Exakt am Tief kaufen und am Hoch verkaufen ist nicht realistisch
Große Gewinne an der Börse zu erzielen – und das auch noch nachhaltig und nicht nur auf Basis kurzlebigen Glücks – ist gar nicht so einfach. Dazu muss ein Anleger sein Handwerk verstehen. Aber es ist kein Hexenwerk. Was man braucht, ist ein wenig Basiswissen im Bereich Chart- und Markttechnik, ein wenig gesunden Menschenverstand, Disziplin und, das ist letzten Endes das wichtigste: Geduld.
Wer es versteht, auf seine Chance zu warten, nicht vorzupreschen, sondern wie ein erfahrener Jäger den richtigen Moment abzupassen, wird belohnt. Und eine der besten Methoden, um daraus entsprechend Gewinn zu ziehen, ist die sogenannte „Bottom Fishing“-Strategie. Wir sehen uns das in diesem Beitrag einmal genauer an.
Die ersten und die letzten Punkte sind die Teuersten
Unbedarfte Aktionäre finden die Börse gemeinhin ja ganz einfach: Man muss doch nur unten, am Tief kaufen und oben, am Hoch verkaufen. Was kann daran so schwer sein? Wer auch nur ein wenig Erfahrung an der Börse hat, könnte ob so viel Naivität an die Decke gehen. Schließlich hat man, wenn es gilt, eine Entscheidung zu treffen, nur das Hier und Heute. Im Nachhinein, ja, da kann jeder mit dem Finger auf den Chart zeigen und erklären „da hätten Sie kaufen müssen“. Aber da an einem Tief oder Hoch kein Zettel hängt, der darauf hinweist, dass hier die Wende stattfindet, weiß man das nun einmal erst im Nachhinein.
Aber trotzdem sieht sich jeder Investor Charts mit großen Trends an, schaut auf Aktien wie Apple oder Amazon und denkt sich: „Ach hätte ich damals doch nur …“. Doch immer wieder auf verpasste Chancen zu starren, birgt Gefahr. Man kommt da schnell auf das falsche Gleis. Konkret auf das, auf dem man glaubt, wirklich ganz unten einsteigen und ganz oben aussteigen zu können, weil entsprechende Charts der Vergangenheit vorgaukeln, dass das grundsätzlich möglich wäre. Aber:
Das ist eben nicht realistisch. Der Tag, an dem das Tief erreicht wurde, unterscheidet sich in diesem Moment nicht von anderen Tagen, an denen es zwar zu Zwischentiefs kam, denen aber nach kurzer Erholung neue Tiefs folgten. Und in solche Fallen mehrfach zu tappen, kommt einen teuer zu stehen. Es ist schon so, wie die alte Börsenregel es sagt:
Die ersten und die letzten Punkte eines Trends mitnehmen zu wollen, kommt einen Anleger immer am teuersten zu stehen.
Aber wozu sollte man das überhaupt versuchen? Man muss sich doch nur eines überlegen: Zwei oder drei Fehlversuche, bevor man dann – vielleicht – wirklich das Tief erwischt, kosten so viel Geld, da hätte man doch auch ein wenig später, wenn die Chance auf eine Wende weitaus höher ist, einsteigen können. Die paar Punkte, die man vom Tief aus dann nicht verdient hätte, wiegen fast immer weniger schwer als die vielen, die man verliert, wenn man nicht die Geduld hat, auf den richtigen Moment zu warten. Aber wann ist der richtige Moment einen Trade einzugehen?
Bottom Fishing Strategie: Auf den richtigen Moment warten
Die Strategie des „Bottom Fishing“ bezieht sich zwar auf den Einstieg, aber das Grundprinzip gilt auch für den Ausstieg bzw. den Wechsel auf die Short-Seite: Man muss abwarten, bis die Signale, die auf einen Trendwechsel deuten, ausreichend stark sind, um mit einer hinreichend hohen Wahrscheinlichkeit nahe am Tief ein- und nahe am Hoch auszusteigen.
Grundsätzlich geht es dabei um Aktien (aber auch Aktienindizes), die sehr stark unter die Räder gekommen sind, einen langen und/oder steilen Abwärtstrend hinter sich haben und grundsätzlich Anlass zur Vermutung besteht, dass die Aktie oder der Index dadurch in den Bereich der Unterbewertung geraten ist. Aber das alleine löst nur die erste Phase des Bottom Fishing aus: die Beobachtungsphase. Denn eines muss klar sein:
„Unterbewertet“ oder „weit genug gefallen“ sind subjektive Einschätzungen.
Erst, wenn das Gros der anderen Investoren das genauso sieht, hätte ein Kurs die Chance auf eine Wende. Wenn aber die Mehrheit bärisch bleibt, können Sie so überzeugt sein, wie Sie wollen, dass Sie da einen Kandidaten mit großem Aufwärtspotenzial vor sich haben, Sie würden dennoch von den fortgesetzten Verkäufen anderer überrollt. Beispiele gibt es genug:
Ob nun die vorstehende Aktie von Wacker Chemie oder die nachfolgende des Wafer-Herstellers Siltronic: Sehen Sie sich diese Charts einmal genau an und versuchen Sie eine „objektive“ Retrospektive: Wie oft hätte man bei beiden Kursverläufen denken können, dass diese Aktien jetzt doch wirklich weit genug gefallen sind! Aber Sie sehen es anhand dieser Beispiele: Einfach auf Basis prozentual immens wirkender Kursverluste einzusteigen hieße, in ein fallendes Messer zu greifen. Und zu lernen, dass diese alte Börsenregel eben doch zutrifft:
„Was billig scheint, kann leicht noch viel billiger werden!“
Der Blick in die Bilanzen – eine taugliche Orientierung?
Aber wie kann man abschätzen, dass der „Bottom“, der Boden, erreicht ist und es sich damit lohnt, zuzugreifen? Hilft es, einen Blick in die Bücher des jeweiligen Unternehmens zu werfen oder, bei einem Index, auf dessen Bewertung? Sagen wir es mal so:
Schaden kann es zwar nicht. Ebenso, wie es ohnehin nicht schaden würde, sich da ein wenig Sachverstand zuzulegen. Aber es wird Sie nicht weiterbringen, wenn es darum geht, den richtigen Moment zum Einstieg zu finden, denn bedenken Sie:
Auch andere vermögen die Bilanzen zu lesen. Wenn eine Aktie also günstig bewertet, womöglich sogar unterbewertet ist und trotzdem weiter fällt, steigen andere also nicht ein, obwohl sie erkennen, dass dieses Papier eigentlich schon „billig“ wäre. Das kommt nicht nur manchmal vor, es kommt oft vor. Warum?
Weil das Sentiment, die Marktstimmung, da eine entscheidende Rolle spielt. Solide steigende Gewinne und Umsätze und im Gegenzug eine weit gefallene Aktie, ja, das sollte aufmerksam machen, die Beobachtungsphase einläuten. Aber wenn die Masse der Investoren fürchtet, dass sich die Lage jetzt zwar noch gut darstellt, bald aber deutlich verschlechtern wird, helfen auch gute Zahlen nicht. Aber wenn die Fundamentaldaten beim Bottom Fishing nur eingeschränkt tauglich sind, was ist dann entscheidend?
Suchen Sie nach vollendeten Böden – letztlich entscheidet immer der Chart!
Der Kurs selbst – wie eigentlich ja immer. Erst dann, wenn eine Aktie wirklich einen „Bottom“, einen „Boden“ ausgebildet und vollendet hat, schlägt man zu.
Die emotionale Falle, die stark gefallene Kurse auslösen, ist, dass man als Anleger zu leicht glaubt, dass da jetzt ganz bestimmt ein Boden kommt und man die Aktie kauft, bevor der Boden überhaupt greifbar ist, rein aus dem Bauch heraus. Da würde man dann auch bei unseren beiden vorstehenden Beispielen Wacker Chemie und Siltronic zugreifen. Oder besser, wenn man ehrlich ist, längst irgendwo auf höherem Niveau zugegriffen haben und jetzt in der Verlustzone festsitzen.
Nein, man muss schon die Geduld und die Disziplin mitbringen abzuwarten, bis das, worauf man wartet, auch da ist: ein Boden. Der sich in zahlreicher Form darstellen kann, als Doppeltief, als „Rounding Bottom“, als umgekehrte Schulter-Kopf-Schulter-Formation oder als V-Formation – die Charttechnik hat da allerhand Varianten zu bieten. Hier zwei Beispiele für richtig umgesetztes Bottom Fishing:
Die Aktie von Dialog Semiconductor hatte alle Voraussetzungen für das Bottom Fishing zu bieten. Sie war, wie der vorstehende Chart zeigt, immens weit und lange gefallen. Und das, obwohl Umsatz und Gewinn des Unternehmens stiegen. Grund war die Befürchtung, Großkunde Apple könnte abspringen. Doch das bewahrheitete sich nie. Irgendwann endete der permanente, auf reinen Befürchtungen basierende Verkaufsdruck und ging in wieder steigende Kurse über. Aber erst, als die Aktie eine tadellose, umgekehrte Schulter-Kopf-Schulter-Formation vollendet hatte, war der Boden wirklich vollendet und dieser Fisch für den Geduldigen Investor an der Angel!
Die Apple-Aktie ist ein anderes, tadelloses Beispiel dafür, dass es zum einen übel ausgehen kann, wenn man nicht geduldig auf den richtigen Moment wartet und wie man zum anderen reich belohnt wird, wenn man diese Geduld aufbringt. Sehen Sie sich diesen folgenden Chart der Aktie an, der die Zeit der Jahre 2012 bis 2014 auf Wochenbasis zeigt:
Apple war auch damals schon ein Überflieger. Von Ende 2011 bis Oktober 2012 hatte sich der Kurs, nicht zum ersten Mal, verdoppelt. Doch bei 100 US-Dollar (damals war das noch ein anderer Kurs, da die Aktie später gesplittet wurde) war plötzlich Schluss, eine Korrektur begann. Da die Aktie gerade im Frühjahr 2012 eine Korrektur hinter sich gebracht hatte, die auf neue Hochs führte, hat man versucht, schon 15, 20 US-Dollar unter dem Hoch wieder einzusteigen, was sollte da schon passieren, die Aktie wäre da ja – subjektiv! – schon wieder billig gewesen. Aber da hätte man sich böse vertan.
Es ging bis 55 US-Dollar abwärts, erst dort begann sich ein Boden zu bilden. Der geduldige „Boden-Fischer“ hätte gewartet, bis dieser Boden mit Kursen über 68 US-Dollar vollendet wäre. Er hätte damit zwar deutlich über dem Tief gekauft. Aber niemand hätte damals wissen können, dass es nicht mehr unter 55 US-Dollar geht. Und zum einen hätte man ohne die nötige Geduld wohl schon um 75 oder 80 US-Dollar gekauft. Zum anderen wurde die Geduld, wie die darauffolgenden Monate zeigen, reichlich belohnt!
Drei Dinge braucht der geschickte „Bottom Fisher“:
Denken Sie aber daran: Es würde sich empfehlen, wenn man nicht nur kurze Trades vollziehen, sondern wirklich an mittel- oder langfristigen Tiefs längerfristig investieren möchte, nur Böden bei solchen Aktien als Einstiegssignal zu werten, die auch beim vorstehend erwähnten Blick in die Unternehmenszahlen ein Kopfnicken auslösen. Um wirklich gute Kaufkandidaten zu haben, braucht es idealerweise drei Dinge:
- Einen im Vorfeld deutlich gefallenen Kurs
- Eine entsprechend den Unternehmenskennzahlen günstige Bewertung bei zugleich solidem Umsatz- und Gewinnwachstum
- Eine vollendete Bodenbildung
Und, natürlich, die Geduld, auf solche Kombinationen in aller Ruhe zu warten und nicht vorzugreifen. Sicher, solche Gelegenheiten tauchen nicht jede Woche auf. Aber wenn es darum geht, mittel- und langfristig zu investieren, gibt es keinen Grund, beim Einstieg auf Biegen und Brechen loszulegen.
Gute Gelegenheiten kommen zwar nicht wie an der Perlenschnur aufgereiht. Aber sie kommen immer wieder. Und man müsste sich ohrfeigen, wenn das Depot dann voll mit „halbgaren“, im Verlust gelandeten Chancen wäre und es an freiem Kapital fehlen würde, um die wirklich guten Gelegenheiten mitzunehmen!
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