Es ist zum Auswachsen: Da kommt man morgens an seinen Kursmonitor und stellt fest, dass ein Index, ein Währungspaar, ein Rohstoff oder eine einzelne Aktie mit einer gewaltigen Kurslücke nach oben oder unten eröffnet hat. Diese Kurslücken nennt man „Gaps“. Und sie ärgern die Trader immer und immer wieder. Aber wer da meint, die Chance auf einen guten Trade sei vertan, irrt. Wir zeigen Ihnen in diesem Artikel, dass es sehr oft noch eine gute Gelegenheit gibt, aus solchen Gaps doch noch gute Gewinne zu ziehen.
Machtlos gegen das Unerwartete?
Oft ist es eben so, dass extrem kursbewegende Ereignisse außerhalb der Handelszeiten oder sogar am Wochenende auftauchen und dann durch eine Massierung von Orders der Trader, die alle sofort zum Handelsstart darauf reagieren wollen, große Kurslücken zur Eröffnung entstehen. Meist wird diese Situation durch Stop Loss-Orders, die dadurch ausgelöst werden, noch intensiviert. Da hat man dann keine Chance, diese Sprünge umzusetzen, denn dazu hätte man bereits vorher investiert sein müssen … und das, natürlich, auf der richtigen Seite.
Doch wir sprechen hier von völlig offenen Situationen wie z.B. von politischen Entscheidungen, die außerhalb der Handelszeit stattfinden und solche Sprünge auslösen. Oder von erwarteten Ereignissen, die aber im Vorfeld nicht einzuschätzen sind wie Quartalsbilanzen von US-Aktien, die nach dem US-Handelsende auf den Tisch kommen und dann am Folgetag im regulären Handel solche Gaps entstehen lassen. Eine Möglichkeit gäbe es zwar, da im Fall eines Gaps sofort mit dabei zu sein, aber die hat einen Haken:
Gap-Trading-Strategien
Straddle: Eine Taktik mit Haken
Man errichtet im Vorfeld eines erwarteten Kurssprungs einen sogenannten „Straddle“. Das ist eine Strategie aus dem Optionshandel (mehr dazu im Artikel über Optionsstrategien: Straddle), den Sie aber auch mit anderen Derivaten umsetzen können: Man geht Long und Short zugleich und platziert dabei relativ enge Stoppkurse. Das heißt, man wäre, wenn die Erwartung einer großen Kurslücke durch Quartalsbilanzen, Wahlen oder andere politische Entscheidungen außerhalb der Handelszeit besteht, auf jeden Fall schon mit dabei. Die Sache hat aber einen großen Haken:
Sie würden nur dann wirklich Gewinn erzielen, wenn es nach dem Eröffnungskurs sehr schnell in eine Richtung weitergeht, denn: Sie machen zwar mit der Position auf der richtigen Seite einen kräftigen Gewinn, aber zugleich wird der Stop Loss, mit dem die „falsche“ Position ausgestoppt wird, ja auch erst auf dem Niveau dieses Eröffnungskurses greifen und nicht dort, wo sie ihn platziert haben. Ein Straddle wäre im Fall einer Kurslücke nur dann tauglich, wenn die Kurse danach so schnell weiterlaufen, dass Sie mit regulären Orders gar nicht zu dieser Eröffnung in den Markt hineingekommen wären, sondern teurer hätten einsteigen müssen. Dann und nur dann würde ein Straddle etwas bringen, sonst würden Sie nicht besser gestellt sein, als wären Sie sofort nach der Gap-Eröffnung neu in Ausbruchsrichtung eingestiegen, so wie das beispielsweise bei Apple der Fall war, als die Aktie am 2. Mai 2018 auf die Quartalsbilanz des ersten Kalenderquartals reagierte.
Und würde der Kurs sofort nach dem Gap zurückfallen oder, bei einem Abwärts-Gap, ansteigen, wären Sie da sogar besonders schlecht gefahren. Eine riskante Sache also, so ein Straddle, wenn man ihn auf ein vermutetes Gap ansetzt. Aber wie sonst ließe sich hier etwas verdienen?
Gap-Close: Die zweite Chance
Da kommen wir zum Phänomen des „Gap-Close“. Eine Trader-Regel besagt, dass eine Kurslücke wieder geschlossen werden muss. Erst dann wäre der Ausbruch bestätigt, erst dann kann sich der durch das Gap entstandene, neue Trendimpuls fortsetzen.
Logisch ist das beileibe nicht. Warum muss ein Kurs wieder zurückkommen, auf einen Level, der übersprungen wurde, weil ein besonderes Ereignis das ausgelöst hat? Würde man nicht sogar konstatieren müssen, dass eben dieses Ereignis seine Relevanz verliert, wenn die Kurse wieder zum vorherigen Ausganspunkt zurückkehren? In der Tat, das wäre eine nachvollziehbare Sicht der Dinge. Aber auf der anderen Seite stimmt es schon, dass ein Gap-Close eine Bestätigung darstellt, denn:
Mit dieser Kurslücke ist der Level, den die Aktie, der Index oder wo auch immer dieses Gap auftaucht, vorher hatte, zu einer Unterstützung geworden. Wenn der Kurs nach dem Gap dorthin zurücksetzt und wieder anzieht, ist diese Unterstützung und damit auch der Ausbruch als tragfähig bestätigt. Das würde also durchaus passen.
Man sollte sich nicht darauf versteifen, stur auf einen solchen Gap-Close zu warten, aber wenn er auftritt, ist das in der Tat eine interessante Trading-Chance. Sehen wir uns dazu zwei Beispiele an:
Im folgenden Chart sehen wir ein Aufwärts-Gap als Reaktion auf die Quartalsbilanz bei American Express. Tatsächlich kam die Aktie danach wieder zurück und schloss die Kurslücke fast auf den Cent genau. Dass bei diesem Gap-Closing die 20-Tage-Linie (blaue Linie im Chart) mit einem schönen Umbrella-Doji verteidigt wurde, machte diesen Gap-Close zusätzlich glaubhaft. Da wäre man mit einem Stop Loss knapp unter dem Gap eingestiegen und hätte diesen Stoppkurs, als die Aktie wieder aus der Gap-Zone nach oben hinauslief, entweder knapp unter die obere Begrenzung des Gaps oder unter die 20-Tage-Linie nachgezogen.
Ein Gap-Close ist übrigens zeitlich nicht beschränkt. Das kann schnell gehen, es kann sich aber auch hinziehen, wie hier im folgenden Chart beim Schließen eines Abwärts-Gaps bei der Drägerwerk-Aktie. Das Prinzip, damit umzugehen, ist dasselbe wie bei einem Aufwärts-Gap: Ist das Gap geschlossen und der Kurs dreht wieder ab, geht man hier Short, legt den Stop Loss knapp über das Gap und zieht ihn nach, sobald die Charttechnik dazu die Möglichkeit bietet.
Gap-Following? Machbar, aber nur mit engem Stopp!
Aber wie soll man sich verhalten, wenn die Kurse nach einem Aufwärts-Gap einfach weiter steigen oder im Fall eines Abwärts-Gap fallen? Wenn also ein Gap-Close nicht auftritt? Dann steht man da und hat die Chance verpasst?
Da sollten Sie sich die Sache erst einmal genau ansehen. Wenn Sie den Eindruck gewinnen, dass das dieses Gap auslösende Ereignis nachhaltig wirken wird, die Situation so stark verändert hat, dass man mit einem Schließen der Kurslücke nicht unbedingt rechnen kann, dann könnten Sie durchaus versuchen darauf zu setzen, dass die Kurse weiter in diese Ausbruchsrichtung laufen. Das kommt ja durchaus öfter vor, hier z.B. nach der Kurslücke der Evotec-Aktie als Reaktion auf eine neue, große Kooperation mit Celgene im Mai 2018.
Ein gutes Beispiel, bei dem es sinnvoll war, einem Abwärts-Gap zu folgen, finden wir bei der Kurslücke, die bei der im Dow Jones notierten 3M-Aktie im April entstand. Auch diese Kurslücke wurde nicht geschlossen, zugleich sehen wir, dass deren untere Begrenzung jetzt als effektiver Widerstand dient.
Wichtig ist daher, dass Sie mit engen Stoppkursen agieren, die knapp innerhalb der Kurslücke angesiedelt sind. Was aber auch hieße: Wird der Stop Loss ausgelöst, hätte man zwar nur wenig verloren, aber eben auch nichts verdient. Deshalb ist es wichtig, hier zügig einen Teil auflaufender Gewinne mitzunehmen, wenn sich die Bewegung nach einem Gap fortsetzt und danach zuzusehen, dass man den Stopp umgehend von der Gap-Zone löst und nachzieht, sobald der Kurs dafür neue charttechnische Ankerpunkte bietet!
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