerne in Abschnitte einzuteilen und Jahreswechsel daher gerne hergenommen werden, um sich umzuschauen, zurück- und vorauszublicken und sich ggf. neu zu orientieren, findet sich eine solche Tendenz auch an den Börsen wieder. Man sieht sich die Performance des abgelaufenen Jahres an und neigt dazu, um das neue Jahr herum Entscheidungen zu treffen. Mehr kaufen? Dranbleiben? Gewinne mitnehmen? Aussteigen? Oder jetzt an der Börse aktuell gar die Seiten wechseln?

Börse aktuell: Entwicklung DAX und Top und Flop Einzelaktien im Vergleich von 2024 bis 2025| Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung DAX und Top und Flop Einzelaktien im Vergleich von 2024 bis 2025| Quelle: marketmaker pp4

Und das gilt nicht nur für das Depot an sich, sondern auch für die Einzelwerte darin. Ist diese oder jene Aktie da noch richtig? Gibt es etwas Spannendes, gegen das ich eine für den Verkauf interessante Aktie eintauschen könnte?

Die institutionellen Investoren orientieren sich an kalendarischen Ankerpunkten

Da man weiß, dass diese kalendarischen Ankerpunkte, nicht nur Jahreswenden, sondern auch Quartals- und bisweilen sogar Monatswenden, für Anleger oft Ausgangspunkte für Entscheidungen darstellen, neigen auch institutionelle Investoren wie Fonds, Hedgefonds oder Pensionskassen dazu, nicht nur zu solchen Stichtagen ihre werbewirksame Perfomance durch gezieltes Zukaufen von Gewinnern und Abstoßen von Verlierern zu optimieren (das sogenannte Window Dressing). Sie strukturieren oft auch die Ausrichtung ihrer Portfolios neu, gewichten dabei bestimmte Branchen höher, andere niedriger als zuvor, entsprechend den Perspektiven, die sich aus Sicht der Profis angesichts der Performance und der dadurch entstandenen, entweder eher zu hohen oder zu günstigen Bewertung einzelner Branchen und Einzeltitel ergeben.

Börse aktuell: Entwicklung Dow Jones und Top und Flop Einzelaktien im Vergleich von 2024 bis 2025| Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung Dow Jones und Top und Flop Einzelaktien im Vergleich von 2024 bis 2025| Quelle: marketmaker pp4

Dass man die Gewichtung einzelner Branchen selten mitten in einem Quartal drastisch verändert, liegt auch daran, dass auch und gerade große Adressen konsequent Trends folgen. Handelsprogramme sind zur „Bewirtschaftung“ oft immens umfangreicher Portfolios unerlässlich … und die kaufen weiter, solange es aufwärts geht und bleiben weg, solange ein Trend nach unten weist.

Damit sind Jahreswenden in der Tat interessante Punkte, an denen man als Anleger einen genauen Blick auf einzelne Branchen und Aktien werfen sollte. Denn so manche Aktie, die im Vorjahr drastisch zugelegt hat, könnte da nach unten abdrehen, so mancher Verlierer in einen Aufwärtstrend einschwenken, je nachdem, ob genug institutionelle Investoren ihre Portfolios entsprechend umbauen. Unsere Charts zeigen, dass solche Wendemarken deswegen oft nahe an einer Jahreswende liegen. Aber Vorsicht:

Börse aktuell: Entwicklung Apple, Amazon und Boeing im Vergleich von 2020 bis 2024 mit Trendwenden| Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung Apple, Amazon und Boeing im Vergleich von 2020 bis 2024 mit Trendwenden| Quelle: marketmaker pp4

Man sollte nicht einfach unterstellen, dass, was 2024 fiel, 2025 steigen müsste und die Gewinner 2024 jetzt zwingend „oben“ wären und abdrehen werden. Das kommt eben darauf an, wie die Entscheider bei diesen großen Adressen die Lage der einzelnen Unternehmen einschätzen. Und das gilt nicht nur für Branchen an sich, sondern auch für die Unternehmen innerhalb einer Branche, dazu als Beispiel weiter unten ein Blick auf die Entwicklung der ganz großen Luxusgüter-Unternehmen in den vergangenen fünf Jahren.

Börse aktuell: Entwicklung Siemens Energy, Sartorius und Zalando im Vergleich von 2020 bis 2024 mit Trendwenden| Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung Siemens Energy, Sartorius und Zalando im Vergleich von 2020 bis 2024 mit Trendwenden| Quelle: marketmaker pp4

Der Trend des Gesamtmarkts hängt vor allem vom Mittelzufluss und Mittelabfluss ab

Aber warum läge man angesichts dieser Aspekte so verkehrt, wenn man auch in Bezug auf den Gesamtmarkt mit einem Richtungswechsel zur Jahreswende rechnen würde? Weil die Gewichtung von Portfolios und deren Volumen zwei völlig unterschiedliche Dinge sind. Fonds oder Hedgefonds und auch Themen-ETFs können innerhalb ihrer Portfolios die Struktur verändern. Aber sie können nicht einfach die Hälfte des Kapitals in Cash verwandeln bzw. haben nie riesige Barreserven, die sie zum Start in ein neues, von ihnen als potenziell bullisch angesehenes Jahr investieren könnten.

Man fährt da immer mit einer hohen Investitionsquote, denn nur so ist man imstande, in Sachen Performance mit dem Gesamtmarkt mitzuhalten bzw. ihn im Idealfall zu schlagen. Daher ist die Richtung des Gesamtmarkts entscheidend vom investierten Geldvolumen abhängig und damit von den passiven Anlegern, die insgesamt den Anteil der „Stock Picker“ ja drastisch überwiegen. Erst, wenn diese passiven Sparer weniger frisches Geld in ihre Fonds und ETFs investieren oder sogar Geld abziehen, würde auch der Gesamtmarkt einen nachhaltigen Richtungswechsel vornehmen.

Börse aktuell: Entwicklung Luxusaktien und Euro Stoxx 50 im Vergleich von 2020 bis 2024 mit Trendwenden von Branchen| Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung Luxusaktien und Euro Stoxx 50 im Vergleich von 2020 bis 2024 mit Trendwenden von Branchen| Quelle: marketmaker pp4

Trendwechsel bei DAX & Dow zur Jahreswende? Das ist eher selten … aber nicht unmöglich!

Auch das kann natürlich, wenn sich viele zur Jahreswende Gedanken darüber machen, wie sie in Sachen Börse weiter vorgehen wollen, nahe an einem Jahreswechsel der Fall sein. Aber öfter beobachtet man Richtungswechsel erst Richtung März oder im Herbst, zwischen Ende September und Ende Oktober, wenn in ersterem Fall große Erwartungen zu kleinen werden oder man im zweiten Fall neue Hoffnung in das kommende Jahr setzt und schon mal vorkauft.

Was aber nicht bedeutet, dass ein Richtungswechsel genau an einer Jahreswende nie auftreten würde, denken wir nur an den Beginn des Jahres 2008, der einen sehr drastischen Schwenk nach unten brachte. Auch können Hedgefonds, deren Ausrichtung ja flexibel ist, eine solche Wende jederzeit und damit auch zum Jahreswechsel gezielt „anstoßen“. Aber grundsätzlich sind es eben vor allem Einzelwerte, die in Sachen Trendwechsel jetzt interessant sind … da in nächster Zeit ein Auge drauf zu haben, kann also nicht schaden!

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche!

Ihr

Ronald Gehrt

Nicht nur der Schnitt der Expertenprognosen lag 2024 für die wichtigsten Märkte daneben, bisweilen war nicht einmal der extremste Wert, der von einem Analysten geschätzt wurde, in der Nähe des Levels, auf dem man jetzt, zum Jahresultimo, gelandet ist. Sind Prognosen also sinnlos? Nein, sie sind durchaus nützlich … wenn man sie richtig einsetzt.

Ende November 2023 lag der Schnitt der Kursziele für den marktbreiten S&P 500-Index für das jetzt erreichte Jahresende 2024 bei 4.900 Punkten. Zu diesem Zeitpunkt notierte der Index etwa bei 4.600 Zählern. Am Freitagabend schloss er bei 5.971 Punkten. Statt einer eher dünnen Performance, die die Experten erwartet hatten, kam es also zu einer sehr guten.

Börse aktuell: Entwicklung S&P 500 im Jahr 2024 und durchschnittliches Kursziel für 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung S&P 500 im Jahr 2024 und durchschnittliches Kursziel für 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Noch extremer fiel die Diskrepanz beim DAX aus. Im Schnitt lag das Ende 2023 bestehende 2024er-Kursziel von 26 Banken und Investmenthäusern bei 17.200 Punkten. Beendet hatte der DAX das Jahr 2023 bei 16.752 Zählern, auch hier war die Erwartung in Sachen Kursgewinne also verhalten … und damit lag man dramatisch daneben. Selbst das höchste der damals vergebenen Kursziele lag mit 18.600 Zählern ein gutes Stück zu tief.

Börse aktuell: Entwicklung DAX im Jahr 2024 und durchschnittliches Kursziel für 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung DAX im Jahr 2024 und durchschnittliches Kursziel für 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Gold: Man sah nicht viel Spielraum für das Edelmetall, immerhin wirkte die 2.000 US-Dollar-Marke schon als luftige Höhe, nachdem der Kurs nach einer durchschnittlichen Prognose von 1.860 US-Dollar für das Jahresende 2023 mit 2.065 US-Dollar deutlich höher als gedacht aus dem Jahr gegangen war. Daher war man eher verhalten, sah nur noch moderaten Aufwärtsspielraum. Die Konsens-Prognose für das Jahresende 2024 lag bei 2.110 US-Dollar, die Spanne der Ziele lag zwischen 1.950 und 2.250 US-Dollar. Schlusskurs am Freitag: 2.616 US-Dollar.

Börse aktuell: Entwicklung Gold von 2020 bis 2025 und durchschnittliche jährliche Kursziele | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung Gold von 2020 bis 2025 und durchschnittliche jährliche Kursziele | Quelle: marketmaker pp4

Und bei Rohöl? Da hatten die Schätzungen zu hoch gelegen … für die Verbraucher zum Glück. Brent Crude Oil beendete das Vorjahr mit knapp 79 US-Dollar, im Schnitt sahen die Experten den Ölpreis bis zum jetzigen Jahresende auf knapp 87 US-Dollar steigen. Am Freitag ging Brent Crude mit 73,43 US-Dollar aus dem Handel.

Börse aktuell: Entwicklung Rohöl im Jahr 2024 und durchschnittliches Kursziel für 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung Rohöl im Jahr 2024 und durchschnittliches Kursziel für 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Jahresziel-Prognosen als irreführender Wegweiser?

Zusammengefasst lagen die durchschnittlichen Prognosen bei all diesen wichtigen Märkten nicht nur ein bisschen, sondern drastisch daneben. Hätte man anhand dieser Prognosen einen Trade initiiert, hätte man zwar in Sachen Aktienindizes und Gold womöglich mehr verdient als gedacht. Aber nur, wenn man nicht mit diesen Prognosen im Hinterkopf und den mehrmals im Jahr überkauften Kursen nervös geworden wäre und lieber den Gewinn mitgenommen hätte. Immerhin hätte man sich denken müssen, dass die Kurse da überziehen und jederzeit wegbrechen können. Was sie indes nicht taten.

Wenn man bedenkt, dass Prognosen öfter daneben als richtig liegen … denken wir da nur an die großen Baissen einiger Aktien im endenden Jahr, die es laut den Kurszielen der Analysten nicht hätte geben dürfen, so z.B. bei SMA Solar, Aixtron, Porsche AG, Bayer, Siltronic, Carl Zeiss, Sartorius und vielen mehr, könnte man diese Prognosen an sich als sinnlos ansehen.

Mehr noch, sie sind ja, wenn man ihren reinen Zahlenwerten folgt, sogar irreführend. Auch im Fall steigender Kurse. Denn dass man seitens der Analysten bei Aktien wie Rheinmetall, Siemens Energy oder SAP im Jahresverlauf immer wieder die Kursziele anheben musste, um nicht völlig daneben zu liegen, enthebt eine Prognose, die man am Ende eines Jahres für das Ende des nächsten abgibt, ihrem Sinn. Und ja, wenn man sich nur auf die prognostizierten Zielkurse reduziert, können solche Prognosen mehr schaden als nutzen. Aber betrachten wir sie einfach mal in einem anderen Licht:

Das „Warum“ bei der Vergabe eines Kursziels ist wichtiger als die reine Zahl!

Als die Analysten ihre Kursziele Ende 2023 abgaben, taten sie dies unter bestimmten Annahmen in Bezug auf die Rahmenbedingungen. Bezogen auf DAX und S&P 500 sah man zwar sinkende Leitzinsen als positives Element. Man sah aber auch bremsende Faktoren wie ein vermutlich dünnes Wachstum und eine eher hartnäckige Teuerung, die 2024 über der Zielzone der Notenbanken bleibt. Und man erwartete vorsichtige Verbraucher.

Was die USA angeht, hatte man den Kauftrieb der Verbraucher offensichtlich unterschätzt, die auch bei teuren Krediten nahezu ungebremst weiter konsumierten wie vor der Inflationsphase. In Europa lag man mit diesen Vermutungen aber absolut richtig. Nur die Kurse, die taten nicht, was sie rein logisch betrachtet in diesem Umfeld hätten tun müssen, nämlich bestenfalls im Geländegang nach oben kriechen. Wobei:

Eigentlich lief auch das so wie gedacht, wenn man sich den europäischen Leitindex Euro Stoxx 50 oder den MDAX ansieht. Wie die nachstehende Abbildung zeigt, ist es ja nur der DAX, der so völlig entgegen den Erwartungen stieg und ein weit über dem langjährigen Schnitt liegendes Plus erzielte. Und in dieser Hinsicht sind die Prognosen sehr wohl zu etwas zu gebrauchen:

Börse aktuell: Entwicklung Euro Stoxx 50 im Jahr 2024 und durchschnittliches Kursziel für 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung Euro Stoxx 50 im Jahr 2024 und durchschnittliches Kursziel für 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Sie halten dazu an, die Entwicklungen der Kurse mit den Rahmenbedingungen abzugleichen und dadurch umgehend zu erkennen, wenn etwas nicht läuft, wie es normalerweise sollte. Denn immer, wenn es dazu kommt, entsteht ein Risiko. Was beim DAX hieße: Ein enormer Rückschlag, der den Index auf eine normale Bewertung zurückführt, könnte an der Börse aktuell jederzeit kommen, während die Fallhöhe bei Euro Stoxx 50 oder MDAX viel geringer wäre.

Wenn man also nicht einfach nur das Kursziel einer Prognose ansieht, sondern sich anschaut, warum der betreffende Experte dieses Ziel ausgegeben hat, bekommt man einen Einblick in die Lage, die zum Zeitpunkt der Prognose vorlag. Man kann die Erwartungen des Analysten in Bezug auf die kommende Entwicklung der Rahmenbedingungen mit dem abgleichen, was wirklich passiert und hat damit immer ein Bein auf dem Boden der Fakten.

Prognosen sind nützlich … aber nur für diejenigen, die sich die Zeit nehmen, genau hinzuschauen!

Dass diese Prognosen im Jahresverlauf dann andauernd revidiert werden bzw. werden müssen, belegt zwar, dass die Vergabe konkreter Kursziele eigentlich Unsinn ist, denn jede Revision ist ein Beweis dafür, dass man den Prognosen an sich nicht folgen sollte. Aber letzten Endes sind auch dann Begründungen zu finden. Begründungen, die das Kursziel den Veränderungen im Umfeld angleichen, die man nicht hatte vorhersehen können. Denken wir nur daran, wie wichtig für die US-Wirtschaft war, wer Anfang November die Wahl gewinnen würde. Oder wer im Februar 2025 dann bei uns die Regierung stellen wird. Wie wollte man das prognostizieren? Aber wie gesagt:

Geht man von den reinen Zahlen weg und schaut auf die Grundlagen und Annahmen, deren Ergebnis die Prognose war, wird die Sache nützlich. Da das aber auch viel mehr Aufwand bedeutet, ist es schon so:

Prognosen richten mehr Schaden als Nutzen an. Was aber weniger die Schuld derer ist, die sie abgeben, immerhin wollen die Marktteilnehmer solche Prognosen haben. Es ist vor allem die Schuld derer, die die dazu gehörige „Bedienungsanleitung“ nicht lesen. Die zu ignorieren ja, wie die Erfahrung lehrt, immer eine schlechte Idee ist.

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche und einen guten Rutsch ins Jahr 2025!

Ihr

Ronald Gehrt

Dass es in einem intensiven Aufwärtstrend ausgerechnet kurz vor einem Jahresende zu Turbulenzen kommt, ist äußerst untypisch. Selbst für diejenigen, die das Credo der Börsen „Unverhofft kommt oft“ immer im Hinterkopf haben. Die Frage ist: Wie geht es jetzt weiter, nachdem der Fahrplan der Bullen so abrupt über den Haufen geworfen wurde?

Zum Auslöser des heftigen „Schluckaufs“ der Aktienindizes hatte ich mich ja in mehreren Analysen im LYNX Börsenblick am Donnerstag und Freitag schon ausgelassen, daher nur kurz gefasst: Dass die US-Notenbank am Mittwochabend für 2025 eine höhere Inflationsrate und dafür weniger Leitzinssenkungen als zuletzt im September avisiert projizierte, löste den Abverkauf aus. Die eigentliche Ursache war aber, dass diese in der Tat für die Aktienmarkt-Bullen unerfreuliche Voraussage eigentlich tendenziell absehbar war, zu viele aber die Risiken, die über der Hausse wie ein Damoklesschwert schweben, einfach ignorierten. Das geht am Ende immer schief. Doch sind wir denn jetzt bereits dort, am „Ende“? Das ist nämlich gar nicht mal sicher.

Erste Reaktion durch Terminmarkt verstärkt

Die großen Adressen im bullische Lager haben in der zweiten Monatshälfte des Dezembers immer eine Art „Fahrplan“, sofern der Trend nach oben weist. Die letzten Notenbanksitzungen, dann der „dreifache Hexensabbat“, sprich die große Abrechnung an der Terminbörse und dann das die Kurse meist weiter nach oben ziehende „Window Dressing“ der Fonds, mit dem diese ihre Performance zum wichtigen Jahresultimo werbewirksam optimieren. Da soll es nach oben gehen … und dabei geht selten etwas schief. Aber wenn, dann richtig, so wie diesmal. Das Problem war:

Diese Terminmarkt-Abrechnung findet immer freitags statt, die Notenbankentscheidungen meist, wie auch diesmal, am Mittwoch davor. Da liegt also sehr wenig Zeit dazwischen. Und wenn man mit einer Abrechnung auf Rekordhoch rechnet, dann aber kippende Kurse am Mittwochabend sieht, tickt die Uhr äußerst laut. Da muss sofort entscheiden werden. In der Regel werden die Abschläge direkt nach einer Notenbankentscheidung mit der Brechstange aufgekauft. Diesmal passierte das nicht, wie der folgende Chart, der den Nasdaq 100 Intraday für die letzte Woche auf 15 Minuten-Basis zeigt, deutlich macht.

Da kamen ausgelöste Stop Loss-Verkaufsorders zu einer ersten, negativen Reaktion hinzu, ebenso Hedging-Operationen der Terminmarkt-Akteure, die Long-Positionierungen mit Short-Trades gegensicherten, was die Kurse zusätzlich drückte. Aber diese Abrechnung ist ja jetzt vorüber. Und wir sehen in diesem Chart auch, dass der Nasdaq 100, ebenso wie alle größeren Indizes in Europa und den USA, am Freitag, dem Abrechnungstag, stieg.

Börse aktuell: Entwicklung Nasdaq 100 nach Fed-Entscheidung und Terminmarktabrechnung im Dezember 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung Nasdaq 100 nach Fed-Entscheidung und Terminmarktabrechnung im Dezember 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Könnte das bedeuten, dass mit der Terminmarkt-Abrechnung auch das Schreckgespenst einer Abwärtstrendwende an der Börse aktuell vorbei ist, wir in den letzten Handelstagen des Jahrs wieder steigende Kurse sehen … und die Anleger zum Start ins neue Jahr auf die Fortsetzung der Hausse hoffen dürfen?

Charttechnisch zwischen den Stühlen

Es könnte so kommen. Immerhin sind ja noch ein paar Tage Zeit, zudem sind wichtige Unterstützungen in dieser zweiten Hälfte der Vorwoche entweder gehalten oder nur marginal unterboten und dann zurückerobert worden. Aber es muss nicht so kommen. Denn noch wurde mit den Käufen des Freitags nur Schlimmeres verhindert. Bullisch sind die Indizes alleine dadurch noch nicht. Sehen wir uns den S&P 500-Chart an:

Börse aktuell: Entwicklung S&P 500 von Juli bis Dezember 2025 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung S&P 500 von Juli bis Dezember 2025 | Quelle: marketmaker pp4

Im Chart dick grün hervorgehoben ist das sogenannte „Trump Gap“, die Kurslücke, die als Reaktion auf Trumps Wahlsieg am 6. November entstand. Dessen obere Begrenzung wurde bereits Mitte November im Zuge eines Pullback angelaufen und hielt, die Folge waren neue Rekordhochs. Sollte der Index jetzt noch einmal in dieses Gap eintreten, müsste man zumindest damit rechnen, dass es geschlossen wird, wenn es ganz übel kommt, wird es sogar nach unten verlassen. Damit wäre dieser symbolhafte Kurssprung nach der Wahl abverkauft … das würde den Tradern das Signal liefern, dass man da zuvor in die falsche Richtung gelaufen sein könnte.

Der Ansatz zur Schließung des Gaps war zur Eröffnung am Freitag, dem „Hexensabbat“, wie man die Abrechnungsphase des Terminmarkts auch nennt, bereits erfolgt. Doch dann kamen Käufe. Und die führten dazu, dass die Sache im Sinne der Bullen gerade noch mal hingebogen wurde. Problem:

Das dabei entstandene „bullish engulfing pattern“ braucht eine Bestätigung in Form zeitnah, idealerweise gleich heute, weiter steigender Kurse, erst dann wäre es als positives Signal gültig. Und eigentlich müsste der S&P 500 mindestens über die 6.000 und damit wieder in diesen keilförmigen Aufwärtstrendkanal zurück, bevor man den Selloff der vergangenen Tage wirklich als Ausrutscher abheften könnte. Das kann klappen. Aber es muss nicht, alleine, weil der US-Anleihemarkt Signale hinter den Signalen der US-Notenbank nicht nur erkannt, sondern durch steigende Bond-Renditen auch umgesetzt hat. Was für alle sichtbar ist … auch für die Trader am Aktienmarkt. Was ist mit „Botschaft hinter der Botschaft“ gemeint?

Die Botschaft hinter der Botschaft der „Fed“

Die Inflation war auch im September noch nicht im Griff und kam langsamer zurück als gedacht, vor allem die Kernrate lag weiter deutlich zu hoch. Trotzdem avisierte die „Fed“ damals im September, bei der vorherigen Projektion für Wachstum, Arbeitslosenrate, Inflation und Leitzinsen, dass die Inflation 2025 auf 2,1 Prozent fallen und vier Zinssenkungen um 0,25 Prozent drin wären. Jetzt nicht mehr. Aber warum?

Börse aktuell: Entwicklung Rendite US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit 10 von 2020 bis 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung Rendite US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit 10 von 2020 bis 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Was sich entscheidend verändert hat, ist nicht die Inflation oder das Wachstum. Es ist das politische Umfeld. Dass die Notenbanker jetzt restriktiver werden und mit einer nicht sinkenden Inflation rechnen, dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit die Reaktion auf Donald Trumps Wirtschaftspläne sein, die tendenziell inflationstreibend wirken. Die Botschaft hinter diesen veränderten Projektionen in Sachen Inflation und Leitzins lautet damit:

Wir wissen, dass die Sache jetzt schwieriger vorhersagbar wird, aber wir wissen auch, dass die Risiken jetzt zugenommen haben. Was man auch übersetzen kann mit: Wenn sich abzeichnet, dass wir mit unserer Sorge richtig liegen, kann aus zwei kleinen Zinssenkungen ggf. auch gar keine werden … oder sogar, wenn es zu heftig würde, wieder höhere Leitzinsen. Wenn wir uns ansehen, dass die Rendite der US-Staatsanleihen (T-Bonds) mit zehn Jahren Laufzeit jetzt wieder auf 4,5 Prozent gestiegen ist … trotz bereits um 1,0 Prozent gesenktem Leitzins … und damit auf dem Level des Leitzinses, ist das ein stark bärisches Signal. Denn dass diese Rendite der zehnjährigen T-Bonds nicht unter dem Leitzins liegt, war zuletzt in der Phase der Fall, als die „Fed“ die Leitzinsen noch anhob!

Jetzt beginnt das große Belauern

Also, was haben wir: Einen seidenen Faden für die Aktienmarkt-Bullen, der halten kann, aber nicht muss und einen Schuss vor den Bug seitens der US-Notenbank, die klar machte, dass die Risiken wieder zunehmen. Werden jetzt, nach diesem aufrüttelnden Abverkauf, mehr Trader vorsichtig und ggf. aussteigen? Oder wird der seidene Faden ausreichen, um die Käufer in alter Stärke und Entschlossenheit zurück zu bringen? Weiß das jemand?

Nein, das weiß niemand. Denn in einer solchen Gemengelage agieren selbst Entscheider großer Adressen nicht nach Schema F, sondern entscheiden aus der Situation heraus. Die im steten Fluss ist – was einer tut, kann irrelevant sein, aber es kann auch anstecken. Das ist es, worum es jetzt gehen wird:

Börse aktuell: Entwicklung DAX von Mai bis Dezember 2025 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung DAX von Mai bis Dezember 2025 | Quelle: marketmaker pp4

Alle wissen, dass die Entwicklung am Aktienmarkt jetzt eine Wundertüte ist. Es kommt darauf an, was die anderen tun werden. Dann entscheidet man selbst, ob man mitzieht, sich heraushält oder sich auf die Gegenseite stellt. Die Gegenseite von …? Eben.

Jetzt beginnt das große Belauern der anderen. Sehr viele werden jetzt bei jedem Ruck in den Kursen überlegen, ob das nicht eine Bedeutung haben könnte, ob nicht genau in diesem Moment ein großer Impuls startet. Aber es weiß niemand wirklich. Das führt zu dünnen Nerven, Augenrändern und zu emotionalen, meist voreiligen, hastigen Reaktionen. Ob das auch in den drei (in den USA viereinhalb) Tagen bis zum Jahresende passiert, ist zwar offen. Aber als sicher würde ich zumindest annehmen, dass der Start in das Jahr 2025 eher zu den ruppigeren Jahresstarts der letzten Jahrzehnte gehören wird.

Ob Sie jetzt mitlauern werden/wollen oder nicht: Das rosarote Szenario der Bullen hat erste Risse bekommen, die Volatilität wird zunehmen. Dabei kann alles herauskommen, von einem kapitalen Kurseinbruch bis zu einer Super-Rallye als letztes Aufgebot der Bullen. Das Beste, was man da als privater Trader tun kann ist: Kapitalexposition und Risiko herunterfahren. Das habe sogar ich jetzt getan.

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche!

Ihr

Ronald Gehrt

Die Jahresend-Rallye, einige immer wiederkehrende Termine, die die Käufer bei der Stange halten und ein Jahresabschluss mit optimalem Plus: Die letzten Wochen eines Jahres laufen oft nach einem sturen Schema ab. Das funktioniert, weil alle damit rechnen und entsprechend handeln. Aber wie weit reicht die Strecke, die da nach Fahrplan abgefahren wird?

Wir wissen es ja eigentlich alle: Die Rahmenbedingungen sind der Leitstrahl der Aktienmärkte. Zumindest, sofern sie bullisch sind. Sind sie es nicht, hängt ihr Einfluss auf das Kursgeschehen von zwei Dingen ab: Erstens, ob sie die Akteure zur Kenntnis nehmen wollen. Und zweitens hängt wiederum Ersteres davon ab, ob viele Marktteilnehmer mit diesen Daten überhaupt etwas anfangen können, indem sie über das dafür nötige Grundwissen verfügen.

Beides ist derzeit kaum bis gar nicht zu beobachten. Weshalb der DAX auch eine Rallye im Alleingang vollzieht, obwohl damit der Aktienmarkt genau des Landes nach oben aus der Spur läuft, bei dem es am wenigsten logisch ist. Und der dadurch im Verhältnis der in ihm gelisteten Unternehmen teurer bewertet ist als beispielswiese der Nasdaq 100. Letzterer hat zwar gerade ein Kurs/Gewinn-Verhältnis von 34,9, der DAX von 18,5. Aber da die großen Nasdaq-Unternehmen in Wachstumsbranchen agieren und deren Gewinne zulegen, während das Gros der DAX-Unternehmen konservativen Branchen angehört und deren Gewinne nicht zulegen, sind diese 18,5 teuer.

Die 34,9 relativ zum langjährigen Schnitt zwar auch. Aber die Fallhöhe ist geringer, einfach, weil die wichtigsten unternehmen der Nasdaq deutlich mehr Dynamik zeigen. Aber das ist nur einer von vielen Aspekten, den man derzeit als DAX-Bulle in den Wind schießen muss. Und es auch tut. Denn dafür ist gerade Saison.

Das Phänomen der „self fulfilling prophecy“

Aus einem körperlosen Schlagwort kann umgehend etwas Reales werden, wenn genug Beteiligte daran glauben und entsprechend handeln. Die „Jahresend-Rallye“ ist ein Beispiel dafür. Wenn man mir oft genug ins Ohr flüstert, dass der Aktienmarkt im vierten Quartal steigt, glaube ich daran. Und nicht nur das, ich folgere, dass es clever ist, da mitzumachen. Der Effekt: Meist haut das genau deswegen auch hin. Es gibt keinen zwingenden Grund, warum die Aktienindizes im Herbstquartal besser laufen müssen als im Sommer. Aber wenn genug Trader kaufen, weil sie glauben, dass es so kommt, erfüllt sich die Prophezeiung von selbst. So gesehen 2022, 2023 und in diesem Jahr an der Börse aktuell.

Große Investoren wissen das. Und da die Finanzindustrie nun einmal daran verdient, dass immer mehr Menschen immer öfter immer mehr Aktien kaufen, argumentiert da niemand dagegen. Schließlich hat die Sache auch noch ein paar vorteilhafte Aspekte, die sich für die „big player“ nutzen lassen. Auch und gerade dann, wenn die Jahresend-Rallye ganz und gar nicht zu den Rahmenbedingungen passt und sich damit eine Hoffnungs- oder besser „Gier-Blase“ bildet. Denn am besten kommt in solchen Situationen derjenige davon, der die Nadel in Händen hält, die die Blase ansticht. Aber da sind wir noch nicht. Es gibt schließlich einen Fahrplan.

Die Neun-Uhr-Käufe

Irgendwann zwischen Ende September und Ende November muss erstmal der Zug losfahren. In einem Umfeld wie diesem muss man den zwar anschieben, aber alleine das Schlagwort „Jahresend-Rallye“ und der Umstand, dass das in den vergangenen zwei Jahren auch so lief, sorgt dafür, dass das Anschieben nicht lange dauert und dessen Kapitaleinsatz überschaubar bleibt. Denn wir haben es ja erlebt: Es wird umgehend gekauft wie wild. Auch ohne Grund. Was ja schon deswegen nicht überrascht, weil das Gros der Anleger gar nicht auf die Idee kommt, auch mal auf der Short-Seite aktiv zu werden. Man ist „long only“ … und damit sind Fakten, die andeuten, dass man damit auf dünnem Eis tanzt, unerwünscht. Und werden, wie eingangs geschrieben, entweder ignoriert oder nicht verstanden. Und so läuft der Zug auf einmal von alleine … und die Anleger kaufen weiter, wie der folgende Chart andeutet.

Börse aktuell: Entwicklung DAX im November und Dezember 2024 - Die Neun-Uhr-Käufe | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Entwicklung DAX im November und Dezember 2024 – Die Neun-Uhr-Käufe | Quelle: marketmaker pp4

Hier sehen wir den DAX seit Beginn der Rallye auf 60-Minuten-Basis. Mit Pfeilen markiert ist die erste Handelsstunde eines jeden Tages. Wir sehen: Um neun wird gekauft. Sogar an den zwei Tagen, in denen diese erste Handelsstunde eine rote Kerze erzeugte, sprich der Schlusskurs tiefer lag als der Eröffnungskurs, war das ein Anstieg zum Vortages-Schlusskurs, weil der DAX da mit einer Aufwärts-Kurslücke startete. Und wenn der DAX mal um neun nicht recht lief, so wie am Montag, den 2.12., wurde das Problem in den nächsten Stunden erledigt.

Das Interessante ist, dass diese Neun-Uhr-Käufe darauf hindeuten, dass da viel Geld nach dem Handelsende des Vortags in Kauforders verwandelt wurde, die dann umgehend am Folgetag ausgeführt werden und den DAX höher ziehen. Das sind Käufe in Einzelwerten, aber auch und gerade in ETFs. Die müssen dann am Folgetag sofort kaufen, denn sie müssen immer voll investiert sein, um den DAX korrekt nachbilden zu können. Kurz: Diese ungewöhnliche Häufung der Neun-Uhr-Käufe seit Rallyestart, verbunden mit dem so bärischen Umfeld, deutet an, dass da viele Privatanleger kräftig auf Rekordlevel im DAX zugreifen.

Der Fahrplan der großen Adressen

Muss das nicht schiefgehen? Ja, wenn sich die Rahmenbedingungen nicht äußert hurtig immens aufhellen. Was sich nicht abzeichnet. Aber noch wird gekauft. Und egal, wer da bereits mit hochgezogener Augenbraue auf den Ausstieg oder eine tadellose Short-Chance lauert: Solange gekauft wird, ist es nicht sinnvoll, in größerem Umfang dagegenzuhalten. Zumal diese Jahresend-Rallyes ja einem gewissen Fahrplan folgen, indem sie Richtung Jahresende bestimmte Haltestellen ansteuern in der Hoffnung, dass da noch ein paar Passagiere zusteigen oder zumindest nicht aussteigen. Die da sind? Die Charts zeigen es, zunächst anhand des Vorjahres 2023:

Börse aktuell: Entwicklung DAX von Oktober 2023 bis Januar 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Entwicklung DAX von Oktober 2023 bis Januar 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Die letzten Notenbank-Sitzungen sollen Hoffnung für das nächste Jahr machen. Immerhin schätzen die Statistiker bei „Fed“ und EZB ja im Dezember die Perspektiven für das Folgejahr neu. Und meist optimistisch, zumal kleine Zinssenkungen die Stimmung zusätzlich aufhellen. Und dass solche Weissagungen dauernd korrigiert werden müssen, weil niemand ernsthaft wissen kann, was kommt, wissen viele Anleger nun einmal nicht. Oder wollen es nicht wissen.

Dann haben wir immer am dritten Freitag des Dezembers die große Abrechnung der Optionen und Futures an der Terminbörse, im aktuellen Fall am kommenden Freitag, sprich am 20.12. Da diese Termine einen Trend meist intensivieren und der gerade aufwärts weist, hält das die Kurse meist stabil. Und dann kommt der Jahresultimo. Und auch das zieht die Kurse, wenn das Jahr eine stark positive Performance zeigte. Um ihr werbendes Schaufenster für potenzielle Neukunden und als Verlockung zum weiteren Zukaufen schön zu schmücken, versuchen Fonds, Pensionskassen und ETFs ihre Performance so gut es geht zu steigern, was dazu führt, dass die stark gelaufenen Aktien gezielt noch mehr gekauft werden und die schwachen eher abgestoßen werden. In einem Jahr mit einem steigenden DAX zieht das die Kurse daher tendenziell höher.

Börse aktuell: Entwicklung DAX von Oktober bis Dezember 2024 mit kommenden Terminen | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Entwicklung DAX von Oktober bis Dezember 2024 mit kommenden Terminen | Quelle: marketmaker pp4

So soll es auch diesmal laufen. Und die Chance, dass die fleißigen Käufer den von den großen Adressen geschriebenen Fahrplan einhalten, steht nicht schlecht. Und dann … ja, was dann?

Der Januar gehört nicht zur Fahrstrecke des Rallye-Zuges

Dann, ab Januar, werden die Karten neu gemischt, wenn man es als Plattitüde ausdrücken mag. Langfristig betrachtet gibt es keinen Zusammenhang zwischen der Frage, ob davor eine Jahresend-Rallye kam und der Performance eines Januars. Ich habe mir mal die Januar-Performances der letzten 31 Jahre angesehen. In 17 der 31 Jahre war der Januar positiv, einmal nahezu unverändert (2005), 13 Jahre war der Januar negativ. Die folgende Grafik zeigt das für 20 Jahre, alles konnte ich da nicht hineinpacken, sonst würde man nichts mehr erkennen. Also: Es gibt eher keine statistische Vorlage, die einem sagen könnte, ob ein Januar bullisch wird, egal, ob mit oder ohne vorgelagerter Jahresend-Rallye. Aber eines fällt auf – und das ist auch völlig nachvollziehbar:

Börse aktuell: Kursentwicklung beim DAX im Dezember und Januar in den letzten 20 Jahren | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Kursentwicklung beim DAX im Dezember und Januar in den letzten 20 Jahren | Quelle: marketmaker pp4

Wenn die Rahmenbedingungen bärisch sind und/oder der Markt heißgelaufen ist, dann ist die Neigung der großen Adressen, die „unten“ eingestiegen sind und den Zug ins Rollen brachten, ihre satten Gewinne mitzunehmen und, wenn die Nachfrage es zulässt, auch Positionen deutlich zu reduzieren oder Short zu gehen, hoch. So beispielsweise im Januar 2000. Oder, die folgende Grafik zeigt es, im Januar 2008. Und dieser Chart zeigt auch:

Börse aktuell: Entwicklung DAX von November 2007 bis Februar 2008 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Börse aktuell: Entwicklung DAX von November 2007 bis Februar 2008 | Quelle: marketmaker pp4

Bis zum Fahrplanende an Silvester 2007 deutete nichts auf ein böses Erwachen hin. Klar, wer wollte, wusste, dass da gerade eine gewaltige Blase am US-Immobilienmarkt platzt, was fatale Folgen für die Weltwirtschaft haben muss. Aber all diejenigen, die den Dezember 2007 brav nach Fahrplan und somit kaufend absolviert haben, wussten es nicht oder wollten es nicht wissen.

Diese Grafik ist wichtig, denn aktuell haben wir wieder einmal keine positiven Rahmenbedingungen und einen DAX auf Rekordniveau. Und die Jahreswende ist nahe. Das heißt nicht, dass es auch diesmal spätestens Anfang Januar auf einmal Aktien hageln muss. Aber es heißt, dass es sehr klug wäre, das nicht einfach auszuschließen und sich entsprechend abzusichern!  

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche!

Ihr

Ronald Gehrt