Börse aktuell

Hier erfahren Sie, was an der Börse aktuell geschieht. Unser Börsenexperte Ronald Gehrt beobachtet täglich das aktuelle Börsengeschehen und fasst die neuesten Börsendaten und Börsenberichte wöchentlich für Sie zusammen. Mit Börse aktuell bringen wir die wichtigsten Börsennachrichten auf den Punkt und kommentieren, was momentan an der Börse los ist.

Börse: Aktuelle Nachrichten der Woche

Neues von der Börse: Unsere aktuellen Börsennachrichten informieren Sie jede Woche über die derzeitige Börsenentwicklung. Was beschäftigt die Börse? Was steht diese Woche an? Diktieren Bullen oder Bären die Märkte? Sollten Sie Ihre Investitionen erhöhen oder lieber Gewinne mitnehmen? Wir geben Ihnen die Antworten auf diese Fragen, wagen einen Ausblick auf die kommende Börsenwoche und bewerten anstehende Ereignisse, die Auswirkungen auf den Börsenverlauf haben könnten.


Börse aktuell vom 18.-24.11.2024

Die Risiken sind fast immer unter der Wasserlinie – dort muss man jetzt hinsehen!

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Dow Jones
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Zur Dow Jones

Ein Schiff sinkt nicht, weil auf dem Promenadendeck ein Glas Champagner umfällt. Es sinkt, weil unter der Wasserlinie, von allen unbemerkt, ein Leck entstanden ist. Ähnlich ist es auch an den Börsen. Es ist entscheidend, nicht nur den Blick auf das zu werfen, was die Medien beherrscht, sondern auch hinter den Vorhang auf kleinere Bereiche zu schauen. Denn wenn die nicht so laufen wie die Kurse auf der großen, medialen Bühne, ist Vorsicht angesagt. Und da gibt es derzeit einige Bereiche, auf die man aufpassen sollte.

Donald Trump hat die Wahl gewonnen. Nach seiner ersten Wahl ging es steil aufwärts, also taten viele Akteure an den Bösen aktuell diesmal genau dasselbe. Doch auch, wenn die Börsenhistorie für Investoren viele entscheidende Beispiele liefert, wie eine bestimmte Situation ablaufen kann, so ist nichts, was heute passiert, eine exakte Kopie vergangener Jahre. Irgendetwas ist immer anders. Das können Kleinigkeiten sein. Es können aber auch Faktoren sein, die dazu führen, dass man mit der Strategie, einfach zu tun, was andere in einer ähnlichen Situation auch taten, Schiffbruch erleidet … einfach, weil die Ähnlichkeit nur oberflächlich ist.

Die erste Reaktion war tatsächlich eine Art Kopie der Tage nach der US-Wahl 2016, dazu auch mehr in einem Webinar, das ich an diesem Mittwoch um 19 Uhr zu diesem Thema halten möchte, die Möglichkeit, daran teilzunehmen, finden Sie hier: Aktienmärkte nach der US-Wahl: Blaupause 2016 … oder wird diesmal alles anders?

Das US-Flaggschiff präsentiert sich stark … die gesamte Flotte weitaus weniger

Aber das galt nur für die Wall Street, in Europa, wo es damals auch aufwärts ging, wurde verkauft. Denn diesmal ist klarer als vor acht Jahren, was der kommende US-Präsident in Sachen Wirtschaft tun wird. Und das ist keineswegs erfreulich für die Eurozone … und für China. Für den US-Aktienmarkt wertet man das indes allgemein als massiv bullisch. Und ja, wenn man sich das US-Index-Flaggschiff Dow Jones so ansieht: Der Index hat zwar zuletzt etwas zurückgesetzt. Aber das ist charttechnisch gesehen noch kein Beinbruch – und nach einem derart immensen Kurssprung auch normal. Allerdings …

Börse aktuell: Entwicklung Dow Jones nach der US-Wahl 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung Dow Jones nach der US-Wahl 2024 | Quelle: marketmaker pp4

… geht es da auch nur um 30 Aktien. Und wenngleich das alles große Blue Chips sind, der Gesamtmarkt ist für die Frage, wie sich die Investoren insgesamt zu der Lage und den Perspektiven stellen, aussagekräftiger. Und wenn man sich den breiten Markt anhand des NYSE Composite Index mit seinen gut 2.000 US-Aktien ansieht, sieht die Sache schon weniger glorreich aus. Das vorherige Zwischenhoch ist bereits klar unterboten, der Ausbruch nach der Wahl also eine Bullenfalle geworden. Achten Sie daher vor allem auf dieses „Leck“ unter der Wasserlinie und die beiden jetzt wichtigen Supportlinien in Form der bereits nahegekommenen August-Aufwärtstrendlinie bei aktuell 19.400 und das direkt vor der Wahl markierte Zwischentief bei 19.200 Punkten!

Börse aktuell: Entwicklung NYSE Composite nach der US-Wahl 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung NYSE Composite nach der US-Wahl 2024 | Quelle: marketmaker pp4

In China bleiben die Daumen oben … aber nur da, wo man nötigenfalls die Daumenschraube anlegt

Auch in Sachen China ist es wichtig, nicht nur dorthin zu schauen, wo der schöne Schein nötigenfalls aufpoliert werden kann. Ein Teil der gigantischen Summen, mit denen man in Peking das Wachstum wieder flottmachen will, ist für ggf. für nötig befundene Eingriffe am Aktienmarkt reserviert, man geht da von etwa 100 Milliarden US-Dollar aus. Eine Summe, die viel am Bild des wichtigen Shanghai Composite Index aufpolieren kann. Und der kommt durchaus „poliert“ daher:

Börse aktuell: Entwicklung Shanghai Composite nach der US-Wahl 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung Shanghai Composite nach der US-Wahl 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Mitte Oktober wurden die Verkäufe nach der ersten, auf den Maßnahmen zur Wachstumsbelebung basierenden Rallye genau da abgefangen und der Index gedreht, wo es darauf ankam: Auf Höhe des Mai-Hochs als entscheidendem Support. Danach ging es wieder dynamisch aufwärts. Und selbst nach der US-Wahl hielt man sich wacker, nachdem die erwarteten Steuersenkungen für Jedermann in China ausblieben. Es wirkt, als sei hier alles im Griff, der Bruch der kurzfristigen Aufwärtstrendlinie ist noch nicht sehr deutlich … und solange das Mai-Hoch bzw. Oktober-Tief hält, ist das Gesamtbild ja noch bullisch. Doch wenn man sich dann den HSCEI ansieht, den Hang Seng China Enterprises Index, der die 50 wichtigsten China-Aktien listet, die in Hongkong frei gehandelt werden und wo Stützungen aus Peking nicht hin reichen, sieht man: Abseits des Promenadendecks scheint es ein Leck zu geben:

Börse aktuell: Entwicklung Hang Seng China Enterprise nach der US-Wahl 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung Hang Seng China Enterprise nach der US-Wahl 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Hier gab es die zweite Rallye ab Mitte Oktober nicht. Und während der Shanghai Composite noch deutlich von der entscheidenden Supportlinie entfernt ist, ist der HSCEI bereits direkt dran. Unter der Wasserlinie und daher unbemerkt von vielen hat die Hoffnung, dass China mit dem jetzt geschnürten Maßnahmenpaket umgehend die Kurve kriegt, ein erhebliches Leck. Das sollte man jetzt im Auge behalten!

Starker Dollar … und schwaches Öl?

Zwei weitere Bereiche, die meiner Ansicht nach einen genauen und steten Blick wert sind: der US-Dollar und der Ölpreis. Der folgende Chart zeigt die US-Dollar/Euro-Relation, also das übliche Bild spiegelverkehrt, weil man hier sieht, wie viel Euro ein US-Dollar gerade kostet. Und wir sehen: Der steigt, deutet bislang keine Umkehr an, wie man es am US-Aktienmarkt mehr (NYSE Composite oder auch der Russell 2000) oder weniger (Dow Jones oder Nasdaq 100) sehen kann. Ist das ein Beleg, dass man zumindest am Devisenmarkt überzeugt ist, dass die US-Wirtschaft jetzt massiv durchstarten wird?

Börse aktuell: Entwicklung Dollar / Euro nach der US-Wahl 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung Dollar / Euro nach der US-Wahl 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Das kann man so interpretieren, man könnte sich indes damit irren. Denn man kann nicht auseinanderhalten, wie viel dieser aktuellen Dollar-Käufe womöglich Käufe sind, weil man den US-Dollar als Safe Haven“-Währung sieht, sprich nicht vermehrt in Dollars umschichtet, weil man dort das stärkste Wachstum erwartet, sondern weil man zunehmende Probleme in der Weltwirtschaft befürchtet und den Greenback als relativ stabilste Währung einordnet. Dieser Gedanke kommt deswegen auf, weil das Bild bei Rohöl nicht zu einem „Hurra-Szenario“ in Sachen Wachstum passen mag:

Börse aktuell: Entwicklung Rohöl nach der US-Wahl 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung Rohöl nach der US-Wahl 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Donald Trump will die fossilen Energien wieder voranbringen, mehr Öl und Gas fördern und den Weg in Richtung erneuerbarer Energien entweder verlangsamen oder womöglich sogar rückgängig machen. Zugleich will er die Industrie wieder gezielt in Schwung bringen. Eigentlich müsste das den Ölpreis nach oben ziehen. Doch es scheint, als würde man am Ölmarkt nicht überzeugt sein, dass wir jetzt unmittelbar vor einer Wachstumsphase mit einer damit einhergehenden, anziehenden Ölnachfrage stehen. Auch das ist ein Bereich, den man, wenn man nicht von einem Leck unter der Wasserlinie überrascht werden will, unbedingt beobachten sollte.

Diesmal könnte es durchaus anders laufen

Aus meiner persönlichen Wahrnehmung heraus könnten es die jetzt Schlag auf Schlag herein kommenden Nominierungen für wichtige Ämter in der kommenden US-Regierung sein, die die Sache jetzt doch problematischer für die Investoren machen. Denn sicher könnte man es so interpretieren, dass diese die Fachleute mehrheitlich beunruhigenden Nominierungen dafür sorgen, dass verkrustete Strukturen durch frischen Wind aufgebrochen werden. Aber in erster Linie sollten Minister Erfahrung und Kompetenz mitbringen. Nicht zwingend politisch, aber fachbezogen.

Dieser Eindruck entsteht jedoch nicht. Und es scheint immer mehr Anlegern zu dämmern, dass die kommenden Jahre für die US-Wirtschaft ebenso wie für die Weltwirtschaft vielleicht mehr Wachstum, aber ganz sicher mehr Schwierigkeiten bringen. Achten Sie auf diese Lecks unter der Wasserlinie wie den NYSE Composite, den HSCEI und den Ölpreis, zudem dürfte es lohnen, die zunächst rasant nach oben geschossenen US-Bankwerte wie Goldman Sachs oder JP Morgan im Auge zu behalten!

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche!

Ihr

Ronald Gehrt

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Börse aktuell: DAX, Dow Jones und Co.

Die heutigen Top-News und Börsenmeldungen zum DAX und der Börse USA mit dem Dow Jones, dem Nasdaq und dem S&P 500 als weltweit einflussreiche Indizes bilden einen Schwerpunkt unserer aktuellen Berichterstattung von der Börse. Auch gute Aktien, die momentan sehr stark im Fokus der Anleger stehen und steigende Börsenkurse prophezeien, werden wir Ihnen hier vorstellen. So bekommen Sie einen umfassenden Börsenausblick und können Ihre eigenen Börsenprognosen verifizieren oder falsifizieren.

Börse: Aktuelle Entwicklung und Trends

Die aktuelle Entwicklung und der aktuelle Trend an der Börse werden maßgeblich von Wirtschaftsnachrichten, Konjunkturdaten und Neuigkeiten von börsennotierten Unternehmen bestimmt. Diese wirken sich nicht nur auf Aktienkurse aus, sondern auch auf andere Assetklassen wie börsengehandelte Fonds, Optionen und Futures. Des Weiteren werden durch Börsennachrichten auch die Anleihemärkte und Rohstoffmärkte in Bewegung versetzt. Daher haben wir auch die Zinsen, den Ölpreis und Goldpreis immer im Blick.

Börse: Aktuelle Tipps zum Marktgeschehen

Neben Börsennews bekommen Sie auch hilfreiche Tipps, um das gegenwärtige Marktgeschehen besser zu interpretieren. Der Börsenmarkt setzt sich aus vielen verschiedenen Märkten zusammen. Jedes Land, jede Branche und jedes Finanzprodukt wird von individuellen Faktoren beeinflusst, sodass es schwierig ist, alle Märkte mit ihren jetzigen Chancen und Risiken zu verfolgen und zu analysieren. Mit Börse aktuell liefert Ihnen unser Börsenprofi die Börseninformationen, die wirklich wichtig sind, und zugleich eine kompakte Börsenvorschau der Woche.

Börse aktuell: Die letzten Nachrichten

Erwarten Sie das Unerwartete, hatte ich vergangenen Montag getitelt. Und ja, da kam allerhand, das man in diese Kategorie einordnen darf. Einiges von dem, was vergangene Woche alles passierte, war zwar nicht völlig überraschend. Aber viele Anleger waren offenbar nicht darauf eingestellt. Und das könnte jetzt dazu führen, dass über die Aktienmärkte der Eurozone ein Sturm fegt. Ein Blick auf die Ausgangslage.

Das Wochen-Minus des DAX war zwar nicht der Rede wert. Aber eigentlich hatten viele ja damit gerechnet, dass er am Ende der Woche nach oben ausgebrochen sein würde, weil das US-Wahlergebnis, die US-Notenbanksitzung und die Konkretisierung der angekündigten, weiteren Konjunkturstimuli in China die Kurse befeuern würden. Es kam anders. Und wenn man sich ansieht, dass der Euro Stoxx 50 im Wochenvergleich deutlicher verloren hat als der DAX, wird klar:

Das war wohl nichts, war aber vermutlich noch lange nicht alles, was den Bullen Sorgen machen wird. Denn genaugenommen lief an der Börse aktuell nichts so wie seitens der Optimisten erhofft. Und dass die Entlassung des deutschen Finanzministers durch den Kanzler, der daraufhin erfolgte Abgang der FDP aus der Regierungskoalition sowie die damit anstehende Vertrauensfrage nebst baldiger Neuwahlen den DAX ein wenig stabilisierten, mag zwar sein. Aber es dürfte, bei genauerem Nachdenken, am Ende eher zu weiterem Druck führen. Schauen wir uns mal an, was wir jetzt auf dem Tisch haben.

Börse aktuell: Entwicklung Euro Stoxx 50 im Jahr 2024 - Gegenwind für die Bullen | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung Euro Stoxx 50 im Jahr 2024 – Gegenwind für die Bullen | Quelle: marketmaker pp4

Donald Trumps Wirtschaftspolitik wird am Ende niemandem nutzen

Donald Trump hat die Wahl gewonnen. Und das so deutlich, dass er diesmal nicht nur die Mehrheit der abgegebenen Stimmen landesweit erreicht hat, sondern Senat und Repräsentantenhaus jetzt beide in republikanischer Hand sind. Das bedeutet: Er kann so ziemlich alles tun und lassen, was ihm beliebt. Dass er seine Pläne in Sachen „Stärkung der US-Wirtschaft“ umgehend umsetzen wird, ist anzunehmen. Wie die aussehen, hat er zum einen ja mehrfach dargelegt, zum anderen in seiner ersten Amtszeit ja auch bereits umgesetzt.

Sein Ziel: Die US-Unternehmen sollen gefälligst in den USA produzieren und nicht irgendwo im Ausland. Und die US-Bürger sollen US-Waren kaufen und keine Importware. Seine geplante Vorgehensweise: Massive Anhebung der Einfuhrzölle, was dann auch die Waren von US-Unternehmen beträfe, die außerhalb produziert wurden. Und nötigenfalls weitere Strafen für „abtrünnige“ US-Firmen. Dass dies ebenso wie die angekündigten Steuersenkungen im ersten Moment zu einer Super-Rallye führte, wundert nicht, auch, wenn diese Vorgehensweise so nicht funktionieren wird, sondern, wie beim ersten Mal auch, allen schadet, den US-Unternehmen, den Importeuren, den Verbrauchern.

Zumal es ja das Gesamtpaket ist, was die Trader zum Einstieg lockte: Hohe Einfuhrzölle, Steuersenkungen, Deregulierung der Banken. Das klingt nach einer in sich fast geschlossenen Wirtschaft mit mehr Geld für alle. Also wurde sofort massiv zugelangt. Das Ergebnis sehen Sie im Chart:

Börse aktuell: Entwicklung S&P 500 im Jahr 2024 - Neue Rekorde | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung S&P 500 im Jahr 2024 – Neue Rekorde | Quelle: marketmaker pp4

Alle drei großen US-Indizes, hier im Chart der S&P 500, der die Dow Jones-Aktien ebenso wie alle wichtigen Aktien des Nasdaq 100 mit einschließt, erreichten zum Wochenschluss Allzeithochs. Das erinnert nicht nur an die ersten Tage nach Trumps Wahlsieg 2016, das ist eine glatte Kopie der damaligen Phase. Nur, dass man diesmal gleich die „Schock-Verkäufe“ der Wahlnacht 2016 wegließ, die damals mit der Brechstange aufgekauft wurden.

Richtig ist dabei, dass diese drei Faktoren Deregulierung, Zölle und Steuern einen unmittelbar bullischen Effekt erzielen. Für China und Europa als wichtigste Importeure in die USA natürlich vice versa einen negativen, weshalb die Kurse in Europa dann ja auch nach anfänglichem, ein wenig irre geleitetem Anstieg am Mittwoch fielen. Richtig ist aber auch, dass diese Maßnahmen am Ende auch den USA schaden. Denn so werden die US-Produkte wegen der dort höheren Löhne teurer. Sinken die Steuern, so die Theorie, macht das nichts, dann können sich die US-Bürger das auch leisten. Und die geringeren Steuereinnahmen durch US-Steuerzahler werden durch höhere Steuereinnahmen aus gestiegenen Gewinnen der US-Unternehmen überkompensiert. Klingt logisch, hat aber gleich vier Haken.

Man vergisst dabei zum einen den Aspekt der US-Exporte: Europa und China werden sich gegen hohe Zölle mit eigenen Zöllen gegenüber US-Produkten wehren, das wiederum drückt auf den Umsatz der US-Firmen. Zum anderen wird nicht alles, was die USA brauchen, auch dort hergestellt. Das lässt sich nicht von eben auf gleich beheben. Drittens werden die automatisch höheren Preise das Inflationsproblem wiederbeleben. Und zuletzt dürfte Donald Trump ja dafür kräftig Sozialleistungen kürzen … das aber führt dazu, dass noch mehr Menschen in soziale Not geraten und daher der Absatz der teureren US-Produkte weniger anzieht als auf dem Reißbrett gedacht. Aber:

US-Börsen vs. Euro-Börsen: Diese Schere ist gerade erst dabei, sich zu öffnen

Erst einmal kann das einen kurzfristigen Boom-Effekt auslösen. Und auf genau den setzten die Trader. Was mittelfristig passiert, ist ihnen für den Moment egal – alles andere hätte auch überrascht. Das heißt: Die Luft, die die US-Indizes noch nach oben hätten, könnte ausgelotet werden. Und dass den Bullen dabei das Geld nicht in unmittelbar nächster Zeit knapp wird, ließe sich dadurch sicherstellen, dass man Kapital dort abzieht, wo es jetzt schlecht angelegt und gefährdet wirkt: In China ebenso wie in der Eurozone als potenzielle Verlierer der Agenda einer neuen US-Regierung.

Börse aktuell: Entwicklung S&P 500 und Euro Stoxx 50 im Vergleich im Jahr 2024 - Die Schere wird größer | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung S&P 500 und Euro Stoxx 50 im Vergleich im Jahr 2024 – Die Schere wird größer | Quelle: marketmaker pp4

Und diese Schere zwischen den beiden Märkten, die in der abgelaufenen Handelswoche entstand, kann sich leicht noch deutlich vergrößern. Es ist ja beileibe nicht nur der US-Wahlausgang, der Druck auf die Euro-Indizes ausübt, sondern auch die Situation in China und die politische Entwicklung hierzulande. Denn ein negativer Aspekt, der DAX & Co. seit Langem bremst, bleibt aus aktueller Sicht negativ: Die Nachfrage in China.

China: Das war aus Sicht Europas nicht der große Wurf

Ich muss zugeben, dass ich bis Samstag auf die erwarteten, weiteren Konjunkturmaßnahmen aus China gewartet hatte, weil ich bei dem, was da am Freitag kam, dachte: Das kann es ja nicht sein. War es aber. Nachdem man in Peking avisiert hatte, da würde jetzt noch ordentlich was nachkommen gingen die Investoren davon aus, dass hier eine regelrechte Welle an Stimuli folgen würde, die, über die bereits gesenkten Zinsen und die Reduzierung von Kapitalvorgaben für Banken und Investoren hinaus, den Verbraucher gezielt durch niedrigere Steuern entlasten würden. Aber das passierte nicht.

Peking teilte mit, man werde den überschuldeten Kommunen und Lokalregierungen aus der Schuldenklemme helfen und dafür umgerechnet bis zu 1,3 Billionen Euro aufwenden, um diese Schulden zu reduzieren oder in Schulden mit tauglicher Bonität umzuwandeln. Aber direkte Steuerentlastungen für die Verbraucher blieben aus.

Börse aktuell: Entwicklung Shanghai Composite April bis November 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung Shanghai Composite April bis November 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Dass man diesen Berg oft „verdeckter“, weil nicht über offizielle Bilanzen laufender Schulden angeht, um einen Kollaps zu verhindern, ist sicherlich richtig und notwendig, aber das machte eher deutlich, wie problematisch die Lage ist und wird nicht dazu führen, dass die Konsumenten dort jetzt freigiebiger mit ihrem Geld umgehen. Für eine Belebung der Nachfrage nach letztlich teuren Importwaren war das nicht geeignet … daher gibt es keinen Anlass, in Bezug auf die Nachfrage-Flaute vieler Eurozone-Branchen wie Automobile, Maschinenbau, Luxusgüter oder Chemie Entwarnung zu geben.

Da diese Enttäuschung erst gegen Ende des chinesischen Börsenhandels am Freitag kam, wird es spannend zu sehen, wie die chinesischen Märkte das heute bzw. Im Rest der Woche umsetzen werden. Rutschen Shanghai Composite & Co. unter die Mai-Hochs, die hier eine Schlüssel-Unterstützung darstellen, wäre das eine Reaktion mit Symbolwirkung, die für Europa als „enttäuschte Export-Region“ zusätzlichen Druck bedeuten kann.

Deutschland: Verunsicherung statt Aufbruchsstimmung?

Dass die verfahrene Gemengelage in der deutschen Regierung durch den Bruch der Koalition jetzt einer vorgezogenen Lösung entgegensieht, ist im Grunde natürlich erfreulich und wurde auch seitens der Anleger entsprechend positiv gewertet: Am Donnerstag legte der DAX daraufhin zu. Aber am Freitag kam er eben schon wieder zurück, denn erstens wog das magere Ergebnis des Wartens auf „Neues aus China“ schwer. Zweitens wurde schnell klar:

Börse aktuell: Entwicklung DAX nach dem aus der Ampel-Regierung | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung DAX nach dem aus der Ampel-Regierung | Quelle: marketmaker pp4

Ja, vorgezogene Wahlen sind sinnvoll. Aber erstens fällt das in die erste Phase von Donald Trumps Amtszeit, in der vieles auf Deutschland und die Eurozone zukommt, während man hierzulande dann einen aufgelösten Bundestag, eine scheidende Regierung und eine Politik-Landschaft hat, die um Stimmen ringt und derweil keine Probleme löst. Und zweitens ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Wahlergebnis dem in Frankreich vom Sommer gleicht und nicht in eine schnelle und klare, neue Linie mündet, ziemlich hoch. Eine zügige Belebung der deutschen Wirtschaft, ein souveränes Kontern von Exporthürden, das ist nicht zu erwarten. Fazit:

Sturmwarnung für die Euro-Börsen

Nichts von dem, worauf das bullische Lager an der Börse aktuell gehofft hatte, ist eingetreten. China blieb blass, die höheren US-Zölle nahen, die US-Notenbank lieferte, fast untergegangen in dem Trubel, nichts Stimulierendes … und jetzt kommt auch noch eine Phase größeren politischen Durcheinanders. Da ist nichts, das die Verbraucher der Eurozone zu mehr Ausgaben locken könnte, das Gegenteil ist zu befürchten. Da ist ebenso nichts, das Umsatz und Margen der europäischen Unternehmen befeuern könnte, die Aussicht auf Zollstreit 2.0 und ein China, das erst einmal im eigenen Keller aufräumt, ist vorerst eine bärische.

Noch ist über den Umstand hinaus, dass sich zwischen US-Börsen und denen der Eurozone eine kleine Schere geöffnet hat, nichts angebrannt. Aber sobald DAX, Euro Stoxx 50 & Co die letzten Zwischentiefs unterbieten, ist das Risiko hoch, dass sich dieser Gegenwind zum Sturm auswächst. Da dann im Vertrauen darauf, dass „buy the dip“ doch zuletzt auch gut funktioniert hat, in fallende Kurse hinein die Hand aufzuhalten, könnte schiefgehen. Ein bisschen mehr Cash und ein offener Blick auf sich ggf. mit der Zeit auftuende Alternativen wäre jetzt kein Fehler.

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche!

Ihr

Ronald Gehrt

In dieser Woche stehen drei für Wirtschaft und Börse außerordentlich wichtige Ereignisse an. Eine solche Ballung kursbewegender Entscheidungen ist selten. Aber am Aktienmarkt wirkt es, als sei alles völlig normal und nichts Besonderes los. Aber das ist die sprichwörtliche Ruhe vor dem Sturm, die durchaus erklärbar ist. Warum ist das so … und was sollte man tun, wenn der Sturm losbricht?

Morgen findet die US-Wahl statt. Irgendwann im Wochenverlauf rechnet man mit der Konkretisierung der bislang nur vagen, zusätzlichen Konjunkturmaßnahmen der chinesischen Regierung – zumindest Stand Samstagabend war davon noch nichts zu sehen. Und nur zwei Tage nach der US-Wahl – und damit extrem nahe dran – entscheidet die US-Notenbank über den Leitzins, was allein durch die besorgniserregend schwach ausgefallenen Arbeitsmarktdaten des Oktobers „Pfeffer“ hätte. Aber so nahe an einer dann womöglich wegen Nachzählungen nicht einmal entschiedenen Wahl ganz besonders. Und was tut sich an Wall Street und Times Square (letzterer ist die Heimstatt der Nasdaq)? Alles völlig aufgelöst, wild durcheinander tradend, in Panik? Mitnichten.

Börse aktuell: Entwicklung S&P 500 von April bis November 2024 - Die Ruhe vor dem Sturm? | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung S&P 500 von April bis November 2024 – Die Ruhe vor dem Sturm? | Quelle: marketmaker pp4

Es wirkt, als sei alles wie immer, als sei nichts Besonderes los und auch nichts von Bedeutung in der Pipeline. Gut, wir wissen zwar, dass gerade die Akteure am Aktienmarkt Meister darin sind, Risiken einfach zu ignorieren. Aber dieses „Dreigestirn der Volatilität“, das jetzt unmittelbar ansteht, das kann doch keiner einfach ausblenden? Immerhin kann man sicher sein, dass es in den kommenden Tagen rund geht … warum tut dann keiner was?

Das Kaninchen und die Schlange oder: Wie Ameisen die Welt sehen

Das wirkt zwar völlig absurd, aber wenn man sich das mal genauer durch den Kopf gehen lässt, ist es verständlich. Vor allem aus einem Grund: Es weiß ja niemand, was bei diesen drei Terminen Wahl, China und Notenbank herauskommen wird … wie die anderen Akteure reagieren … und ob Dow, DAX & Co. am Ende der Woche meilenweit höher, meilenweit tiefer oder nach einem wilden Auf und Ab kaum verändert dastehen. Was genau sollte man also da im Vorfeld tun? Meine Sicht der Dinge dazu gleich, erst noch ein zwei Beispiele, die erklären, warum es so wirkt, als würde gar keiner wissen, dass ab morgen ein Sturm durch die Börsensäle gehen wird.

Nummer 1 ist die Phase, kurz bevor die Märkte aufgrund der Subprime-Krise in den USA so richtig in Panik gerieten. Der folgende Chart zeigt diese Zeit, zwischen Anfang August und Anfang Dezember 2008. Was war damals Sache?

Börse aktuell: Entwicklung S&P 500 von August bis Dezember 2008 - Das Platzen der US-Immobilienblase | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung S&P 500 von August bis Dezember 2008 – Das Platzen der US-Immobilienblase | Quelle: marketmaker pp4

Jeder hätte schon im Frühsommer … und zwar spätestens dann … wissen können, dass das Platzen der Immobilienblase nicht nur den US-Immobilienmarkt, sondern die gesamte US-Wirtschaft und mit ihr die Weltwirtschaft massiv in die Bredouille bringen wird. Nicht könnte, sondern wird, das war absolut absehbar. Doch Banker und Politiker überschlugen sich damit, die Sache kleinzureden. Und ganz besonders dann, wenn das Risiko so groß ist, dass es über das Vorstellbare hinausgeht, entsteht das Phänomen, dass die Anleger in eine Art die Realität verweigernde Schockstarre geraten. Sie glauben den Beschönigungen, schauen weg und tun so, als wäre nichts, einfach, weil sie wie das sprichwörtliche Kaninchen nicht imstande sind, angesichts der sie bedrohenden Schlange zu reagieren. Bis die Schlange zuschnappt:

Dann wird sofort und panisch reagiert, so wie es damals auch lief. Nach einem total ruhigen August wurde es im September stürmischer und dann, im Oktober, wurde schlicht durchgedreht. Sehen Sie sich die prozentuale Skalierung rechts an: Da gab es beim S&P 500 eine Handelsspanne um die 20 Prozent, die binnen Tagen mehrfach ausgelotet wurde: runter, rauf, runter, rauf, runter.

Oder, ein anderer Vergleich: Sie verhalten sich wie Ameisen. Diese Winzlinge ignorieren riesige Dinge einfach. Die könnten zwar gefährlich für sie sein, nur: Es hätte für sie sowieso keinen Zweck, wegzulaufen oder sich zu wehren. Also machen sie einfach weiter mit dem, was sie gerade vorhatten. Was z. B. dazu führt, dass Ameisen über einen im Gras liegenden Menschen einfach drüber krabbeln, als wäre es ein im Weg liegender Stein. Was bedeutet:

Scheuklappe Gewinne: Solange es läuft, mag man ungern aussteigen

Da die Anleger nicht wissen, was sie tun sollen, weil der Ausgang solcher in ihrer Dimension nicht überschaubaren Ereignisse ja offen ist und die Furcht davor sie vom Handeln abhält, tut sich aktuell so verblüffend wenig. Hinzu kommt ein weiterer Faktor: der Trend.

Wenn der nach oben weist, ist die Bereitschaft, sich innerlich auf einen möglichen Sturm auch nur einzulassen, bei vielen äußerst gering. Sie sagen sich: Es läuft doch. Und wenn bis jetzt nichts kippt, wird auch weiterhin nichts kippen, man sieht doch, dass keiner verkauft. Doch das ist eben nur scheinbar richtig.

Börse aktuell: Entwicklung S&P 500 von Dezember 2019 bis Mai 2020 - Der Beginn der Corona-Phase | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung S&P 500 von Dezember 2019 bis Mai 2020 – Der Beginn der Corona-Phase | Quelle: marketmaker pp4

Denn ebenso wie diejenigen, die so argumentieren, denken und handeln die meisten anderen auch. Sie verdrängen das Risiko und sagen sich: Ich kann ja immer noch aussteigen, wenn die anderen verkaufen. Was indes dazu führt, dass zu viele zugleich aus einem zu engen Notausgang hinaus wollen, so, wie es auch Anfang 2020 der Fall war. Schon im Februar war glasklar: Da kommt mit Corona Ungemach auf uns zu, das die Weltwirtschaft massiv unter Druck setzen kann und vermutlich auch wird. Doch der Markt wirkte, als sei alles wie immer. Bis dann eben doch die ersten ausstiegen und alle auf einmal dasselbe taten. Ähnliches kann auch diesmal passieren. Es muss nicht so laufen, aber:

Meine Vorschläge für die kommenden Wochen

Besser wäre, Sie erinnern sich der uralten Regel der erfahrenen Trader: Erwarten Sie immer das Unerwartete. Gehen Sie davon aus, dass diese Ruhe, die die vergangenen Wochen dominierte, die Ruhe vor dem Sturm ist. Gehen Sie zudem davon aus, dass weder Sie noch ich oder irgendjemand anders auch nur ansatzweise vorhersehen kann, wo die großen Indizes an diesem Freitagabend landen werden. Stellen Sie sich also auf eine Situation ein, in der das ohnehin normale Entscheiden in einem unsicheren Umfeld noch unsicherer wird. Und ich würde (und werde selbst) Folgendes tun:

  1. Runter mit dem Risiko. Zu spekulative Positionen dürfen jetzt nicht im Depot sein. Zu große Positionen auch nicht. Wenn Sie ahnen, dass Ihre Nerven Sprünge von fünf und mehr Prozent in egal welche Richtung bei der derzeitigen, investierten Summe nicht mitmachen, tun Sie Ihren Nerven etwas Gutes und fahren Sie die Positionen so weit herunter, dass Sie imstande sind, einen Sturm am Markt durchzuhalten, ohne in Panik zu geraten.
  2. Lassen Sie sich nicht hinreißen. Bei großen Ereignissen weiß man ohnehin nie, ob die erste Reaktion der Märkte durchgehalten wird oder es plötzlich massiv in die Gegenrichtung geht. Egal, wann Sie in einer solchen Situation auf den Zug aufspringen, er könnte Minuten vor einer Notenbremsung und der Kehrtwende stehen. Und bedenken Sie: Diesmal ist es nicht ein Ereignis von großer Bedeutung. Es sind drei. Plus nebenher noch eintrudelnde Quartalszahlen großer, hoch gewichteter Unternehmen.

Wenn man fürchten muss, dass man in einem solchen Umfeld schnell nicht mehr weiß, wo einem der Kopf steht, muss man ihn aus der Gefahrenzone ziehen und Abstand halten. Geld, das nicht im Getümmel durcheinander gewirbelt wird, sondern auf dem sicheren Konto ruht, ist in einer Situation wie dieser nicht das „tote“ Geld, das keinen Gewinn bringt. Es ist Geld, das Sie nicht verlieren können! Bleiben Sie gelassen und behalten Sie die Nerven, das ist gerade an Tagen, in denen viele vermutlich eben diese Nerven verlieren werden, Gold wert!

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche!

Ihr

Ronald Gehrt

Wenn irgendein Unternehmen schwache Bilanzzahlen abliefert oder den Ausblick senkt, ist immer von China die Rede. Die schwache Nachfrage dort drücke Umsatz und Margen, das hört man aus der Chemiebranche, der Medizintechnik, der Luxusgüterindustrie und von den Auto- und Maschinenbauern. Chinas Regierung versucht, das Wachstum dort zu beleben. Aber ob das am Ende eine gute Sache wird, ist zumindest fraglich.

In der nächsten Woche wird nicht nur die US-Wahl die Schlagzeilen bestimmen, auch das Thema China dürfte wieder brandaktuell werden. Denn über die bisherigen Maßnahmen hinaus hat man in Peking weitere Stimulus-Schritte angekündigt, die aber bislang noch nicht konkretisiert wurden. Zwischen dem 4. und dem 8. November wird das chinesische Parlament zusammentreten. Zwar kann Chinas Regierung eigentlich auch ohne dieses Parlament tun, was sie will. Aber es darf vermutet werden, dass man die bis dahin ausgearbeiteten, neuen Maßnahmen dort abnicken lassen will.

Man hofft auf steuerliche Entlastungen in China … aber wird das wirklich etwas ändern?

Was da beschlossen wird, wird aufgrund des Umstands, dass die schwache Nachfrage in China – sei es der Investitionsbereich oder der Konsum – für immens viele US- und Eurozone-Unternehmen von größter Bedeutung ist, die Aktienmärkte in Bewegung versetzen. Denn was man bislang an Stimuli beschlossen hat, weist eine entscheidende Schwäche auf: Da ist wenig bis nichts für den sprichwörtlichen „Mann auf der Straße“ dabei.

Börse aktuell: Entwicklung Shanghai Composite im Jahr 2024 - Reaktion auf Konjunkturmaßnahmen | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung Shanghai Composite im Jahr 2024 – Reaktion auf Konjunkturmaßnahmen | Quelle: marketmaker pp4

Zwar hat Chinas Notenbank die Leitzinssätze mehrfach gesenkt, die Richtschnüre für den Zinslevel bei Ratenkrediten und Hypotheken darstellen. Aber ansonsten ging es vor allem um Stimuli für die Banken und die massiv wankende Immobilienbranche. Das mag diese eine Zeit lang stabilisieren. Aber Schmerztabletten zu verabreichen heilt die Krankheit nicht. Und das gilt genauso für billigere Kredite. Denn die Verbraucher damit an die Front schicken zu wollen, würde voraussetzen, dass die auch wirklich mehr auf Kredit kaufen würden und das bislang nur deswegen nicht getan haben, weil ihnen diese Kredite zu teuer sind. Aber das ist eben mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht der Punkt.

Deshalb geht man davon aus, dass Chinas Regierung jetzt auch an das Thema Besteuerung herangeht. Und grundsätzlich wäre das auch der einzige Weg. Denn wenn ich mehr in der Tasche habe und damit mehr kaufen kann, ohne einen Kredit aufnehmen zu müssen, kann das einiges ändern, in einem Land, in dem schon zu viele zu lange zu viele Kredite aufgenommen haben. Es kann, aber es muss nicht. Und ob das die derzeit schwachen Investitionen der Unternehmen befeuert oder dann auch teurere Konsumgüter wie Luxusartikel oder teurere Autos wieder mehr gekauft werden, steht auf einem ganz anderen Blatt.

Der Karren steckt im Morast … noch stärker zu schieben, ist da nicht unbedingt klug

Zurück zum Thema der das alles auslösenden „Krankheit“. Deren Name ist „Schulden“ … und zu viele chinesische Konsumenten haben sich von ihr anstecken lassen, weil sie sie nicht nur für harmlos, sondern sogar für förderlich hielten. Als China begann, sich zu einer Industriemacht zu entwickeln, sollte das schnell passieren. Man baute auf die gewaltigen Ressourcen des Landes und wollte Europa, Japan und den USA so schnell wie möglich ebenbürtig sein. Aber das funktioniert nur, wenn man neben dem Export auch das Binnenwachstum und den Konsum massiv anschiebt. Das passierte entscheidend über den Immobilienmarkt und Kredite. China erlebte einen Bauboom … aber der schoss über das Ziel hinaus:

Börse aktuell: Entwicklung der Industrieproduktion von China von 1995 bis 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung der Industrieproduktion von China von 1995 bis 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Die Preise für Immobilien stiegen massiv, aber zugleich entstand ein Überschuss an Wohnraum, weil viele, die diesen hätten besetzen können, die explodierten Preise nicht bezahlen konnten (oder wollten). Man könnte sagen, dass China den Wunsch, so schnell wie möglich zur entscheidenden Größe in der Weltwirtschaft zu werden, mit dem Preis einer Immobilienblase bezahlte … und dabei ignorierte, dass die USA ihnen durch deren Immobilienblase zu Anfang des Jahrhunderts vorgemacht hatten, wie man es nicht machen sollte. Jetzt steckt der Karren im Morast: Die großen Immobilienkonzerne sind weiter zu einem großen Teil massiv in Nöten, die Immobilienpreise bröckeln ab, Wohnraum steht oft ungenutzt herum.

Da nun Banken die Kreditvergabe zu erleichtern und die Bedingungen für den Kauf weiterer Immobilien herunterzufahren ist nichts anderes als eine Schmerztablette: Es dämpft die aktuellen Symptome, aber es heilt nichts. Im Gegenteil. So versucht man, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben, indem man einen durch zu viel Kredit in den Sumpf gefahrenen Karren durch noch viel mehr Kredite wieder aus dem Morast holen will. Das erinnert an ein im Matsch festgefahrenes Auto: Wenn die Reifen schon durchdrehen, ist Vollgas zu geben der eindeutig falsche Weg.

Nach Boom kommt Baisse … es wäre besser, das zu akzeptieren

Ein problematischer Lösungsansatz also, nicht zuletzt deswegen, weil der Schuldenberg schon zu hoch ist, weil man versucht hat, was man in Europa und den USA auch schon versuchte: den normalen Konjunkturzyklus auszutricksen, indem man Schwächephasen durch Wachstum auf Kredit ausmerzt. Nur führt das eben dazu, dass, wer es sich irgendwie und nötigenfalls eben massiv auf Pump leisten konnte, oft schon alles hat: das zweite oder dritte Auto, den x-ten Fernseher, neue Möbel, eine renovierte Wohnung, ein Ferienhaus etc.

Zwar haben in den USA und Europa die Inflation und der Zinsanstieg das Phänomen noch verschärft, weil deswegen vieles an Investitionen und Anschaffungen vorgezogen wurde, das man jetzt eben erledigt hat, so dass das Auftrags- und Nachfrageloch nicht überraschen kann, in dem viele Unternehmen sitzen. Ein typisches Beispiel dafür war die kürzlich lancierte Meldung, dass die europäische Fahrradbranche weiterhin mit rückläufigen Absatzzahlen ringt und erst 2026 eine Erholung erwartet. Erst kam der Boom … und jetzt eben die Baisse, weil sein neues Rad hat, wer es haben wollte.

Börse aktuell: Entwicklung der Inflation in China von 1998 bis 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung der Inflation in China von 1998 bis 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Aber auch ohne dieses in China großenteils ausgebliebene Phänomen ist es eben zweifelhaft, dass man Unternehmen und Verbraucher, die ohnehin schon durch das jahrelange Voranpeitschen des Wachstums zu viele Schulden haben, durch billigere Kredite und laxere Sicherheitsvorkehrungen für die Finanzindustrie animieren könnte, noch mehr Kredit aufzunehmen. Nicht, nachdem sie gerade live erleben, wie die Rechnung dafür aussieht. Zumal besonnene Menschen ja verstehen müssten:

Das, was China jetzt in die Bredouille gebracht hat, würde so ja nur übertüncht, das Problem der Überschuldung aber zugleich größer, so dass der Zusammenbruch des Kartenhauses nicht verhindert, sondern nur auf der Zeitachse nach hinten verschoben wird. Und dann eher noch schlimmer ausfallen würde. Deshalb setzen viele auf diese angekündigten, aber noch nicht konkretisierten, weiteren Maßnahmen der Regierung, aber:

Verbraucher sind nicht einfach nur Rädchen im Getriebe – es müsste Vertrauen aufgebaut werden

Auch wenn Peking jetzt, wie man es vermuten darf, an Steuersenkungen herangeht, ist das kein Selbstläufer für mehr Wachstum und weniger konjunkturelles Absturzrisiko. Denn auch, wenn dann auch Verbraucher mit geringem oder mittlerem Einkommen in das Maßnahmenpaket einbezogen würden:

Die Leute sehen doch, dass die Sache gerade nicht rund läuft. Und sie sehen eine Regierung, die alle möglichen Maßnahmen „raushaut“, was an das „Gießkannen-Prinzip“ erinnert: Überall reichlich gießen und hoffen, das irgendwas dann schon wachsen wird. Schuld ist aber die Wachstumsphase à la Brechstange der vergangenen Jahrzehnte, ebenso wie bei uns vieles im Argen liegt, weil man nach Subprime- und Euro-Krise die Probleme nicht löste, sondern mit Nullzinsen zugekleistert hat. Wenn solche zugedeckten und daher dann nicht mehr sichtbaren Wunden aufbrechen, sind sie meist schon massiv entzündet. China versucht gerade das Gleiche.

Börse aktuell: Entwicklung Shanghai Composite und Hang Seng Enterprises im Vergleich von 2019 bis 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung Shanghai Composite und Hang Seng Enterprises im Vergleich von 2019 bis 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Aber in China ist der Kapitalismus (in seiner chinesischen Version) noch relativ neu. Ich würde mich nicht wundern, wenn viele dort genauer darüber nachdenken, als es hier der Fall wäre, ob sie mit durch Steuersenkungen höherem finanziellen Spielraum und etwas billigeren Krediten wirklich wie ein Zahnrädchen im Getriebe Pekings loslaufen und sich ein teures Auto leisten. Würden Sie das tun, wenn Sie gleichzeitig mit Sorge registrieren, dass der Immobilienmarkt trotz jahrelangem Gewurstel nicht auf die Füße kommt, die Verbraucherstimmung wackelt und die Symbole für das Wohl und Wehe der Wirtschaft in Form der Aktienindizes ebenso?

Eben. Es wäre daher ziemlich gewagt zu glauben, in China würden Unternehmen und Konsumenten tun, was wir selber nicht tun würden. Man müsste das Zutrauen stärken, eine positive Erwartung an die kommenden Jahre aufbauen. Doch diese bisherigen Maßnahmen, die nach dem Motto „viel hilft viel“ wirken, als würde die Hütte längst stärker brennen, als man es bislang dachte, bewirken eher das Gegenteil.

Auch, wenn die US-Wahl die Aktienmärkte nächste Woche wohl in starke Schwankungen versetzen wird: Wenn es zutrifft, dass Chinas Regierung die Konkretisierung der avisierten, weiteren Konjunkturmaßnahmen in die Phase der Parlamentssitzung legt, wird China nächste Woche womöglich noch weit mehr an richtungweisenden Impulsen liefern als die Wall Street – und die könnten zwar, müssen aber keineswegs nach oben führen!

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche!

Ihr

Ronald Gehrt

Es wird mal wieder Zeit für einen Blick auf das „große Ganze“. Wie stehen die Aktienmärkte derzeit da, was tut sich bei den Indikatoren im Hintergrund, wie sehen einige wichtige Rahmenbedingungen aus? Ein Rundumschlag für den Herbst 2024.

In erster Linie ist es der Trend, der für einen Anleger entscheidend ist. Ihm zu folgen ist immer weit aussichtsreicher, als sich gegen ihn zu stellen. Denn dass ein Trend endlich ist, mag zwar sein. Aber bis es soweit ist, kann man an ihm verdienen. Doch es schadet nie, immer mal wieder abzuklopfen, wie solide das Fundament eines solchen Trends ist. Denn auch, wenn man nie vorher weiß, wann genau er endet: Sind Risse im Sockel, wird dieses Ende eben deutlich wahrscheinlicher. Sehen wir uns mal einiges dazu an:

Der Trend ist weiterhin voll intakt … aber er zeigt Ermüdungsrisse

Rein aus charttechnischer Sicht passt an der Börse aktuell noch alles. Die Aufwärtstrends der großen Indizes sind intakt, wie wir es hier beispielhaft beim marktbreiten US-Index S&P 500 sehen. Kein Wunder, immerhin schlossen viele dieser Indizes am Freitag auf Rekordhoch. Und grundsätzlich wäre da noch Luft nach oben, auch, wenn die ebenfalls am Freitag absolvierte und Aufwärtstrends oft intensivierende Abrechnung am Terminmarkt jetzt als Zugpferd ausfällt. Die obere Begrenzung des Anfang 2020 etablierten Trendkanals des Index würde am Jahresende bei 6.250 Punkten liegen. Zwar fällt die negative Divergenz des RSI-Indikators auf, der im Gegensatz zum Index selbst zuletzt keine neuen Hochs mehr erreichte. Aber das ist „nur“ ein Warnsignal, ein zeitnaher Abwärtsschwenk wäre deswegen nicht zwingend.

Börse aktuell: Entwicklung S&P 500 von 2019 bis 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung S&P 500 von 2019 bis 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Was hingegen auffällt ist, dass bestimmte Bereiche und Branchen nicht mehr mitlaufen. Das äußert sich am US-Markt dahingehend, dass zum einen der Nasdaq 100 zuletzt noch keine neuen Hochs erreichte, ausgerechnet der Index also, der sonst dauernd Vorreiter ist. Zum anderen darin, dass der Dow Jones ebenso wie der den Gesamtmarkt gut abbildende NYSE Composite in Bezug auf die gesamte, bisherige 2024er-Performance hinter dem Nasdaq 100 und dem von den dort auch gelisteten Tech-Werten mitgezogenen S&P 500 her hinken. So etwas kommt im Zuge einer Branchenrotation zwar schon mal vor. Im Auge behalten sollte man es aber trotzdem, vor allem in Bezug auf unseren Markt.

Börse aktuell: Entwicklung DAX, MDAX, SDAX und TecDAX im Vergleich im Jahr 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung DAX, MDAX, SDAX und TecDAX im Vergleich im Jahr 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Denn was DAX & Co. angeht, ist die Sache deutlich extremer. Der vorstehende Chart zeigt, dass die DAX-Hausse ein Alleinflug ist: MDAX, SDAX und TecDAX weisen für das laufende Jahr nahezu keine Gewinne auf. Was nicht unbedingt wundert, immerhin kann von Wachstum in Deutschland insgesamt keine Rede sein. Da zudem die Zahl der DAX-Aktien, die besser gelaufen sind als der Index, deutlich kleiner ist als die Hälfte, ist auch die Marktbreite nicht gut: Da hätten wir einen dieser Risse im Fundament, auf die man achten muss.

In den USA passt das aber bislang noch. Wenn wir uns hier die Zahl neuer 52-Wochen-Hochs an der New York Stock Exchange (NYSE) ansehen und das mit dem in grün abgebildeten NYSE Composite Index vergleichen, sehen wir zwar, dass die Zahl neuer Hochs am Freitag deutlich niedriger lag als im September, obwohl der Index seither weiter gestiegen ist, aber:

Börse aktuell: Entwicklung NYSE Composite und neue 52-Wochen-Hochs im Vergleich von 2006 bis 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung NYSE Composite und neue 52-Wochen-Hochs im Vergleich von 2006 bis 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Diese neuen Hochs beziehen sich auf die Schlusskurse des Freitags. Um da von der Liste zu fliegen reicht es daher ja, nur eine Winzigkeit tiefer zu schließen als am Vortag. Daher ist wichtiger, dass die Zahl der Hochs insgesamt höher liegt als üblich. Kritisch würde es aber, wenn diese neuen Hochs auf hohem Niveau hektisch zu schwanken beginnen wie 2007, das würde eine zunehmende Gier in Verbindung mit Planlosigkeit der Trader indizieren … und das würde dann wirklich unmittelbare Gefahr bedeuten. Apropos Gier: Wie steht es mit der Stimmung?

Gute Stimmung ist bullisch. Zu gute Stimmung aber nicht.

Die Stimmung am US-Markt, wo sie recht tauglich (trotz seiner potenziellen Fehlerquellen) vom sogenannten „Fear & Greed“-Index gemessen wird, war zuletzt von Gier geprägt. Nicht schlimm, solange es nicht ausartet. Doch genau das scheint gerade der Fall zu sein, vor ein paar Tagen und erneut am Freitag erreichte der Indikator erstmals seit März wieder die Zone extremer Gier (extreme Greed) Diesen von CNN Business publizierten Index finden Sie unter diesem Link: https://edition.cnn.com/markets/fear-and-greed

Das Problem dabei ist: Dort, wo die Stimmung unbedingt genauso gut sein muss, um diesen Überschwang der Anleger zu unterfüttern, ist sie es nicht. So weist das US-Verbrauchervertrauen nicht aufwärts, sondern ist seit 2019 in einem Abwärtstrend unterwegs, wie der folgende Chart zeigt:

Börse aktuell: Entwicklung Dow Jones und US-Verbrauchervertrauen im Vergleich von 1999 bis 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung Dow Jones und US-Verbrauchervertrauen im Vergleich von 1999 bis 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Und eigentlich ist eine gute Verbraucherstimmung für eine stabile Hausse zwingend. Gut gelaunte, optimistische Verbraucher stärken den Konsum als tragende Säule des Wachstums und unterstützen dadurch steigende Unternehmensgewinne als Grundlage für eine Hausse. Steigen die Kurse ohne eine solche Stütze, wird die Sache fragil. Und immerhin haben die Gewinne der im S&P 500 gelisteten 500 US-Unternehmen die bisherigen Rekorde des Jahres 2021 noch nicht überboten … der Index selbst aber sehr wohl. Was sich auch in einem untypisch hohen Kurs/Gewinn-Verhältnis niederschlägt, hier in der folgenden Grafik das des Dow Jones:

Börse aktuell: Entwicklung Kurs-/Gewinnverhältnis der 30 Dow Jones Aktien von 1994 bis 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung Kurs-/Gewinnverhältnis der 30 Dow Jones Aktien von 1994 bis 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Das durchschnittliche Kurs/Gewinn-Verhältnis der 30 im Dow Jones enthaltenen Unternehmen liegt momentan bei 26,37 und damit für eine Phase außerhalb von verzerrenden Effekten so hoch wie nur sehr selten. Verzerrungen ergeben sich, wenn die Unternehmensgewinne durch eine Rezession oder Sonderfaktoren wie Corona plötzlich fallen, schneller und weiter, als die Kurse hinterher rutschen können. Da entstehen dann für kurze Zeitspannen ungewöhnlich hohe Kurs/Gewinn-Verhältnisse. Eine solche, die hohe Bewertung begründende Situation haben wir derzeit aber nicht. Und besonders auffällig ist, dass das auch den Profi-Tradern klar ist, die momentan auffallend zurückhaltend damit sind, auf Kredit zu traden. Das sehen wir hier:

Börse aktuell: Entwicklung S&P 500 und US-Börsenkredite im Vergleich von 2000 bis 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung S&P 500 und US-Börsenkredite im Vergleich von 2000 bis 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Erreicht der US-Aktienmarkt ein neues Rekordhoch, sieht man das gleiche in der Regel auch beim Volumen der Kredite, mit denen Profi-Trader die Sicherheitsleistungen für Derivate-Trades wie CFDs oder Futures finanzieren. Doch während der US-Markt das Ende 2021 markierte Hoch längst weit überboten hat, bleiben diese Margin-Kredite auffallend unter deren letztem Hoch zurück. Die Profis sind also deutlich zurückhaltender mit Trading auf Kredit, als sie es sein müssten, wenn sie diese Hausse für grundsolide halten würden. Ein weiteres Warnsignal.

China: Achten Sie auf diese Basis der Bullen-Hoffnungen!

Ganz entscheidend aber dürfte der Faktor China sein. Die vor allem durch einen massiv ins Wanken geratenen, zuvor blasenartig gewachsenen chinesischen Immobilienmarkt entstandene schwache Nachfrage in China ist für Unternehmen in den USA und Europa gleichermaßen ein Problem, denn vor allem in China sitzt die Basis weiteren Wachstums. Mit dem umfassenden Paket verschiedenster Maßnahmen zur Belebung des Wachstums wollen Chinas Regierung sowie die Notenbank mit der Brechstange wieder Schwung in die Konjunktur bringen. Das sorgte an den chinesischen Aktienmärkten für massive Käufe, die auch DAX, Dow Jones & Co. kräftig mit nach oben zogen, weil man unterstellt, dass die Unternehmen im „Westen“ dann automatisch ein großes Stück vom wieder wachsenden Kuchen abbekommen.

Börse aktuell: Entwicklung Shanghai Composite im Jahr 2024 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Entwicklung Shanghai Composite im Jahr 2024 | Quelle: marketmaker pp4

Was man bislang aber ignorierte war, was Sie im vorstehenden Chart sehen: Weil diese Maßnahmen hektisch und wild gestreut wirken, zugleich aber auch für den „Mann auf der Straße“ direkt nichts bringen, haben in China Zweifel eingesetzt, ob diese Stimuli wirklich erreichen, was man in Peking erwartet. Die wichtigen Indizes in China wie der hier gezeigte Shanghai Composite Index haben bereits die Hälfte der Hausse wieder verloren und sitzen jetzt auf entscheidenden Supportlinien, das gilt für den Shanghai Composite ebenso wie für den Hang Seng China Enterprises Index. Achten Sie auf diese Indizes, achten Sie auf diese Unterstützungslinien. Wenn die fallen, kann es leicht sein, dass es genau dieser weitere Riss ist, der das Fundament der Hausse entscheidend schwächt.

Fazit: Insgesamt steht das Barometer auf „potenziell stürmisch“

Dass man im Vorfeld der jetzt nur noch gut zwei Wochen entfernt liegenden US-Wahl so tut, als wäre das bestenfalls mäßig von Bedeutung, unterstreicht zusätzlich, wie erheblich die Gier und der Leichtsinn aktuell die Lage dominieren. Auch, wenn die Charts noch passen, das „Drumherum“ passt immer weniger. Niemand könnte ernsthaft vorhersagen wollen, wo diese Hausse ihr Hoch finden wird. Aber gerade weil man so etwas erst im Nachhinein weiß, wenn einem Hoch kein neues folgte, aus einem Rücksetzer eine Korrektur wurde und die zur Überraschung der Mehrheit auf einmal nicht mehr enden will, ist es angebracht, jetzt sehr aufmerksam zu agieren!

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche!

Ihr

Ronald Gehrt

Extreme Emotionen wie Panik oder Gier waren schon immer miserable Ratgeber für einen Investor. Aber auch, wenn sich viele dennoch nicht davon lösen können: Das weiß man. Eine andere innere Regung aber kann sich noch viel übler auswirken und ist vor allem deswegen tückisch, weil sie so normal und unauffällig daherkommt: der Gewöhnungseffekt.

„Man gewöhnt sich an alles“ ist ein oft strapazierter Spruch. Man hört das in Bezug auf das Kantinenessen, Haarausfall, ein Klappern im Cockpit des Autos, einen Tinnitus oder die immer gleichen Sprüche eines Kollegen. Und ja, da stimmt auch. Wenn bestimmte Dinge, die man im ersten Moment als störend und problematisch, sprich als negativ erlebt, andauernd wiederkommen, gewöhnt man sich daran und nimmt es als eine Art nicht zu ändernde Gegebenheit hin.

Der Vorteil des Gewöhnungseffekts ist, dass etwas normalerweise sehr Unerfreuliches zur Normalität mutieren kann. Man zuckt die Achseln, statt sich aufzuregen und kommt dadurch mit dem Störfaktor klar. Kurz: Der Gewöhnungseffekt hilft uns, gelassener durchs Leben zu gehen. Nur an der Börse, da kann er zu einem Problem werden. Auch und gerade, weil man sich besonders schnell an positive Dinge gewöhnt und erwartet, dass es so immer weitergeht.

Der Gewöhnungseffekt hat an der Börse auch seine guten Seiten

Gut ist, wenn sich ein Trader irgendwann daran gewöhnt, bestimmte Dinge, die er nicht mit Luftanhalten oder mit dem Fuß aufstampfen ändern kann, als gegeben hinzunehmen. Zum Beispiel, dass man zwar gerne immer am Hoch oder am Tief die Position drehen würde, das aber nun einmal illusorisch ist. Daran kann man sich nicht nur gewöhnen, man sollte es auch. Ebenso wie die Gewöhnung daran, dass eben nicht jeder Trade mit einem Gewinn enden kann … dass Verluste begrenzen unangenehm, aber klüger ist als Verluste bis zum Totalverlust auszusitzen … dass Geduld nun einmal zum Trading dazugehört … dass nicht alle gegen einen traden, auch, wenn sich das oft so anfühlt … und dass an der Börse das Unerwartete zuhause ist.

Wer verstanden hat, wie die Börse tickt, gewöhnt sich auch an die damit verbundenen Dinge, die einem nicht passen. Einfach, weil sie auch dann da bleiben, wenn man es nicht tut und die einzige Alternative wäre, maulend von dannen zu trotten, sprich das Handtuch zu werfen. Grundsätzlich ist es also auch an der Börse eine gute Sache, sich an bestimmte Aspekte zu gewöhnen. Aber eben nicht an alles. Sonst wird die Sache ganz leicht mal fatal.

Ich meine damit explizit die Phänomene, die mit Trends in Verbindung stehen. Dem Trend mit seinem Trading zu folgen, ist natürlich immer richtig. Aber eines der größten Probleme für Anleger ist es, in Trends rechtzeitig ein- und wieder auszusteigen Und das hat weniger mit Verunsicherung oder Misstrauen zu tun, sondern zu einem nicht unwesentlichen Teil mit dem Gewöhnungseffekt – vor allem, wenn vorher unkluge Entscheidungen vorausgingen, die darauf basierten, dass der Betroffene eben nicht erkannt hat, wie die Börse tickt. Das klingt kryptisch, daher will ich das konkret am Beispiel erklären.

Das kippt nie und nimmer: Wenn man an die ewige Hausse zu glauben beginnt

Nehmen wir als Beispiel die immense Hausse im Rahmen der Internet-Euphorie ab 1999, gefolgt vom sogenannten „Dot.Com“-Crash und der sich an ihn anschließenden Baisse. Das alles spielte sich zwischen Oktober 1999 und März 2003 ab. Dazu ein Blick auf den Chart des DAX, als dünne Linie dahinter der TecDAX, damals noch als Nemax unterwegs. Hier sehen wir die erste Phase bis zum Crash der Nasdaq in den USA und des Neuen Markts, sprich des damals als Nemax firmierenden TecDAX:

Börse aktuell: Anstieg und Rücksetzer - Kursentwicklung DAX und Nemax (TecDax) von 1999 bis 2000 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Anstieg und Rücksetzer – Kursentwicklung DAX und Nemax (TecDax) von 1999 bis 2000 | Quelle: marketmaker pp4

Dieser erste Chart hebt die Dimension des damaligen Anstiegs hervor. Der Neue Markt hatte seit seinem Start Anfang 1998 zwei starke Kaufwellen gesehen, aber die zweite endete Anfang 1999, seither war da in Sachen Hausse nicht mehr allzu viel los. Als der TecDAX im Juli 1999 knapp unterhalb des im Februar 1999 markierten Rekordhochs abdrehte, war man gut beraten, Gewinne mitzunehmen. Man war daran gewöhnt, dass nach „rauf“ eben auch mal „runter“ kommt, dass man in stark gestiegene Kurse daher ein wenig verkauft und nach der dann folgenden Korrektur billiger wieder einsteigen kann. Aber dann änderte sich das.

Ab Oktober 1999 gewann die da etablierte Aufwärtsbewegung immer mehr an Momentum, ohne dass man wirklich hätte begründen können, wieso. Und ab November erfasste diese Hausse auch immer mehr den DAX, trotz des Umstands, dass da nur wenig aus der „New Economy“ gelistet war. Zur Erinnerung:

Damals wurde propagiert, dass das Internet alles auf dem Kopf stellen werde, zusammen mit der Biotechnologie. Was zwar im Prinzip auch so kam, nicht aber die mit steigenden Kursen immer lauter und zahlreicher vertretene Behauptung, dass jetzt am Aktienmarkt jeder reich werden könne, er müsse einfach nur kaufen. Dass das genau das gleiche Gerede war wie in den Jahren vor dem Crash 1929, hätte jeder wissen können. Es wollte aber keiner wissen, denn immer mehr waren sich sicher: Das kippt nie und nimmer! Weil?

Börse aktuell: Anstieg und Rücksetzer - Kursentwicklung DAX von 1999 bis 2000 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Anstieg und Rücksetzer – Kursentwicklung DAX von 1999 bis 2000 | Quelle: marketmaker pp4

Weil unmittelbar mit dem Beginn des Jahres 2000 zwar immer öfter sehr scharfe Selloffs auftauchten, die aber jedes Mal sofort aufgekauft und in neue Hochs verwandelt wurden. Damit „lernten“ die Akteure nach und nach: Gewinne mitnehmen oder Stopps setzen führt nur dazu, dass man teurer wieder einsteigen muss. Lieber immer drin bleiben und jedes Mal, wenn der DAX wie vom Blitz getroffen fünf oder mehr Prozent verliert, dazukaufen. Kurz:

Man hatte sich, auch, weil die Gewöhnung an etwas Positives (Gewinne) schneller abläuft, daran gewöhnt, dass DAX und Nemax (TecDAX) nach jedem Rücksetzer neue Rekorde ausbilden werden und nutzte Abwärtsimpulse, scheinbar folgerichtig, zum Kauf. Aber dann änderte sich wieder etwas: Die Technologieindizes, allen voran die Nasdaq in den USA und mit ihr der TecDAX, brachen massiver weg als zuvor, wie der nächste Chart des TecDAX zeigt:

 „Hat doch eh alles keinen Zweck“: Wenn man in der Baisse resigniert hat

Da ich damals schon in diesem Bereich arbeitete und um mich herum in der damaligen Redaktion alles „perma-bullisch“ war und sich auch so verhielt (außer mir, der auf fallende Kurse gesetzt hatte, aber so früh, dass mir der Crash dann auch nichts mehr brachte) weiß ich:

Börse aktuell: Abverkauf - KursentwicklungNemax (TecDax) von 1999 bis 2000 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Abverkauf – KursentwicklungNemax (TecDax) von 1999 bis 2000 | Quelle: marketmaker pp4

Die Trader kauften wie besessen zu. Alles was da war, wurde in scheinbar jetzt „billige“ Aktien gestopft, nicht nur dort in der Redaktion, sondern fast überall. Die daraus entstehenden Rallyes hielten aber nicht vor. So wurde jedes „angewöhnte“ Kaufen in Abwärtsimpulse zu einem neuen Waterloo. Aber trotzdem gaben viele ihre Gewohnheit nicht auf. Warum? Weil eine „Gewöhnung“ an ein bestimmtes Verhalten in einem Umfeld, in dem sich Unsicherheit und Verzweiflung breit machen, umso hartnäckiger ist. Das haben wir vor 2000 x-mal erlebt und danach z.B. im Zuge der Subprime-Blase wieder. Statt „buy the dips“ nannte man das dann immer öfter „Einstandsverbilligung“, während man sich in den Ruin zukaufte … und dieses Verhalten beendeten sehr viele auch deswegen nicht, weil es immer wieder auch große Gegenbewegungen nach oben gab, wie der nächste Chart des DAX belegt:

Börse aktuell: Abverkauf - Kursentwicklung DAX von 2000 bis 2004 | Quelle: marketmaker pp4 | Online Broker LYNX
Abverkauf – Kursentwicklung DAX von 2000 bis 2004 | Quelle: marketmaker pp4

Aber am Ende standen halt doch immer wieder neue Tiefs. Und beachten Sie die prozentuale Skalierung rechts am Chartrand. Wir reden hier nicht von einer beschaulichen Korrektur, wir reden von einer gnadenlosen Baisse. Und das führte dazu, dass eine neue Gewöhnung auftauchte:

Die, dass Zukaufen in Korrekturen zwecklos ist, dass sowieso immer nur neue Tiefs kommen und man deswegen gar nicht mehr versuchen muss, einzusteigen. Die Börse wurde zum Hassobjekt der einstigen Dauer-Gewinner. Nicht, weil die Börse böse ist, sondern weil man mit stereotypem Verhalten, sprich der Gewöhnung, am Ende eben immer auf die Nase fällt.

Und das wiederum führte dazu, dass a) die Aufwärtswende viel später kam als sie von den Rahmenbedingungen hätte kommen können und vor allem b), dass extrem viele bei dieser Wende nicht dabei waren und auch Monate, oft Jahre später immer noch nicht wieder eingestiegen sind. Weil sie durch die immer wieder abverkauften Erholungen der Vorjahre daran gewöhnt waren, dass Aufwärtsbewegungen scheitern!

Warum ist heute wichtig, was vor 25 Jahren passiert ist?

Warum bringe ich das ausgerechnet heute, fast ein Vierteljahrhundert danach, aufs Tapet? Weil ich sehe, das sich auch heute an der Börse aktuell  immer mehr daran gewöhnen, dass Gewinnmitnahmen und Stoppkurse dummes Zeug sind, weil die Aktienindizes ja sowieso immer neue Hochs markieren und nichts seitens der negativen Rahmenbedingungen diese Dauer-Hausse wird kippen können. Das Problem ist, dass die Begründung nicht stimmt:

Man belegt das mit dem Umstand, dass ja bislang auch nichts Negatives zu einer Abwärtswende geführt hat und sie damit folgerichtig auch nicht kommen wird. Aber genau das erlebte und dachte man damals auch. Auch 2000 gab es eine ganze Liste an Warnsignalen, die immer wieder erfolgreich ignoriert wurden, ebenso auch vor 1987 oder vor 2008. Und vor jeder anderen, größeren Baisse der Jahrzehnte zuvor. Doch dann kam der „Tag X“, der Tag, an dem alles auf einmal anders wurde und diejenigen, die mit ihrem Gewöhnungseffekt versehen auf das sichere, neue Hoch hin in fallende Kurse zukauften, gnadenlos untergingen. Nie konnte man diesen Tag vorhersehen, nie gab es „den“ triftigen Grund, warum das jüngste Hoch das letzte wurde. Daher:

Glauben Sie auf gar keinen Fall, dass immer alles so bleibt, wie es seit Monaten läuft. Glauben Sie das in keiner Hausse, glauben Sie das in keiner Baisse. Der Gewöhnungseffekt ist für Anleger ein immenses Risiko, weil man, auch, wenn das mehr Aufmerksamkeit erfordert, nur mit dem Gegenteil auf Dauer gut fährt. Und da heißt das Motto eben nicht „alles bleibt, wie es ist“. Es lautet: „Erwarten Sie das Unerwartete“!

Ich wünsche Ihnen eine erfolgreiche Börsenwoche!

Ihr

Ronald Gehrt