Am Tagestief wäre der DAX gestern fast aus der entscheidenden Unterstützungszone nach unten heraus gerutscht, am Handelsende hatte er sie verteidigt. Aber dass die Aufholjagd eine Rettungsaktion war, war nicht zu übersehen. Und das dürfte die Bären zuversichtlich stimmen.
Es geht um eine immens wichtige Chartzone. Bereits letzte Woche hatte der Bereich 18.780 zu 19.045 Punkte im Feuer gestanden, aber es gelang, den DAX aus der Zone nach oben hinaus zu ziehen. Man kam jedoch nicht weit, am Dienstag war er schon wieder drin. Und mit einem Tagestief von 18.812 Punkten noch tiefer als in der Vorwoche. Dass der Leitindex am Ende knapp 250 Punkte über diesem Tagestief aus dem Handel ging und damit den Tag knapp über dieser Zone beendete, könnte die Bullen hoffnungsvoll stimmen. Aber man sollte Hoffnung nicht mit Entwarnung verwechseln, die Sache ist noch nicht entschieden.
Das bullische Lager hat schon seit einiger Zeit ein Problem. Und dass es bis in den Oktober hinein gelang, die kritischen Faktoren vom DAX fernzuhalten, heißt nicht, dass sie nicht da wären. Das ist den meisten Bullen klar … und ihnen ist wohl ebenso klar, dass das auch das Bären-Lager weiß.
Dass Donald Trumps Wahlsieg für Europa ein Wachstumsmotor werden könnte, haben sich wohl ohnehin die wenigsten eingebildet. Aber jetzt ist auch die Hoffnung, dass aus China ein Ausgleich durch eine zügig anziehende Nachfrage nach deutschen Exportgütern kommen könnte, erst einmal begraben. Und mittlerweile beginnen viele auch noch zu realisieren, dass diese Gemengelage dazu führen kann, dass die EZB die Leitzinsen nicht so schnell senkt wie erhofft. Im Fall drastischer Auswirkungen der US-Zollvorhaben auf die Preise von Energie und Rohstoffen sogar Inflation bei stagnierendem Wachstum auftreten und in das oft hartnäckige Szenario der Stagflation führen kann. Dies im Verein mit einer ungewöhnlich hohen Zahl an gesenkten Umsatz- und Gewinnprognosen in vielen Branchen deckelt den Spielraum des ohnehin schon eher teuer bewerteten DAX vorerst.
Expertenmeinung: Jeder Deckel ließe sich heben, auch dieser. Aber dazu bräuchte es Aufbruchsstimmung und Kapitalzuflüsse, die potenziellen Verkaufsdruck im Bereich des bisherigen Hochs einfach überrennen würden. Da es dafür aktuell aber wenig Anlass gibt, wird das eher knifflig.
Daher wäre zu vermuten, dass viele von denen, die den DAX gestern aus einer Unterstützungszone zogen, deren Bruch eine Toppbildung vollenden und den Weg zumindest mal an die bei 18.420 Punkte verlaufende 200-Tage-Linie freigeben würde, vor allem deswegen zugriffen, weil ihnen ein solcher Ausbruch nach unten ernsthafte Probleme bereiten würde. Und eben nicht, weil sie sicher sind, dass die Hausse-Party jetzt in die nächste Runde geht. Das Dumme dabei ist eben:
Die Bullen wissen, dass die Bären wissen, dass das die meisten Bullen auch wissen. Damit wurde diese Zone zwar jetzt zum zweiten Mal in kurzer Zeit „gerettet“, ist dadurch aber noch wichtiger geworden. Jetzt dürften knapp darunter noch mehr Stop Loss-Orders Long liegen. Jetzt hätten die Bären noch weniger Grund, schon nach einem kurzen Unterschreiten der Zone ihr Ziel als erreicht anzusehen und den DAX durch Short-Eindeckungen unfreiwillig wieder nach oben zu ziehen. Was heißt: Ein dritter Test kann jederzeit erfolgen. Und dass dieser Bereich 18.780/19.045 Zähler dann erneut hält, ist eher fraglich.
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