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Anleihen gelten allgemein als relativ sichere Kapitalanlage und werden häufig empfohlen, um das Risiko eines Anlageportfolios zu verringern. Kursschwankungen fallen in der Regel erheblich moderater aus als bei Aktien. Deshalb werden Anleihen, insbesondere Staatsanleihen, oft auch als „sicherer Hafen“ (Englisch: „safe haven“) bezeichnet. Allerdings war am Anleihenmarkt in den Jahren vor der Corona-Krise einiges anders als üblich: Aufgrund der fallenden Zinsen waren viele Anleihen fast im selben Tempo gestiegen wie die Aktien großer Konzerne. Daher konnte man durchaus von einem „Anleihen-Hype“ sprechen. Doch dieser scheint mittlerweile beendet, denn mit den erheblich gestiegenen Zentralbankzinsen ist mittlerweile einiges an Luft aus dem Anleihenmarkt entwichen.
Aufgrund der mittlerweile etwas höheren Zinsen könnten die „langweiligen Anleihen“ mittelfristig wieder eine lohnenswerte Anlagealternative oder -ergänzung werden. Deshalb möchten wir Ihnen in diesem Artikel einen Einblick in den Anleihen-Handel geben und der Frage nachgehen, ob Sie mit Anleihen weiterhin Rendite erzielen könnten und wie Sie Ihr Depot gegebenenfalls mit festverzinslichen
Wertpapieren ausbalancieren könnten. Doch schauen wir uns zunächst an, was eine
Anleihe ist, wie sie funktioniert und welche Anleihearten es gibt.
- Was ist eine Anleihe?
- Was ist der Unterschied zwischen Aktien und Anleihen?
- Verzinsung von Anleihen: Kupon, Rendite und Stückzinsen
- Geschichte der Anleihen
- Anleihen Vergleich: Arten von Anleihen
- Klassifizierung nach der Bonität von Anleihen
- Besicherte Anleihen: Asset-backed Securities und Pfandbriefe
- Verzinsung von Anleihen: Festverzinsliche Anleihen, Floating Rate Notes und Zerobonds
- Ein relativ neues Phänomen: Negativ verzinste Anleihen
- Kapitel der Negativzinsen scheint beendet
- Sonderformen: Wandelanleihen, Aktienanleihen, Umtauschanleihen und Hybridanleihen
- Wo werden Anleihen gehandelt und wie können Sie Anleihen kaufen?
- Vorteile und Chancen von Anleihen
- Nachteile und Risiken von Anleihen: Wie sicher ist eine Anleihe?
- Zahlungs- und Bonitätsrisiken am Beispiel der Euro-Krise
- Schuldenschnitt und Rettungsschirm retten Griechenland
- Air Berlin und Thomas Cook: Geringe Auszahlungsquote aus der Insolvenzmasse zu erwarten
- Reihenweise Pleiten bei Mittelstandsanleihen
- Vorsicht bei hohen Renditen: Teil- oder Totalverlust droht
- Kursrisiken durch Zinsänderungen: Kurzfristanleger aufgepasst
- Hohe Wechselkursrisiken bei Fremdwährungsanleihen
- Alternative zu einzelnen Anleihen: Anleihen ETFs
- Welche Anleihe-ETFs kaufen?
- Anleihen-ETFs Vergleich 2024: Die besten Anleihe-ETFs
- Gesamtfazit: Anleihen und Anleihen-ETFs aktuell mittelmäßig attraktiv
- Sie möchten an der Börse Anleihe-ETFs handeln?
Was ist eine Anleihe?
Als Anleihen (auch: Obligation, Bond, Renten, Schuldverschreibung) werden verzinsliche Schuldverschreibungen mit einer bestimmten Laufzeit bezeichnet. Sie dienen Unternehmen, Organisationen und staatlichen Institutionen (den Emittenten oder Anleihe-Schuldnern) zur Finanzierung von Investitionen, Projekten oder zur Mittelbeschaffung bei sonstigem Geldbedarf. Der Gesamtbetrag einer Schuldverschreibung ist dabei in Einzelanteile von mindestens 100 Euro gestückelt, die den am Ende der Laufzeit zur Tilgung fälligen Nominal- oder Nennwert darstellen.
Was ist der Unterschied zwischen Aktien und Anleihen?
Eine Aktie ist ein Anteil an einem Unternehmen. Mit dem Erwerb wird ein Anleger zum Aktionär und ist als Mitinhaber am Eigenkapital des Unternehmens beteiligt. Eine Anleihe hingegen repräsentiert Fremdkapital. Ähnlich wie bei einem Bankkredit leihen Anleger (Anleihe-Gläubiger) einem Unternehmen dabei bis zum vereinbarten Tilgungstermin Geld gegen Zinszahlungen. Die Zinsen werden in der Regel während der Laufzeit regelmäßig (meist jährlich) vom Schuldner an den Gläubiger bezahlt.
Das Kurs- bzw. Gewinnpotenzial von festverzinslichen Anleihen ist gegenüber Aktien erheblich beschränkt, aber ein Anleihen-Eigner kann dafür in der Regel mit festen Zinseinnahmen kalkulieren. Ein weiterer Vorteil gegenüber Aktien: Im Falle einer Insolvenz werden zunächst alle Fremdkapitalschulden wie Anleihen bedient, bevor ein möglicher Rest auf die Eigenkapitalanteile (Aktien) aufgeteilt wird. Erfahrungsgemäß gehen die Aktionäre im Falle einer Pleite meist leer aus, während Anleihe-Gläubiger oft zumindest mit einer teilweisen Rückzahlung rechnen können. Im Gegensatz zu Aktien, die in der jeweiligen Währung, z. B. EUR oder USD, notieren, werden die meisten Anleihen in Prozent des jeweiligen Nominalwerts dargestellt. Ein Kurs von 101,70 bedeutet also, dass die Anleihe einen Kurswert von 101,70 % des Nominalwerts aufweist.
Verzinsung von Anleihen: Kupon, Rendite und Stückzinsen
Was ist der Kupon einer Anleihe?
Abgesehen von Ausnahmen wie Nullkuponanleihen (siehe Arten von Anleihen) werden Anleihen in der Regel einmal jährlich verzinst. Früher trugen Anleihen dazu in Papierform auf einem Bogen sogenannte Kupons (auch „Zinsscheine“ oder „Zinskupons“), die den Zinsanspruch des Wertpapierinhabers begründeten. Abgetrennt berechtigten die Kupons jährlich zur Einlösung des Zinses. Die Bezeichnung Kupon hat sich bis heute gehalten, obwohl die Abwicklung mittlerweile rein elektronisch erfolgt. In den meisten Fällen ist der Kupon ein fixer Zinssatz auf den Nominalwert einer Anleihe. Der Kupon wird vom Emittenten so gewählt, dass er in Relation zum Marktzins, der Laufzeit und der Bonität des Anleiheschuldners attraktiv genug ist, um die Anleihe platzieren zu können. Neben festverzinslichen Anleihen gibt es daneben auch Anleihen mit variablem Kupon (siehe Arten von Anleihen).
Vereinfachtes Beispiel einer Anleihe:
Laufzeit: 3 Jahre; Kupon: 2 %; Investition: 1.000 EUR; Summe aller Auszahlungen (Erträge) 1.060 EUR;
Jahr | Vorgang | Betrag | Saldo |
---|---|---|---|
0 | Kauf Anleihe | -1000 EUR | - 1.000 EUR |
1 | Zinszahlung | +20 EUR | -980 EUR |
2 | Zinszahlung | +20 EUR | -960 EUR |
3 | Zinszahlung | +20 EUR | -940 EUR |
3 | Tilgung | +1000 EUR | +60 EUR |
Was bestimmt den Kurs und die Rendite einer Anleihe?
Der Kupon ist in seiner Höhe an den Nominalwert der Anleihe gebunden und steht bei festverzinslichen Anleihen somit von vornherein fest. Der Kupon ist daher nicht zu verwechseln mit der sich verändernden Rendite der Anleihe, die sich aus dem Verhältnis des fixen Kupons zum aktuellen Kurswert der Anleihe errechnet. Verschlechtert sich die Bonität des Schuldners oder steigt das allgemeine Zinsniveau (der Marktzins) deutlich an, so verlieren Anleihen in der Regel deutlich an Wert, so dass der Kurswert dann oft unterhalb des Nominalwerts notiert. Im umgekehrten Fall, bei einer Verbesserung der Bonität oder bei einem fallenden Zinsniveau, steigt der Kurswert einer Anleihe und kann dann auch über dem Nennwert notieren. Kursveränderungen bewirken, dass sich die Anleihen-Rendite aufgrund der festgelegten Kuponhöhe entsprechend verändert. Fällt die Anleihe im Kurs, so steigt die Rendite und umgekehrt.
Was versteht man unter Stückzinsen?
War ein Anleger während des gesamten Zinszeitraums Inhaber einer Anleihe, so stehen ihm die Zinsen vollständig zu. Hat er die Anleihe jedoch erst während des Zinszeitraums erworben, so sind die Zinsen zeitanteilig zwischen Verkäufer und Käufer aufzuteilen. Da aber nur der Inhaber der Anleihe am Zinstermin den Zins für den gesamten Zeitraum erhält, muss er dem Verkäufer dessen Zinsanteile vom Beginn des Zinstermins bis zum Erwerbszeitpunkt zuzüglich zum Kurswert der Anleihe gleich mitbezahlen. Diese anteiligen Zinsen, die bei jeder Anleihen-Transaktion automatisch mit abgerechnet werden, nennt man Stückzinsen.
Geschichte der Anleihen
Als Vorläufer der heutigen Staatsanleihen gelten mittelalterliche Kriegsanleihen (italienisch: „Prestiti“), die erstmals in Venedig und Florenz dokumentiert wurden. In Venedig nahm beispielsweise der Doge Vitale Michiel II. im Jahre 1156 einen Kredit von seinen venezianischen Bürgern zu 4 % auf – die erste Frühform der Staatsanleihe. Im späten 12. Jahrhundert gab es dann bereits Inhaberschuldscheine im englischen Binnenhandel, die als Vorläufer der modernen Schuldverschreibungen galten. Sogenannte „Rentenbriefe“ (Französisch: Brevets de rente) dienten vielen Städten und Herrschaftsgebieten des Mittelalters zur Finanzierung ihrer Schulden.
Obligationen und Schuldverschreibungen setzten sich im Verlauf des Mittelalters aber auch immer mehr zur (Vor)Finanzierung von Handelsgeschäften (z. B. Seehandel) oder Kriegen durch. Für militärische Zwecke wurden den Bürgern sogar „Zwangsanleihen“ aufgebürdet, die in der Regel jedoch nicht zurückgezahlt wurden und damit eher einer Zusatzsteuer glichen. Doch auch sonst gab es viele Zahlungsausfälle bei den Frühformen der Anleihen, nicht nur bei Kriegsniederlagen. Besonders schlecht war die Zahlungsmoral dann, wenn dem Schuldner z. B. aufgrund einer starken Machtposition gegenüber dem Gläubiger keine ernsten Konsequenzen drohten.
Anleihen-Handel an der Frankfurter Börse seit dem Jahr 1830
Bereits ab Anfang des 17. Jahrhunderts wurde an der Börse in Antwerpen Anleihen-Handel betrieben. Die Einführung in Deutschland erfolgte jedoch erst zwei Jahrhunderte später, als im Jahr 1830 auf dem Frankfurter Börsenparkett erstmals Anleihen gehandelt wurden. Im Jahr 1854 notierten an der Frankfurter Börse dann unter anderem bereits 81 Eisenbahnobligationen und 30 US-Bundes- bzw. -Staatenanleihen. Vor allem in den Gründerjahren ab 1860 wurden Unternehmensanleihen ein immer beliebteres Finanzierungsinstrument, das vornehmlich über die Börse platziert wurde. Die nach dem Zweiten Weltkrieg immer stärker steigenden Staatsverschuldungen führten mehr und mehr zu einer Dominanz der Staatsanleihen am Rentenmarkt.
Anleihen Vergleich: Arten von Anleihen
Anleihen können beispielsweise nach Emittenten, Laufzeit, Risikoklasse, Verzinsung oder besonderen Rechten unterschieden werden. Als Emittent kommen beispielsweise der Staat (Staatsanleihen oder Government Bonds), eine Kommune (Kommunalanleihen), ein Unternehmen (Unternehmensanleihen), eine Bank (Bankanleihen) oder auch ein Profi-Fußballverein in Frage. Bei der Laufzeit lassen sich Anleihen in kurzfristige mit einer Laufzeit von bis zu 4 Jahren, mittelfristige mit bis zu 8 Jahren Laufzeit und in Schuldverschreibungen mit längeren Laufzeiten unterteilen.
Klassifizierung nach der Bonität von Anleihen
Auch das Ausfallrisiko, das sich nach der Bonität des Emittenten richtet, ist ein Unterscheidungskriterium für Anleihearten. Ratingagenturen wie Standard & Poor’s, Moody’s oder Fitch bewerten die Qualität von Anleihen, um den Käufern eine Klassifizierung des Risikos zu ermöglichen. Dabei reicht das Spektrum von erstklassigen „Investment Grade“-Papieren mit sehr geringer Ausfallwahrscheinlichkeit bis zu Schrott-Anleihen (Junk Bonds) mit extrem hohem Verlustrisiko, dem „Speculative Grade“. Diese werden mit einer Bewertung unterhalb des sog. Investment-Grades (niedriger als „BBB“ bzw. „Baa3“) bewertet. Bei sehr spekulativen, notleidenden Anleihen konkursgefährdeter Emittenten kann es zu Komplett- oder Teilausfällen kommen. Letztere werden bei Zustimmung der Anleihegläubiger „Haircuts“ genannt. Alternativ oder zusätzlich werden oft auch Laufzeitverlängerungen und/oder niedrigere Zinsen vereinbart.
Die nachfolgende Tabelle gibt Ihnen einen Überblick über die Symbole der Ratingagenturen Standard & Poor’s, Fitch und Moody’s:
Standard & Poor`s / Fitch | Moody`s | Erläuterung | Einteilung |
---|---|---|---|
AAA | Aaa | Höchste Qualität, nahezu kein bzw. minimales Ausfallrisiko. | Investment Grade = Anlagewürdig |
AA+ | Aa1 | Hohe Qualität; geringes Ausfallrisiko. | |
AA | Aa2 | ||
AA- | Aa3 | ||
A+ | A1 | Mittlere bis hohe Qualität; Sichere Anlage sofern keine unvorhergesehenen Ereignisse die Gesamtwirtschaft oder Branche beeinträchtigen. | |
A | A2 | ||
A- | A3 | ||
BBB+ | Baa1 | Durchschnittliche Qualität und moderates Kreditausfallrisiko, vor allem bei einer Eintrübung der wirtschaftlichen Aussichten ist aber mit Problemen zu rechnen. | |
BBB | Baa2 | ||
BBB- | Baa3 | ||
BB+ | Ba1 | Spekulative Anlage mit erheblichem Kreditausfallrisiko, geringe Deckung von Zins und Tilgung. | Speculative Grade = Hochriskant |
BB | Ba2 | ||
BB- | Ba3 | ||
B+ | B1 | ||
B | B2 | Hochspekulative Anlage, bei Verschlechterung der Lage sind Ausfälle wahrscheinlich. | |
B- | B3 | ||
CCC+ | Caa1 | Extrem spekulative Anlage, nur bei günstiger Entwicklung sind keine Ausfälle zu erwarten. | |
CCC+ | Caa2 | ||
CCC- | Caa3 | ||
CC | Ca | Moody`s: Zahlungsstörungen liegen vor. S&P /Fitch: Hohe Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls aber noch nicht in Zahlungsverzug. | |
C | |||
SD / RD | C | Moody`s: In Zahlungsverzug. | |
D | S&P /Fitch: Teilweiser, begrenzter oder vollständiger Zahlungsausfall (Default). |
Besicherte Anleihen: Asset-backed Securities und Pfandbriefe
Werden für Anleihen Sicherheiten in Form von Vermögenswerten (meist Forderungen) hinterlegt, so spricht man von Asset-backed Securities (ABS). Pfandbriefe hingegen sind Anleihen, die mit Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten (Hypothekenpfandbriefe) besichert sind.
Verzinsung von Anleihen: Festverzinsliche Anleihen, Floating Rate Notes und Zerobonds
Betrachtet man zur Einteilung von Anleihen deren Verzinsung, so wird unterschieden zwischen festverzinslichen Anleihen, der mit Abstand häufigsten Form, und variabel verzinslichen Papieren. Bei diesen sogenannten Floating Rate Notes (FRNs oder „Floater“) richtet sich die Verzinsung nach einem aktuellen Marktzins, wie z. B. dem Euribor. In der Regel wird darauf noch ein festgelegter Aufschlag bezahlt, der sich nach der Bonität des Emittenten und der Laufzeit richtet.
Daneben gibt es noch nicht verzinsliche Nullkuponanleihen oder Zerobonds. Bei Zerobonds erwerben die Käufer die Anleihe vom Emittenten in der Regel deutlich unter dem Nominalwert (Disagio). Zum Laufzeitende wird die unverzinsliche Anleihe dann zum Nominalwert getilgt, sodass der Gläubiger auf diesem Wege eine Rendite erzielt, ohne dass der Emittent während der Laufzeit Zinszahlungen aufwenden muss.
Ein relativ neues Phänomen: Negativ verzinste Anleihen
Ein relativ neues Phänomen, das als Spätfolge der Finanzkrise 2008/09 aktuell hauptsächlich Staatsanleihen von europäischen Industrienationen und Japan betrifft, ist eine negative Verzinsung. Vor 2014 waren negativ verzinste Anleihen quasi unbekannt. Nur wenige Jahre später, Ende 2020, wies ein Volumen von 18 Billionen USD oder mehr als ein Drittel aller ausstehenden Staatschulden Minuszinsen auf. Die Käufer von negativ verzinsten Anleihen nahmen pro Jahr einen überschaubaren Kapitalverlust in Kauf, um ihr Geld in „sicheren“ Staatsanleihen investieren zu dürfen. Da vom Gesetzgeber für Pensionskassen und Versicherungen eine bestimmte Quote an Staatsanleihen bestimmter Bonität vorgeschrieben war, sahen sich institutionelle Anleger quasi gezwungen, in solche Anleihen zu investieren. Auch Banken haben für überschüssige Liquidität oft nur die Wahl zwischen Pest oder Cholera: Statt noch höhere Strafzinsen auf einem EZB-Einlagenkonto zu bezahlen, wurde das Geld in etwas moderater, negativ verzinsten Staatsanleihen geparkt.
Kapitel der Negativzinsen scheint beendet
Mittlerweile gehören Negativzinsen jedoch (zumindest vorläufig) wieder der Vergangenheit an. Eine zehnjährige Bundesanleihe weist aktuell bereits wieder eine positive Rendite von +2,04 % p. a. auf, für zweijährige Anleihen gibt es immerhin +1,92 %. Der Nachfolger des im Herbst 2024 entlassenen Bundesfinanzministers Christian Lindner kann also mittlerweile keine Anleihen mit negativer Verzinsung mehr emittieren. Im August 2019 hatte der Bund erstmals eine dreißigjährige Bundesanleihe mit einer Negativrendite von -0,11 % emittieren können. Bis Ende 2021 waren sämtliche Laufzeiten der vom deutschen Staat ausgegebenen Anleihen und auch viele Unternehmensanleihen negativ verzinst. Doch dann kam es mit der stark anziehenden Inflationsrate, die auch durch den Ukraine-Krieg befeuert wurde, zu einem starken Zinsdruck nach oben. Die Europäische Zentralbank (EZB) folgte (reichlich spät) der US-Notenbank Fed und beförderte die Leitzinsen aus dem Negativbereich, sodass es zu einer nachhaltigen Zinswende kam. Mittlerweile ist die Zinstendenz allerdings – trotz weiterhin bestehender Inflationsrisiken – bereits wieder leicht abwärts gerichtet.
Sonderformen: Wandelanleihen, Aktienanleihen, Umtauschanleihen und Hybridanleihen
Wandelanleihen
Einige Anleihen sind mit besonderen Rechten ausgestattet. Wandelanleihen (Englisch: Convertible Bonds) beispielsweise sind Anleihen, die es dem Inhaber ermöglichen, die Anleihe während eines bestimmten Zeitraumes in einem bestimmten Verhältnis in Aktien des Emittenten zu tauschen. Der Anleger könnte damit in relativ sichere, aber meist sehr niedrig verzinste Anleihen investieren und gleichzeitig von steigenden Aktienkursen profitieren. Steigt der Kurs der betreffenden Aktie über den Wandlungspreis, so kann der Anleger von seinem Wandlungsrecht Gebrauch machen und erhält Aktien für seine Anleihen. Wer das Umtauschrecht nicht nutzt, der erhält weiterhin Kuponzahlungen und bekommt am Laufzeitende den Nominalbetrag zurück.
Umtauschanleihen
Ähnlich funktionieren Umtauschanleihen. Darunter versteht man Anleihen, die dem Anleger das Recht einräumen, die Anleihe in Aktien eines anderen Unternehmens umzutauschen. Im Gegensatz zur Wandelanleihe ist der Emittent der Umtauschanleihe jedoch nicht das Unternehmen, dessen Aktien geliefert werden, sondern typischerweise ein (Groß-)Aktionär. Umtausch- und Wandelanleihe haben für Anleger einen gewissen Kapitalschutz.
Aktienanleihen
Beim strukturierten Produkt einer Aktienanleihe hingegen hat der Emittent (meist eine Bank) am Ende der Laufzeit das Recht, entweder den Nominalbetrag zu 100 % zurückzuzahlen oder eine festgelegte Anzahl bestimmter Aktien zu liefern. Der Emittent wird dann Aktien liefern, wenn deren Kurswert geringer ist als der Tilgungsbetrag der Anleihe. Zum Ausgleich für diesen Nachteil ist der Kupon in der Regel deutlich höher als bei einer normalen Anleihe.
Hybridanleihen
Hybridanleihen sind nach internationalem Standard eine Mischform aus Eigen- und Fremdkapital. In den meisten Fällen weisen Hybridanleihen sehr lange Laufzeiten auf, meist laufen sie sogar unendlich (Perpetual Bonds). Der Emittent der zunächst meist festverzinslichen Hybridanleihe darf diese frühestens nach zehn Jahren zum Nennwert tilgen. Andernfalls läuft die Hybridanleihe weiter und die Verzinsung erfolgt nun gemäß dem wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens variabel mit zusätzlichem Renditeaufschlag. Hybridanleihen werden oft von Banken ausgegeben.
Nachrangige Anleihen
Die nachrangige Anleihe ist, wie der Name schon sagt, den erstrangigen Anleihen nachgeordnet. Die Nachrangigkeit kommt vor allem dann zum Tragen, wenn der Emittent zahlungsunfähig wird. Im Falle einer Insolvenz bekommen die Inhaber einer nachrangigen Anleihe erst dann Zahlungen, wenn alle anderen Verbindlichkeiten, darunter die erstrangigen Anleihen aus der Insolvenzmasse des Emittenten, bedient worden sind. Um das höhere Risiko zu rechtfertigen, liegt die Verzinsung von nachrangigen Anleihen deutlich über der von erstrangigen Schuldverschreibungen.
Inflationsgesicherte Anleihen
Um sich gegen eine steigende Inflation abzusichern, werden inflationsgeschützte Anleihen (Inflation-linked Notes) aufgelegt. Deren Rendite ist an einen Inflationsindex gekoppelt: Steigt die Inflation, so erhöht sich die ansonsten sehr geringe Rendite dieser Anleihen. Der Anleger profitiert vor allem dann, wenn die Inflation tatsächlich spürbar anzieht. Und genau das war zuletzt der Fall. Wer inflationsbesicherte Anleihen besitzt, der hatte also genau auf das richtige Pferd gesetzt.
Weitere exotische Anleihen-Varianten
Neben den vorgestellten gängigen Anleihen-Arten gibt es noch eine Vielzahl weiterer Formen, da die Spielräume zur Ausgestaltung für die Emittenten sehr groß sind. Bei sehr seltenen oder unüblichen Merkmalen in den Anleihebedingungen spricht man von exotischen Anleihenvarianten. Diese haben oft sehr spezifische Risiken, wie z. B. verschiedene Formen von Kündigungsrechten für den Emittenten.
Wo werden Anleihen gehandelt und wie können Sie Anleihen kaufen?
Auch wenn die meisten Anleihen- und Staatsanleihen-Emissionen institutionellen Anlegern vorbehalten sind: Sie als Privatanleger können die meisten Anleihen ganz normal über das Depot bei Ihrem Online Broker kaufen. Wie Aktien werden auch Anleihen an der Börse bzw. dem sogenannten Anleihemarkt oder Rentenmarkt in unterschiedlich großen Mindeststückelungen (z. B. 100 Euro, 1.000 Euro oder 100.000 Euro) gehandelt. Ebenfalls wie bei Aktien gibt es für Anleihen jeweils eine Wertpapierkennnummer und eine ISIN. Auch den bisherigen Kursverlauf können Sie anhand eines Charts betrachten. Die An- und Verkaufskurse für Rentenpapiere richten sich – wie sollte es auch anders sein – nach Angebot und Nachfrage. Bei einigen Anleihen wird der Kurs allerdings z. B. nur einmal am Tag durch einen Market Maker ermittelt und abgerechnet. Schauen Sie sich also die Liquidität einer Anleihe genau an, bevor Sie investieren. Wie bei Aktien gibt es auch bei Anleihen Papiere, die aufgrund eines geringen Volumens kaum gehandelt werden und bei denen Geld- und Briefkurse teilweise enorm weit auseinanderliegen.
Wie bei Aktien gibt es in Deutschland auch für Anleihen einen regulierten und einen freien Markt. Der Großteil des Handels wird jedoch direkt zwischen den Banken über börsenunabhängige Handelsplattformen abgewickelt. Sehr liquide Anleihen werden beispielsweise an den elektronischen Handelsplattformen Eurex Bonds oder Iboxx gehandelt. Wie Sie Staatsanleihen kaufen können, erfahren Sie in unserem Artikel: Staatsanleihen kaufen – Aber wie?
Vorteile und Chancen von Anleihen
Sicherer Hafen im Krisenfall
Anleihen stellen vor allem in wirtschaftlichen Krisenzeiten oder als Absicherung gegen Rezessionsgefahren eine sinnvolle Alternative zu Aktien dar. Oftmals findet bei Einbrüchen am Aktienmarkt eine regelrechte Flucht in den „sicheren Hafen“ der Staatsanleihen statt. Dies hat sich beispielsweise während der Finanzkrise im Jahr 2008/09 gezeigt, als viele Aktien in den Keller fielen und die Anleihen-Kurse gleichzeitig durch die Decke gingen.
Kurschancen bei negativem Zinstrend & Kursrisiken bei steigenden Zinsen
Vor allem dann, wenn die Marktzinsen ausgehend von einem relativ hohen Niveau zu fallen beginnen und in einen Abwärtstrend übergehen, gewinnen Anleihen als Anlageklasse zunehmend an Attraktivität. In den Jahren nach der Finanzkrise 2008/09 setzte ein solcher Zins-Abwärtstrend ein und beförderte den Anleihenmarkt innerhalb eines Jahrzehnts in ganz neue Sphären mit teilweise negativ verzinsten Papieren. Doch diese Ära ist mittlerweile vorüber. Die anziehenden Inflationsraten, die sowohl in Europa als auch in den USA in der Spitze bei 8 % bis 10 % lagen, haben eine nachhaltige Zinswende bewirkt. So hatte beispielsweise die US-Notenbank Fed die Leitzinsen auf eine Spanne von 5,25 % bis 5,50 % erhöht, bevor sie die Zinsen zuletzt um 0,5 Prozentpunkte auf 4,75 % bis 5,00 % absenkte. Aktuell wird zumindest noch ein weiterer Zinsschritt um 0,25 Prozentpunkte erwartet.
Kalkulierbare Renditen und Zahlungsströme
Lässt man die zinsbedingten Kursschwankungen von Anleihen außer Acht, so sind vor allem die kalkulierbaren Renditen und Zahlungsströme für viele Anleger ein wichtiges Argument, das für die Anlageklasse spricht. Institutionelle Anleger wissen bereits zum Einstiegszeitpunkt, wann sie in den kommenden Jahren mit Zins- und Tilgungszahlungen in welcher Höhe rechnen können. Diese sind – sofern es nicht zu einer Zahlungsunfähigkeit kommt – unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg des Emittenten. Bei Aktien hingegen gibt es zwar Dividendenzahlungen, die sich jedoch im Verlauf der Jahre je nach Geschäftslage stark ändern können. Erhebliche Kursschwankungen machen eine vergleichbare Planbarkeit bei Aktien unmöglich.
Der Fremdkapital-Charakter von Anleihen im Insolvenzfall
Auch die Bevorzugung von Fremdkapital im Insolvenzfall ist ein Argument, das für die Anlageklasse Anleihen spricht. Während die Aktionäre als Eigentümer bei einem Konkurs in der Regel leer ausgehen, bekommen Anleihen-Inhaber zusammen mit anderen betroffenen Gläubigern die verbliebenen Vermögenswerte aufgeteilt. So bedeutet eine Insolvenz für Anleihen-Gläubiger in vielen Fällen keinen Totalverlust, sondern einen (natürlich ebenfalls schmerzlichen) Teilverlust. So haben beispielsweise die Gläubiger des „Traumschiffs“ MS Deutschland bereits 15 % des Nennwerts aus der Insolvenzmasse zurückerhalten. Darüber flossen Schadensersatzzahlungen der Rating-Agentur Scope für deren zu optimistischer Einschätzung.
Nachteile und Risiken von Anleihen: Wie sicher ist eine Anleihe?
Zahlungs- und Bonitätsrisiken am Beispiel der Euro-Krise
Das primäre Risiko besteht bei einer Anleihe immer darin, dass sich die Bonität des Anleihe-Schuldners verschlechtert und dieser in Folge in Zahlungsschwierigkeiten gerät. Das bedeutet, dass der Emittent die Zins- und Tilgungszahlungen nicht mehr pünktlich, nur noch teilweise oder gar nicht mehr leisten kann. Dies war beispielsweise der Fall, als in der Euro-Krise Staaten wie Griechenland, Portugal, Irland, Spanien und Italien aufgrund ausufernder Staatsschulden ab dem Jahr 2010 Probleme bei der Schuldenrefinanzierung bekamen. Dies äußerte sich zunächst darin, dass die Renditen der betreffenden Länder regelrecht in die Höhe schnellten und die Anleihen-Kurse in den Keller fielen. Neue Anleihen zur Bedienung von Alt- und Neuschulden konnten nicht mehr begeben werden.
Schuldenschnitt und Rettungsschirm retten Griechenland
Im Fall von Griechenland wurde deshalb ein harter Schuldenschnitt durchgeführt, das heißt Anleihen-Gläubiger mussten einen großen Teil der zukünftigen Tilgung abschreiben und große Verluste verbuchen. Außerdem wurden die Laufzeiten verlängert und die Zinsen angepasst. Auch etliche Banken aus den Krisenländern gerieten in Schieflage und konnten ihre Schulden nicht mehr oder nur noch zum Teil bedienen. Ein großangelegter und entsprechend umstrittener Rettungsschirm beruhigte schließlich den Markt und sorgte für eine Stabilisierung.
Air Berlin und Thomas Cook: Geringe Auszahlungsquote aus der Insolvenzmasse zu erwarten
Unternehmensanleihen sind häufiger von Zahlungsschwierigkeiten betroffen. Der Absturz und die Pleite des früheren SDAX-Werts Air Berlin kosteten nicht nur die Aktionäre den kompletten Einsatz, auch die Anleihen-Gläubiger erlitten annähernd einen Totalverlust. Die ausstehenden Anleihen, die noch wenige Wochen vor der Pleite im Sommer 2017 über 100 % notierten, fielen bis auf weniger als 1 % des Nominalwerts. Ganz ähnlich erging es den Gläubigern des britischen Reisekonzerns Thomas Cook, der im Jahr 2019 Insolvenz anmeldete. Eine mit 3,875 % Kupon ausgestattete, im Jahr 2023 fällige Unternehmensanleihe fiel auf ein Kursniveau von 0,10 %, was ebenfalls einem Totalverlust gleichkam. Die Anleger rechnen bei beiden Unternehmen der Reisebranche mit einer sehr geringen Auszahlungsquote aus der Insolvenzmasse. Und zudem gibt es bis dahin in der Regel eine jahrelange Wartezeit.
Reihenweise Pleiten bei Mittelstandsanleihen
Auch zahlreiche sogenannte Mittelstandsanleihen waren in den vergangenen Jahren von Zahlungsausfällen betroffen. In erster Linie, weil keine Anschlussfinanzierungen durchgeführt werden konnten, aber in einigen Fällen auch durch betrügerische Absichten. Unter den Pleitefirmen waren Firmen wie der Windkraftanlagen-Hersteller Windreich, das Kreuzfahrtschiff MS Deutschland (bekannt als „Das Traumschiff“) oder der Modekonzern Steilmann. In allen Fällen gab es hohe Verluste für die Anleger, die meist nur einen geringen Teil ihres ursprünglichen Einsatzes wieder herausbekamen. Aufgrund der zahlreichen Pleiten gelingen heute kaum noch Platzierungen von Mittelstandsanleihen. Ein Fall ist beispielsweise eine Ende 2018 emittierte, mit 6,5 % Kupon ausgestattete Anleihe des Bundesligavereins Hertha BSC Berlin, die aktuell immerhin bei ca. 94,9 % notiert und derzeit ca. +16,9 % Rendite abwirft. Damit hat die Aktie des finanziell kriselnden Fußballvereins allerdings auch schon fast Ramsch-Status.
Vorsicht bei hohen Renditen: Teil- oder Totalverlust droht
Für Sie ist wichtig zu wissen: Weist eine Anleihe eine im Vergleich zu anderen Unternehmen sehr hohe, möglicherweise sogar zweistellige Rendite auf, so wird in der Regel die Rückzahlungsfähigkeit des Emittenten angezweifelt. Sie sollten dann vorsichtig sein und am besten die Finger von der Anleihe lassen, denn im schlimmsten Fall droht Ihnen sonst ein Teil- oder Totalverlust.
Kursrisiken durch Zinsänderungen: Kurzfristanleger aufgepasst
Ein sekundäres Risiko für Anleihen-Anleger besteht in möglichen Kursverlusten während der Laufzeit. Steigt – so wie zuletzt der Fall – das allgemeine Zinsniveau, beispielsweise getrieben durch eine anziehende Inflation, so fallen die Anleihen-Kurse, bis deren Renditen das geänderte Kursniveau reflektieren. Für Investoren, die ohnehin planen, eine Anleihe bis zur Tilgung zu halten, spielen diese Kursschwankungen kaum eine Rolle, denn die Rendite bis zum Laufzeitende wurde bereits mit dem Kauf zum Einstiegskurs fixiert. Wer sein Geld jedoch nur zwischenzeitlich anlegen möchte, um vor dem Laufzeitende wieder auszusteigen, für den wirken sich Kursänderungen voll aus. Wer also z. B. auf Kursgewinne durch ein fallendes Zinsniveau setzt, muss z. B. im Fall einer Zinswende auch mit dem Gegenteil rechnen. Es gilt: Je länger die Restlaufzeit einer Anleihe, desto höher fallen die Kursschwankungen durch Zinsänderungen aus. Dazu kommt der mögliche Kaufkraftverlust durch ein allgemein steigendes Preisniveau.
Hohe Wechselkursrisiken bei Fremdwährungsanleihen
Bei Fremdwährungsanleihen sollten Sie beachten, dass Sie damit ein nicht unerhebliches Wechselkursrisiko eingehen. Wer beispielsweise auf der Suche nach sicheren Staatsanleihen mit positiver Rendite auf die USA ausweicht, wo eine zehnjährige Anleihe aktuell mit ordentlichen 4,18 % rentiert, ist vom EUR/USD-Wechselkurs abhängig. Zinserträgen im niedrigen Prozentbereich stehen während der gesamten Laufzeit potenziell weitaus höhere Währungsschwankungen gegenüber. Wechselkursänderungen von 5 % bis 10 % oder mehr im Jahr sind eher die Regel als die Ausnahme. Deshalb bieten sich Fremdwährungsanleihen vor allem dann an, wenn Sie damit in erster Linie auf Währungsgewinne spekulieren.
Alternative zu einzelnen Anleihen: Anleihen ETFs
Was sind Anleihen ETFs?
Bei einem Anleihen-ETF oder Renten-ETF handelt es sich wie bei einem Aktien-ETF um einen passiv gemanagten Anleihen Fonds, der jedoch, wie der Name schon sagt, ausschließlich in Anleihen investiert. Ein Anleihen-ETF orientiert sich in der Regel an einem Rentenindex, also dem Kursbarometer für das jeweilige Anleihen-Segment. Gemäß der Indexgewichtung investiert der Renten-ETF in Schuldverschreibungen, mit dem Ziel, den Index so exakt wie möglich nachzubilden.
Vorteile und Chancen von Anleihen ETFs
Anleger, die in einen passiven Anleihen-Fonds investieren, sparen sich die Umschichtungen, die sie beispielsweise dann vornehmen müssen, wenn Anleihen fällig werden. Auch Ausfälle und Verluste einzelner Anleihen werden im Gesamtportfolio eines Anleihen-ETFs, durch die Risikostreuung in der Regel gut abgefedert. Dies ermöglicht es den Renten ETFs zur Steigerung der Rendite auch in etwas risikoreichere Anleihen zu investieren. Im Gegensatz zu Direktinvestments, bei denen oft hohe Mindeststückelungen von 1.000 bis 100.000 Euro gelten, sind Anleihen ETFs auch mit geringem Kapitaleinsatz beliebig handelbar. Auch kleinere Beträge von z. B. 50 Euro könnten im Rahmen von monatlichen Sparplänen in Anleihen ETFs investiert werden. Wie bei allen ETFs sind die laufenden Kosten überschaubar: Die Verwaltungs- und Managementgebühren fallen bei Anleihen ETFs erheblich geringer aus als bei klassischen Anleihen- oder Rentenfonds. Bei Letzteren fressen die Gebühren und Ausgabeaufschläge einen ordentlichen Teil der Renditen auf.
Nachteile und Risiken von Anleihen ETFs
Auch wenn Einzelrisiken durch Diversifizierung abgefedert werden, treffen die meisten Risiken für Einzelanleihen auch für ETFs als passiv gemanagte Anleihen Fonds zu. Da Anleihen ETFs im Gegensatz zu Einzelanleihen keine Laufzeit haben und das Kapital stets in neue Anleihen reinvestieren, steht vor allem das Kursrisiko durch Zinsänderungen im Vordergrund. Eine kalkulierbare Rendite ist somit ebenfalls nicht gegeben. Besonders bei Anleihen ETFs, die in Fremdwährungsanleihen, z. B. im USD-Raum, investieren, kommen erhebliche Wechselkursrisiken hinzu. Besondere Vorsicht gilt bei Anleihen ETFs, die in Hochzinsanleihen, sogenannte Junkbonds oder Schrottanleihen investieren. Hohen Renditeerwartungen stehen mindestens ebenso hohe Risiken gegenüber.
Welche Anleihe-ETFs kaufen?
Obwohl wir gegenüber den kurz- bis mittelfristigen Aussichten von Anleihen weiterhin skeptisch sind, haben wir eine Liste mit zehn ausgewählten Anleihen-ETFs für Sie erstellt. Drei Anleihen-ETFs stellen wir Ihnen im Anschluss kurz vor.
Anleihen-ETFs Vergleich 2024: Die besten Anleihe-ETFs
Anleihen ETF | ISIN | Symbol | Anlagespektrum | Währung | Kosten p.a. | Basisinformationsblatt |
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Amundi Floating Rate Euro Corporate UCITS ETF | LU1681041114 | FRNE | Unternehmensanleihen Europa | EUR | 0,18 % | KID |
Amundi Index US Corporate SRI UCITS ETF | LU1806495575 | UCRP | Staatsanleihen USA | USD | 0,16 % | KID |
iShares Germany Government Bond UCITS ETF | IE00B5V94313 | IS0L | Staatsanleihen Deutschland | EUR | 0,20 % | KID |
iShares Euro Corporate Bond Large Cap UCITS ETF | IE0032523478 | IBCS | Unternehmensanleihen Europa | EUR | 0,20 % | KID |
iShares Global Corp Bond Hedged UCITS ETF | IE00B9M6SJ31 | IBCQ | Unternehmensanleihen Global | EUR | 0,25 % | KID |
iShares Euro Government Bond 1-3yr UCITS ETF | IE00B14X4Q57 | SXRN | Staatsanleihen Europa | EUR | 0,20 % | KID |
Lyxor Core US Treasury 10+Y (DR) UCITS ETF | LU1407890620 | DJAD | Staatsanleihen USA | USD | 0,07 % | KID |
SPDR Barclays 15+ Year Gilt UCITS ETF | IE00B6YX5L24 | SYBL | Staatsanleihen Großbritannien | GBP | 0,15 % | KID |
SPDR Barclays Sterling Corporate Bond UCITS ET | IE00B4694Z11 | SYBS | Unternehmensanleihen Großbritannien | GBP | 0,20 % | KID |
PIMCO Emerging Markets Advantage Local Bond Index UCITS ETF | IE00B4P11460 | PJSA | Staatsanleihen aus Schwellenländern | USD | 0,61 % | KID |
Der 2,28 Mrd. Euro schwere iShares Euro Corporate Bond Large Cap UCITS ETF (ISIN: IE0032523478 – Symbol: IBCS – Währung: EUR) investiert in liquide Euro-Unternehmensanleihen von erstklassigen europäischen Großkonzernen mit unterschiedlichen Restlaufzeiten. Die Zinserträge werden quartalsweise an die Anleger ausgeschüttet. Die Kostenquote ist mit 0,20 % p. a. überschaubar. Von dem Hochs im Jahr 2021 gerechnet hat der ETF im Tief ca. -17 % an Wert verloren, aktuell beträgt das Minus noch rund -11 %.
Ebenfalls in Unternehmensanleihen, jedoch mit variablen Zinsen, investiert der Amundi Floating Rate Euro Corporate UCITS ETF (ISIN: LU1681041114 – Symbol: FRNE – Währung: EUR), der rund 1,04 Mrd. EUR Fondsvolumen verwaltet und jährliche Gebühren in Höhe von 0,18 % kostet. Der Floating Rate Note ETF, der ebenfalls nur in Investment Grade Papiere investiert, verlor im Gegensatz zum zuvor vorgestellten ETF nicht an Wert und hält sich damit um ein Vielfaches stabiler als andere Anleihen-ETFs. Die langfristigen Risiken sind durch die Zinsanpassungen erheblich niedriger als bei ETFs, die in festverzinsliche Anleihen investieren. Allerdings gibt es entsprechend auch kaum Kurssteigerungspotenzial bei fallenden Zinsen. Wer in einen sehr stabilen Anleihen-ETF investieren möchte, der sollte sich dieses Wertpapier näher ansehen.
In langlaufende US-Staatsanleihen mit mindestens 10 Jahren Restlaufzeit investiert der 285 Mio. EUR schwere Amundi US Treasury Bond Long Dated UCITS ETF (ISIN: LU1407890620 – Symbol: DJAD – Währung: USD). Die Kostenquote fällt mit nur 0,07 % p. a. extrem gering aus. Aufgrund der langen Restlaufzeiten ist der Anleihen-ETF seit dem Hoch im Jahr 2020 bei knapp 175 % sehr stark gefallen und notiert aktuell im Bereich von 102,88 %. Der Anleihen-ETF könnte für Anleger dann interessant werden, wenn sich in den USA ein Ende der Zinserhöhungen bzw. eine Zinswende abzeichnet. Der Amundi US Treasury Bond Long Dated UCITS ETF ist aufgrund der starken Hebelwirkung der Zinsen deutlich volatiler als andere Anleihen-ETFs. Einen Artikel zu allgemeinen Rentenfonds und Anleihen ETFs finden Sie hier: Rentenfonds – Funktionsweise & Definition.
Mehr Informationen zu den Produkten finden Sie hier:
Amundi Floating Rate Euro Corporate UCITS ETF
Amundi US Treasury Bond Long Dated UCITS ETF
Für Fortgeschrittene: Anleihen-Futures
Fortgeschrittene Anleger mit Erfahrungen bei Termingeschäften könnten auch über Futures in den Anleihenmarkt investieren. Am bekanntesten ist der Euro Bund Future. Der Bund Future (Abkürzung FGBL = Federal Government Bond Liability) ist ein Terminkontrakt, der sich auf eine fiktive, langfristige Bundesanleihe bezieht, mit einem Kupon von 6 Prozent und einer Laufzeit von 10 Jahren. Der Nominalwert eines Future-Kontraktes liegt bei 100.000 Euro. Der Multiplikator liegt demnach bei 1.000 und die Tickgröße bei 0,01 (= 10 Euro). Jeder volle Prozentpunkt (= 100 Basispunkte), den sich der Basiswert bewegt, bringt im Future eine Wertänderung von 1.000 Euro. Der Kontraktwert liegt aktuell mit ca. 13.530 Euro deutlich über dem Nominalwert, da das Zinsniveau trotz der Anstiege noch meilenweit unterhalb des angenommenen 6 % Kupons notiert. Trotzdem ist der Wert von den im Jahr 2019 erzielten Allzeithochs im Bereich von knapp 180.000 EUR schon wieder weit entfernt.
Mit Futures lässt sich auch auf fallende Anleihen-Kurse setzen
Mit einem Future kann im Gegensatz zu Anleihen und Anleihen-ETFs auch auf fallende Anleihe-Kurse gesetzt werden, denn es könnten sowohl Long- als auch Short-Positionen eingegangen werden. Doch Vorsicht: Wer einen Anleihen-Future nicht geschlossen oder in den nächsten Kontrakt gerollt hat, der muss eine Bundesanleihe mit einer Restlaufzeit von mindestens 8,5 Jahren und höchstens 10,5 Jahren entweder abnehmen oder liefern. Wer sich für den Bund Future interessiert, dem empfehlen wir unsere Artikel Der Euro Bund Future | Meine Top 5 Futures und Der Einstieg in den Futures-Handel und was Sie dabei beachten sollten. Neben dem Bund Future gibt es noch Futures auf mittlere Laufzeiten (Bobl Future mit Restlaufzeiten von 4,5 bis 5,5 Jahren) und kurzfristige Laufzeiten (Schatz Future mit Restlaufzeiten von 1,75 bis 2,25 Jahren).
Gesamtfazit: Anleihen und Anleihen-ETFs aktuell mittelmäßig attraktiv
Grundsätzlich gilt: Wie attraktiv eine Anleihe ist, liegt im Auge des Betrachters bzw. des Investors. Gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten hängt es daher vom individuellen Sicherheitsbedürfnis des Anlegers ab, ob er Anleihen trotzdem attraktiv genug für ein Investment hält. Immerhin lassen sich wieder nennenswerte Zinsrenditen erzielen. Obwohl diese die Inflationsrate nicht wirklich ausgleichen, ist das immer noch besser, als wenn das Kapital fast ohne Verzinsung auf dem Konto liegt.
Die Aussichten für Anleger sehen daher aus unserer Sicht auch weiterhin gemischt aus: Die Notenbanken befinden sich zwar in einer Zinssenkungsphase, allerdings hatten die jüngsten Inflationsdaten die Erwartungen bezüglich deutlicher Zinssenkungen wieder deutlich gedämpft. Die Marktbeobachter gehen daher für 2025 allenfalls von einem langsamen Rückwärtsgang bei den Zinsen aus. Es könnte allerdings gut sein, dass ein weiteres Anziehen der Inflationsrate einen Strich durch diese Rechnung macht. Klettern die Zinsen wider Erwarten noch deutlich weiter nach oben, so würden erneut deutliche Kurs- und Kaufkraftverluste drohen. Wir würden aktuell dazu raten, allenfalls in Anleihen mit relativ überschaubarer Laufzeit bis zu drei Jahren oder in variabel verzinste Anleihen oder entsprechende Anleihen-ETFs zu investieren. Auf diese Weise könnten sich kalkulierbare Zinserträge erzielen lassen, die zumindest einen Teil der Inflation ausgleichen.
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Quellen:
Bloomberg: World’s Negative-Yielding Debt Pile Hits $18 Trillion Record (24.04.2023); https://www.bloomberg.com/news/articles/2020-12-11/world-s-negative-yield-debt-pile-at-18-trillion-for-first-time
Deutsche Bundesbank: Monatsbericht August 2019 (24.04.2023); https://www.bundesbank.de/resource/blob/803742/1fdbbda488d6eee47187c35f428c3f8d/mL/2019-08-monatsbericht-data.pdf
Reuters: ECB goes big with 50 basis-point hike, ending negative rates era (24.04.2023); https://www.reuters.com/markets/europe/ecb-goes-big-with-50-basis-point-hike-ending-negative-rates-era-2022-07-21/
Handelsblatt: Traumnoten bis zum Untergang – Ratingagentur Scope entschädigt Kleinanleger für zu gute Bewertung (24.04.2023); https://www.handelsblatt.com/finanzen/anlagestrategie/trends/ms-deutschland-traumnoten-bis-zum-untergang-ratingagentur-scope-entschaedigt-kleinanleger-fuer-zu-gute-bewertung/23164264.html
Schroders: Sechs Gründe für eine Anlage in Anleihen mit negativer Rendite (24.04.2023); https://www.schroders.com/de-de/de/institutionelle/insights/sechs-gruende-fuer-eine-anlage-in-anleihen-mit-negativer-rendite/
Washington Post: Inflation ticked up in February as Fed weighs interest rate cuts (12.03.2024); https://www.washingtonpost.com/business/2024/03/12/fed-inflation-cpi-february/
Reuters: Fed to lower rates in Dec but slow pace in 2025 on inflation risks: Reuters poll (03.12.2024); https://www.reuters.com/markets/us/fed-lower-rates-dec-slow-pace-2025-inflation-risks-2024-11-20/