So manches Statement vermittelt den Eindruck, heute würde in den USA ein völlig Unbekannter seinen Amtseid als Präsident ablegen. Und auch am Aktienmarkt wirkt es, als hätten viele vergessen, dass man jetzt wieder mit der „Trump-Börse“ der Jahre 2017 bis 2020 einschließlich rechnen sollte. Was soviel heißt wie: Mehr Volatilität, weniger Berechenbarkeit, mehr Überraschungen aller Art. Ich meine, man täte gut daran, sich darauf schon einmal einzustellen.
Damals war es „Twitter“, heute eben „X“, der Name spielt keine Rolle. Es bleibt das Instrument, auf dem Donald Trump damals spielte und zweifellos auch jetzt spielen wird, immerhin nutzte er „X“ auch in den vergangenen Jahren als Sprachrohr. Für einen US-Präsidenten natürlich unüblich, aber Donald Trump ist ja auch kein Präsident wie jeder andere. Nicht zuletzt deswegen hat er die Wahl ja gewonnen. Ob das der US- und der Weltwirtschaft und dem Aktienmarkt dies- und jenseits des Atlantiks indes guttun wird, ist eine andere Frage. Eine, die sich – vielleicht – schon in den kommenden Tagen beantworten wird, denn er hatte ja avisiert, die wichtigsten Maßnahmen bereits in den ersten Tagen zu treffen. Unter anderem in Sachen Zölle.
Entscheidungen unter Unsicherheit sind normal. Aber jetzt werden sie vermutlich zahlreicher.
Aber wird er das auch tun? Und wenn ja, wenn trifft es dann wie hart? Nichts davon ist sicher abschätzbar. Und wir sollten einkalkulieren, dass Mr. Trump seine Entscheidungen online mitteilen wird. Und das wie damals bisweilen eben auch zu Zeiten, in denen nicht nur die ersten US-Anleger im Bett liegen, sondern die in Europa mal sowieso. Was heißt:
Die Wahrscheinlichkeit großer Kurslücken zum Handelsstart in Europa nimmt an der Börse aktuell drastisch zu. Und zwar in beide Richtungen. Und das ist definitiv kein Segen. Denn das läuft ja letztlich ab wie z.B. eine überraschende Zinssenkung, wichtige Konjunkturdaten oder bedeutende Unternehmensbilanzen von Mega-Caps wie Nvidia & Co: Man hat keine Zeit, sich die Sache in Ruhe durch den Kopf gehen zu lassen. Die Kurse stehen von einer Sekunde auf die andere weit höher oder tiefer, weil irgendwelche Nano-Trading-Handelssysteme verzugslos reagieren. Schneller, als unsereins „hoppla“ sagen kann.
Damit landet man wieder öfter in einer sogenannten „take it or leave ist“-Situation. D.h. man muss umgehend entscheiden, ob man einen auf einmal viel größeren Verlust realisiert oder zu viel höheren Kursen einsteigt als bislang geplant. Man muss entscheiden, ob man, sofern man bereits engagiert ist und der Kurssprung in die für die eigene Position richtige Richtung lief, aussteigt, einfach dabeibleibt oder zukauft. Und das auf Basis einer Marktreaktion auf Entscheidungen oder sogar nur Meinungsäußerungen des US-Präsidenten, die schwierig richtig einzuordnen sind. Ist die Reaktion berechtigt? Ist sie sogar unter- oder im Gegenteil übertrieben?
Man muss an der Börse zwar grundsätzlich Entscheidungen unter Unsicherheit treffen. Aber in einer Phase, in der kurze Posts auf „X“ ganze Märkte in Wallung bringen können, wird das noch einmal kniffliger. Und bei zunehmender Volatilität scheint dann auch noch Schnelligkeit zwingend zu sein, wo genaues Abwägen angebracht wäre, weil einem die Kurse womöglich sonst davonlaufen könnten.
DAX, Euro Stoxx 50 & Co. versus Dow Jones, S&P 500 und Nasdaq: Anschnallen!
Dass Entscheidungen zahlreicher und zwingender sowie das Trading in unmittelbar nächster Zeit schneller, volatiler und damit deutlich anspruchsvoller werden dürften, gilt vor allem für die Aktienindizes der Eurozone. Denn wie der folgende Chart zeigt, ist es der DAX, der, neben anderen Indizes aus dem Euroraum, den US-Märkten davongelaufen ist. Während der Dow Jones den Anstieg, der als Reaktion auf die US-Wahl Anfang November entstanden war, zeitweise komplett abverkauft hatte, lief der DAX an der Börse aktuell immer höher. Und damit in genau die Richtung, in der das dünne Eis wartet, denn:
Es ist die Eurozone, die wirtschaftlich schwächer dasteht. Es mag wohl sein, dass das Zinssenkungs-Potenzial hier höher ist als in den USA, aber das liegt ja an der konjunkturell weit besser dastehenden US-Wirtschaft und ist so für den Aktienmarkt kein unmittelbarer Pluspunkt. Und jetzt kommt eben auch noch Donald Trumps Wirtschaftspolitik hinzu. Grundsätzlich versuchten alle vorherigen US-Regierungen genauso, für die USA eine bessere wirtschaftliche Position zu erreichen, aber Trump geht da eben viel radikaler vor.
Nicht nur China, auch die Eurozone muss sich warm anziehen. Und das ist ein potenziell bärischer Aspekt, der angesichts dieser Schere zwischen vorsichtiger werdenden US-Börsen, wo man Vorsicht angesichts der Hoffnungen auf schnelle Effekte der „Trumponomics“ nicht zwingend erwarten würde und auf neue Mehrjahres-Hochs (Euro Stoxx 50) oder gar Allzeithochs (DAX) laufenden Euro-Indizes besonders dort ein bedeutendes Risiko darstellt.
Wie man sich auf dieses veränderte Kursverhalten einstellen könnte
Heute ist an den US-Börsen ein Feiertag, aber morgen dürften die US-Märkte bereits auf eine ganze Vielzahl von Entscheidungen reagieren, die man hier und jetzt im Detail noch nicht kennt. Das wird unseren Aktienmarkt nicht kalt lassen. Da ist ein Konzept gefragt, mit dem man dieser alten und neuen „Trump-Börse“ sinnvoll begegnen kann. Also, wie könnte man mit dieser wahrscheinlich schon jetzt deutlich steigenden Schwankungsintensität umgehen?
Aus meiner Sicht wäre es am wichtigsten, sich nicht in die Zwangslage zu bringen, auf Überraschungen reagieren zu müssen, weil die eigene Positionierung zu riskant und/oder zu groß ist, um unerwartete, große Sprünge auszuhalten. Denn nur, wer nicht in eine „friss oder stirb“-Lage kommt, kann es sich leisten, in aller Ruhe abzuschätzen, ob der soeben entstandene Kurssprung die Basis eines größeren Trends werden kann oder vermutlich nach der ersten Hektik in sich zusammenfällt. Die Chance, unter Unsicherheit richtig zu entscheiden, steht und fällt mit dem „Luxus“, sich Nachdenken leisten zu können, wo andere durch das zu hohe Risiko ihrer Depots von den Kursen vor sich hergetrieben werden.
Das Risiko in volatilen Phasen herunterzufahren, ist daher erste Trader-Pflicht. Mit niedrigeren Hebeln und/oder kleineren Positionen zu arbeiten ist da ratsam. Das führt zu einer höheren Kapitalreserve, die es Ihnen ermöglicht, auf unverhoffte Chancen zu reagieren, statt sie mangels „Masse“ an sich vorbeiziehen zu sehen. Und streuen Sie Ihre Positionierung. Auf ein oder nur wenige Pferde zu setzen, ist ohnehin nie besonders ratsam, aber wenn die Märkte eine Achterbahnfahrt erwarten lassen, gilt das ganz besonders. Wir sehen spannenden Zeiten entgehen, in denen diejenigen die besten Karten haben, die sich darauf einstellen konnten!
Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche!
Ihr
Ronald Gehrt
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