CAC large 60: Was tut sich eigentlich in Paris?

Deutschland stellt unter den großen Eurozone-Ländern derzeit das Schlusslicht in Sachen Wachstum, aber der DAX lief in den letzten Wochen trotzdem weit besser als der französische Aktienmarkt. Denn wenn Trader etwas fürchten, dann Unsicherheit. Und die bleibt immens.

Zwischen Herbst 2023 und Juni 2024 liefen der DAX und der französische Aktienmarkt, hier gezeigt anhand des CAC large 60, der die 60 größten Aktien des Landes listet, nahezu Hand in Hand. Dann jedoch änderte sich das drastisch. Der CAC lagre 60 sackte als Ergebnis der ersten Wahlrunde zur französischen Nationalversammlung massiv durch und schaffte auch nach der zweiten, entscheidenden Wahlrunde Anfang Juli die Wende nicht. Danach wurde er ebenso wie andere Indizes vom Selloff Anfang August mitgerissen und holte vergleichbar mit dem DAX mittlerweile den Großteil dieses jüngsten Abwärtsimpulses auf. Doch im Gegensatz zum DAX, der dadurch bereits wieder Tuchfühlung zum bisherigen Rekordhoch aufgenommen hat, fehlten dem CAC large 60 zum Mittwochs-Schlusskurs noch satte 9,6 Prozent zum Hoch.

Besteht also Nachholbedarf, wäre hier ein Long-Trade aussichtsreich? Dass der Index zuletzt dynamisch aufholte und damit wenigstens wieder in die Seitwärts-Spanne vom Juni und Juli zurückgelaufen ist, ist ja schon mal ermutigend … oder?

Expertenmeinung: Rein charttechnisch betrachtet ist das zwar ein erstes, positives Signal. Aber wirklich festen Boden unter den Füßen hätten die Bullen erst, wenn der CAC large 60 nicht nur die bei derzeit 8.287 Punkten wartende 200-Tage-Linie, sondern auch die Nackenlinie des markanten Doppeltopps bei 8.490 Punkten zurückerobert hätte. Und damit das gelingt, muss etwas anderes gelingen:

Die Bildung einer neuen Regierung, die den Segen der Finanzmärkte bekäme. Und da hat sich bislang unerfreulich wenig getan. Seit der Stichwahl-Runde Anfang Juli ist die bisherige Regierung kommissarisch im Amt geblieben. Präsident Macron hat noch keinen neuen Ministerpräsidenten ernannt, wobei er die Zeit der Olympischen Spiele als eine Art politische Auszeit deklariert hatte. Die aber sind jetzt vorbei und von den bislang bereits geführten Gesprächen ist noch nichts durchgesickert, das eine Tendenz zeigen könnte. Wird Macron versuchen, eine Regierung eher mit Beteiligung des linken Lagers oder doch des rechten zu bilden? Das Problem ist, dass weder links, rechts noch die Mitte eine Mehrheit haben, die Nationalversammlung ist quasi dreigeteilt. Da die einzelnen Lager aus mehreren Parteien bestehen, wäre es zwar möglich, die Lager aufzubrechen und mit einzelnen Parteien eine regierungsfähige Mehrheit zu erreichen. Aber wer mit wem … und wann?

Bislang ist alles vollkommen offen und damit auch nicht greifbar, wie sich Frankreich wirtschafts- und fiskalpolitisch in den nächsten Jahren präsentieren wird. Dass viele Anleger diesen relativ zu anderen Indizes tiefen Level des CAC large 60 nicht als Chance, sondern als berechtigten Risikoabschlag ansehen, ist daher verständlich. Hier bleibt so lange Zurückhaltung angebracht, bis absehbar wird, wohin die Reise geht. Dass dann alle auf einmal reagieren werden, mag schon sein. Aber lieber kommt man spät oder sucht sich, wenn die Reaktion zu extrem ist, andere Investment-Ziele, bevor man in einer solchen, offenen Situation voll auf dem falschen Fuß erwischt wird, weil man eine Wette riskierte, die verloren ging.